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Muße - Vom Glück des Nichtstuns

Ulrich Schnabel

 

Verlag Blessing, 2010

ISBN 9783641052027 , 288 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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11,99 EUR


 

"III DER WERT DES NICHTSTUNS (S. 84-85)

Was haben Cicero, Montaigne, Mark Twain, Winston Churchill, Albert Einstein und John Lennon gemein? Antwort: Sie waren allesamt große Freunde der (Bett-)Ruhe und liebten ihren Schlaf. Bei dem französischen Essayisten Michel de Montaigne ging diese Liebe sogar so weit, dass er seinen Diener anwies, ihn mitten in der Nacht zu wecken, damit er das Gefühl der Schläfrigkeit und das Vergnügen, wieder einzuschlafen, noch einmal genießen konnte. Denn das einzig Bedauerliche am Schlaf, so argumentierte Montaigne, sei der Umstand, dass man sich dessen Freuden, während man schlafe, leider nicht bewusst sei.

Inzwischen wagt es kaum noch jemand, den Schlaf derart zu verherrlichen. Im Gegenteil: Heute heißt es, früh und munter aus dem Bett zu springen und freudig sein Tagwerk in Angriff zu nehmen. Damit wir dem Übel des Schlafes nicht zu sehr frönen (oder zumindest ein schlechtes Gewissen haben, falls wir es doch einmal tun), hämmert man uns von Kindesbeinen an ruhestörende Merksätze in den Kopf wie »Morgenstund hat Gold im Mund« oder, in grauslicher angelsächsischer Eindeutschung:

»Früher Vogel fängt den Wurm«. Benjamin Franklin hat auf ganzer Linie gesiegt, jener amerikanische Staatsmann und Erfinder des Blitzableiters, der schon im 18. Jahrhundert das Frühaufstehen pries und in einem Tugendweiser sich und seine Zeitgenossen pausenlos antrieb: »Verliere keine Zeit, sei immer mit etwas Nützlichem beschäftigt; entsage aller unnützen Tätigkeit.« Der Forscher, der seinen Tagesablauf mit wissenschaftlicher Gründlichkeit organisierte, unterwarf nicht nur die Naturgesetze, sondern auch sein Leben einem strengen Kalkül, er legte sich in einem Tagebuch über jede Stunde seines Tages Rechenschaft ab und prägte schließlich in seinem Advice to a Young Tradesman 1748 jenen schicksalhaften Satz, der zur stahlharten Doktrin der industriellen Moderne werden sollte: »Zeit ist Geld«.1

Heute, ein Vierteljahrtausend später, sind wir alle kleine Franklins geworden. Die Ansichten des zwanghaften amerikanischen Fleißapostels haben sich gegen die genießerische Entspanntheit eines Michel de Montaigne auf ganzer Linie durchgesetzt. Statt den Schlaf zu lieben und zu zelebrieren, klagen insgesamt rund 70 Prozent aller Deutschen über »gelegentliche«, »häufige« oder »ständige« Schlafprobleme. Sie liegen nachts wach, wälzen sich im Bett und fühlen sich morgens unausgeschlafen und schlecht erholt.2 Fast genau so viele, nämlich 72 Prozent, antworten auf die Frage nach dem Motiv für ihre tägliche Arbeit ganz im Sinne Franklins: »Um Geld zu verdienen.« Dass man mit Arbeit auch"