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Analysis II

Herbert Amann, Joachim Escher

 

Verlag Birkhäuser Basel, 2006

ISBN 9783764374020 , 428 Seiten

2. Auflage

Format PDF

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

Kapitel VI Integralrechnung in einer Variablen (S. 1-2)

Das Konzept des Integrals ist eng mit dem Problem der Bestimmung von Flächeninhalten ebener Figuren verknüpft. Hierbei ist es naheliegend, komplizierte geometrische Gebilde durch einfachere zu approximieren, deren Flächenbestimmung mittels unmittelbar einsichtiger Regeln leicht durchgef¨uhrt werden kann. In der Praxis bedeutet dies, daß krummlinige Bereiche durch Vereinigungen von Rechtecksachen angenähert werden. Der Inhalt eines Rechtecks ist gleich dem Produkt der Seitenlängen. Da es anschaulich evident ist, daß sich der Inhalt von Vereinigungen von disjunkten Rechtecksflächen additiv verhält, kann man leicht einen plausiblen Kalkül zur näherungsweisen Flächenberechnung ebener Figuren entwickeln. Eine mathematisch befriedigende Präzisierung dieser anschaulichen Betrachtungen ist erstaunlich subtil.

Dies rührt insbesondere daher, daß es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, mittels derer eine krummlinige ebene Figur durch Vereinigungen von disjunkten Rechtecksflächen approximiert werden kann. Dabei ist es keinesfalls selbstverständlich, daß sie alle zum selben Resultat führen. Aus diesem Grunde werden wir die allgemeine Theorie des Messens von Flächen- und Rauminhalten, die "Maßtheorie", erst im dritten Band behandeln. In diesem Kapitel beschränken wir uns auf den einfacheren Fall der Bestimmung der Fläche zwischen dem Graphen einer genügend regulären Funktion einer Variablen und der entsprechenden Abszisse.

Wenn wir hier die Approximation durch achsenparallele Rechtecksflächen zugrunde legen, sehen wir, daß dies darauf hinausläuft, die betrachtete Funktion durch Treppenfunktionen, d.h. Abbildungen, die stückweise konstant sind, anzunähern. Es zeigt sich nun, daß diese Approximationsidee äußerst flexibel und von ihrer ursprünglichen geometrischen Motivation unabhängig ist. Auf diese Weise werden wir zu einem Integralbegriff geführt, der auf eine große Klasse vektorwertiger Funktionen einer reellen Variablen anwendbar ist. Zur genauen Bestimmung der Klasse der Funktionen, denen wir ein Integral zuordnen können, müssen wir untersuchen, welche Funktionen durch Treppenfunktionen approximiert werden können.

Wenn wir dabei die Supremumsnorm zugrunde legen, d.h. eine gegebene Funktion gleichm ßig auf dem gesamten Intervall durch Treppenfunktionen approximieren, werden wir zu den sprungstetigen Funktionen geführt. Dem Studium dieser Funktionenklasse ist der erste Paragraph gewidmet. Wir werden sehen, daß das Integral eine lineare Abbildung auf dem Vektorraum der Treppenfunktionen ist. Es stellt sich dann das Problem, diesen Integralbegriff so auf den Raum der sprungstetigen Funktionen zu erweitern, daß die elementaren Eigenschaften, insbesondere die Linearität, erhalten bleiben.

Diese Aufgabe erweist sich als ein Spezialfall der allgemeineren Fragestellung nach der eindeutigen Fortsetzbarkeit stetiger Abbildungen. Da das Fortsetzungsproblem von übergeordneter Bedeutung ist und überall in der Mathematik auftritt, diskutieren wir es eingehend in Paragraph 2. Aus dem fundamentalen Erweiterungssatz für gleichmäßig stetige Abbildungen leiten wir den Satz über die stetige Fortsetzung stetiger linearer Abbildungen ab. Dies gibt uns Gelegenheit, die wichtigen Begriffe des beschränkten linearen Operators und der Operatornorm einzuführen, welche in der modernen Analysis eine grundlegende Rolle spielen.