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Radwandern: Der Jakobsweg - Von Pamplona nach Santiago de Compostela

Christina Brugger, Alexandra Fritschi

 

Verlag Stöppel FreizeitMedien, 2005

ISBN 9783899879834 , 178 Seiten

5. Auflage

Format PDF, OL

Kopierschutz DRM

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13,20 EUR


 

Ursprung des Jakobsweges (S. 9)

Um die Entstehung des Jakobskultes ranken sich zwei widersprüchliche Versionen. Der ersten und wohl auch unglaublicheren liegt folgende Geschichte zugrunde: In Solibo, nahe der prähistorischen Siedlung Amaea, offenbarte im ersten Drittel des 9. Jahrhunderts eine Lichterscheinung dem Einsiedler Pelagius, daß der Leichnam des Apostels Jakobus hier ruhe. Er verständigte den Bischof Theodemir von Iria Flavia von dieser Erscheinung, welcher daraufhin unter Fasten und Beten die von Lichtzeichen überstrahlte Stätte freilegen ließ. Und tatsächlich entdeckte man ein mit Marmor verkleidetes Grab, das von Theodemir ohne Zögern als Fund des in Vergessenheit geratenen Apostelgrabes bestätigt wurde.

Doch wie kam der Apostel Jakobus überhaupt nach Spanien? Der Geschichte nach verließ er das Heilige Land, um den Westen des Abendlandes zu missionieren. Nachdem er mehrere Jahre in Spanien das Evangelium gepredigt hatte, kehrte er nach Judäa zurück und starb dort den standesgemäßen Märtyrertod. Treue Jünger überführten seinen Leichnam auf einer wundersamen Seereise nach Galicien, wo sich ein großer Stein wie Wachs um den Sarg gelegt haben soll.

Diese Legende war hinreichend, das Marmorgrab zu erklären. Nachdem König Alphons II. von diesem Fund erfahren hatte, ließ er an Ort und Stelle voller Ehrfurcht eine Kirche errichten. In den ersten Jahrzehnten wurde diese durch einige Wunderheilungen bekannt gewordene Stätte lediglich von Gläubigen der näheren Umgebung "bepilgert". Bald erreichte die Nachricht von diesem sagenhaften Grab jedoch auch Regionen nördlich der Pyrenäen.

Doch erst als die Mauren vertrieben und die Wege auf der Iberischen Halbinsel sicherer waren, entwickelte sich Compostela, neben Rom und Jerusalem, zu einem bedeutenden Wallfahrtsziel für Pilger aus aller Herren Länder. So entstand bald ein dichtes Netz von Jakobsadern durch das gesamte Europa, die sich alle hinter den Pyrenäen zu einem gemeinsamen Weg vereinten. Der enorme Zustrom an Heilsuchenden - bis zu 500.000 Menschen pro Jahr - erklärt sich durch die tiefe Frömmigkeit des Mittelalters.

Die spirituell-infrastrukturellen Folgeerscheinungen waren der Bau von Straßen und Brücken, die Grundsteinlegung neuer Klöster, Hospize und Kirchen sowie der unübersehbare architektonische Einfluß wandernder Baumeister. Im Gegensatz zu den Pilgern unserer Tage mußten Glaubensreisende in jener Zeit nicht nur körperliche Strapazen auf sich nehmen, sondern waren auch mit Gefahren für Leib und Leben konfrontiert. In den menschenleeren Weiten und Bergwäldern, in denen die Orientierung ohnehin schwer genug war, lauerten zudem Raubmörder und Wegelagerer.

So ist es nicht verwunderlich, daß eine große Zahl von Pilgerfriedhöfen den Weg säumen. Es konnte jedoch auch vorkommen, daß ein verschollen Geglaubter und für tot Erklärter nach Jahren wieder in seiner Heimat auftauchte. Umgehend mußte dann im Gemeindestammbuch der alte Eintrag durch ein glorreiches "Auferstanden!" ersetzt werden.

Im Laufe des 15. Jahrhunderts begaben sich jedoch mit einem Mal auch Menschen auf diese Reise, deren Motivation gerade noch ansatzweise religiös war: von den Ausschweifungen des dekadenten Le- bens an den europäischen Höfen gelangweilte Ritter und Adelsmänner und abenteuerlustige Draufgänger, die nirgendwo mehr etwas zu verlieren hatten. Zu ihnen gesellte sich in späteren Jahren eine ganz neue Spezies "Pilger". Jene nämlich, die als Sühne für begangene Straftaten, wie Mord und Brandstiftung, nach Santiago geschickt wurden. Diese wenig gottesfürchtige Meute ruinierte den Ruf der Wallfahrer, und der Niedergang der Pilgerbewegung war abzusehen.