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Unternehmenskultur

Bertelsmann Stiftung

 

Verlag Verlag Bertelsmann Stiftung, 2014

ISBN 9783867935739 , 262 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

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Unternehmenskultur als Bedingung für
unternehmerischen Erfolg


Auszug aus:

Reinhard Mohn

Vorträge und Schriften III

1996–2006

Gütersloh 2009

ISBN 978-3-86793-062-8 (Print)

ISBN 978-3-86793-288-2 (PDF)

ISBN 978-3-86793-289-9 (EPUB)

© Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

 

Unternehmenskultur als
Bedingung für
unternehmerischen Erfolg1


Vorbemerkung

Im Rahmen unserer Recherchen zu einer Titelgeschichte zum Thema Unternehmenskultur haben wir im Frühjahr 1996 ein ausführliches Gespräch mit Reinhard Mohn, Vorsitzender des Vorstandes der Bertelsmann Stiftung und langjähriger Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG, geführt. Die im Wirtschaftsmagazin »impulse« abgedruckte Gesprächsversion konzentrierte sich auf die für mittelständische Unternehmen bedeutsamen Elemente. Darüber hinaus sind während des Gespräches viele Gedanken, die den gegenwärtigen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Diskurs bereichern können, formuliert worden. In der hier vorgelegten Langfassung finden sie sich in ihrer Komplexität wieder.

Köln/Güterloh, im August 1996

Wolfram BaentschDr. Franz Josef Strittmatter

Unternehmenskultur als vorwärts gerichtete Strategie

impulse: Es erscheint wichtig, das Thema »Unternehmenskultur« gewissermaßen aus dem Feuilleton wieder in die Praxis der Wirtschaft zurückzuholen. Es ist bislang oft ein Thema der großen Worte gewesen, und nur wenige haben auch entsprechende Taten folgen lassen. Wo kann also Unternehmenskultur praktischen Nutzen stiften?

Mohn: Augenblicklich herrscht angesichts der Misere in unserem Lande ein gewisses Gefühl der Ratlosigkeit vor. Es gibt vermehrt Vorschläge zu Bündnissen für Arbeit und andere Initiativen. Da geschieht viel Unsinniges. Etliche Stellen und Einrichtungen bemühen sich um den Arbeitsmarkt – u.a. auch die Bertelsmann Stiftung. Man hört mehr oder weniger unterschiedliche Rezepte. Ich vermisse in der ganzen Diskussion die vorwärts gerichteten Argumente und Strategien. Die übliche Rücksichtnahme in den Diskussionen im Zusammenhang mit sozialem Netz oder der Umverteilung nicht nur von Geld, sondern auch von Arbeit, sind eigentlich Begriffe der Vergangenheit. Ich kann die Argumente hüben wie drüben verstehen und lehne auch nicht alle Vorschläge grundsätzlich ab. Aber ob diese eher defensiven Überlegungen geeignet sind, uns aus der Misere herauszubringen, erscheint zumindest fraglich – insbesondere dann, wenn die Politik aus bekannten Gründen nicht bereit ist zu handeln.

In ein Arsenal der vorwärts gerichteten Strategien gehört die Gestaltung der Unternehmenskultur. Wenn wir uns gelegentlich – ja auch mit Recht – anhören müssen, daß in der Führung der Wirtschaft nicht alles besonders gut geordnet ist, sollten wir das nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen. Darin liegt doch die eigentliche Ursache, so daß man umgekehrt sagen könnte: Wäre die Führung besser, dann würde vielleicht auch die Beschäftigungslage rundum besser sein. Diese Auffassung vertrete ich ganz dezidiert. Ich glaube, der wichtigste Erfolgsfaktor in jedweder Aktivität – auch im Bereich der Politik und der Verwaltung – ist immer die Führung in Verbindung von »Personal und Führungstechnik«. Was wir heute besprechen, ist so ein neues Konzept, und es ist natürlich auch von der Person abhängig. Dieses Thema ist in der Tat nicht ganz einfach.

Selbstverständnis der Menschen als Leitbild

Man kann diesen komplexen Sachverhalt nicht auf einen einzigen Punkt bringen. Aber ganz allgemein: Ordnungssysteme müssen effizient sein und dem Menschenbild der Zeit entsprechen! Das ist mein Anspruch an alle Systeme. Eine Theorie wie der Marxismus hat sich auf dem Papier als schönes Leitbild erwiesen; aber eben nicht funktioniert! Zum anderen: Systeme müssen fortschreibungsfähig sein. Wer meint, es geht immer so weiter, weil sich irgendetwas einmal in tausend Jahren bewährt hat, der hat schon verloren. Die Richtschnur für die Systementwicklung ist das Selbstverständnis der Menschen. Man muß den Mut haben, dies bei der Systementwicklung zu berücksichtigen.

impulse: Kann ein Unternehmer, der Erfolg haben will, vom Vorzeigeunternehmen Bertelsmann lernen?

Mohn: Viele Wege führen nach Rom, und der Unternehmenserfolg ist von ganz unterschiedlichen Faktoren abhängig. Im Zusammenhang mit der Unternehmenskultur gibt es einige sehr gute Unternehmensbeispiele. Gerade im Mittelstand findet man jene echten Unternehmer, die allerdings oftmals noch hierarchisch führen – aber trotzdem gut sind. Das ist beim Mittelständler möglich. In den großen Firmen wird das immer weniger durchsetzbar. Insofern ist also Ihre Frage dahingehend zu beantworten: In der Tat ist das, was hier im Hause Bertelsmann geschehen ist, es wert, daß man darüber nachdenkt und vielleicht auch kopiert. Es handelt sich hierbei allerdings um ein System von Bausteinen, das unabhängig von gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Entwicklungen zu sehen ist. Im Gegenteil – die Unternehmenskultur ist eine Antwort auf die Veränderung dieser Prämissen und ist sozusagen eine Fortschreibung. Dabei spielt die Führung in der Wirtschaft eine ganz große Rolle. Ich würde also sagen, das Führungsverhalten muß zuallererst analysiert werden.

Das kann natürlich auch am Beispiel des Hauses Bertelsmann geschehen. Ich habe Führungstechniken am eindrucksvollsten in den USA kennengelernt. Allerdings können wir hier auch einiges lernen, denn dort hatten beispielsweise die Verantwortlichen – teilweise mehr im Sinne früherer hierarchischer Führungsvorstellungen – die Gewerkschaften ganz und gar aus den Unternehmen herausgedrängt und streng und autoritär geführt. Jetzt sagen Stimmen: »Mit wem sollen wir sprechen, damit wir wieder in den Dialog eintreten können?«

Führungsverhältnisse werden schwieriger und komplexer

impulse: Herr Mohn, in den Augen vieler Praktiker im Mittelstand ist Unternehmenskultur allenfalls ein Thema für die großen Konzerne, die keine anderen Sorgen haben.

Mohn: Oh ja, ich kenne diese Mißverständnisse. Richtig daran ist nur, daß ein großes Unternehmen bald nicht mehr groß ist, wenn es mit seiner Unternehmenskultur die Änderungen der gesellschaftlichen Prämissen nicht beachtet. Zu diesen Änderungen gehört eine grundlegende Feststellung: Wir haben heute sehr viel schwierigere Führungsverhältnisse. Führung ist ganz, ganz schwer geworden, denn hierarchische Führung geht überhaupt nicht mehr – weder in der Wirtschaft, noch in Politik und Verwaltung.

Denken Sie einmal über solche überraschenden Wirkungen nach, wie man sie vor ungefähr einem Jahrzehnt bei vielen großen Unternehmen feststellen konnte. Unternehmen, die einen hohen Weltmarktanteil hatten, kamen plötzlich in Schieflage. So etwas kann passieren, wenn man in unserer Zeit versucht, hierarchisch zu führen. Ein Staatskapitalismus – unsere großen Staatsbetriebe Bahn, Post usw. sind ja Gott sei Dank zunehmend auch privatisiert worden – funktioniert überhaupt nicht mehr. Dann stellt sich natürlich aufgrund der Änderung der Prämissen die Frage, was an die Stelle von Hierarchien treten kann.

Anspruch an Selbstverwirklichung und Identifikation

impulse: Und was muß an die Stelle des alten Prinzips von Befehl und Gehorsam treten?

Mohn: Wir müssen natürlich von den veränderten gesellschaftlichen Prämissen ausgehen. Es gibt keine Untertanen mehr, sondern demokratische Bürger, die an das Leben den Anspruch der Selbstverwirklichung stellen. Mitarbeiter müssen überzeugt sein von dem, was sie tun. Was wir heute brauchen, um Leistung zu erbringen, ist Identifikation. Können sich alle Beteiligten im Unternehmen mit ihrem Unternehmen, mit der Zielsetzung, mit der Firmenphilosophie und mit den Aufgaben identifizieren? Wenn nicht, muß die Unternehmenskultur geändert werden. Dazu gehört das Verständnis von Führung: Wenn hierarchisch nicht mehr geführt werden kann, kommt man schnell auf das Prinzip der Delegation von Verantwortung.

Delegation und Kreativität und
Selbstverwirklichung und Leistung

impulse: Das scheint leichter gesagt als getan. In der Praxis stößt das offenbar...