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Ein Antrag zum Verlieben - Roman

Shari Low

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2015

ISBN 9783838759371 , 347 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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7,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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3. Kapitel

Der Wecker sprang an und trötete Oh Happy Day. Mit geschlossenen Augen tastete Tash auf dem Fußboden nach einem ihrer achtlos ausgezogenen Jimmy-Choo-Pumps und hämmerte damit auf die Tasten des Weckers, bis endlich wieder Ruhe herrschte.

Oh. Happy. Verfluchter. Mist. Tag. Halt die Klappe und melde dich frühestens heute Mittag wieder.

Das Sonnenlicht schien durch die transparenten Vorhänge, und selbst die allervorsichtigsten Versuche, die Augen zu öffnen, fühlten sich an, als ob tödliche Laserstrahlen direkt auf ihr Gehirn trafen. Wichtige Notiz an sie selbst: endlich lichtundurchlässige Jalousien besorgen. Sie standen auf der Liste der benötigten Einrichtungsgegenstände, seit Tash das Apartment bezogen hatte. Nach immerhin drei Jahren sollte der eine oder andere Punkt eigentlich endlich abgehakt sein.

Mit lautem Stöhnen hievte sie sich in Sitzposition und schob sich das zerzauste rabenschwarze Haar aus dem Gesicht. Es war nicht ihr normaler Look. Mit ihrem stylishen Bob, dem kurzen Pony und dem knallroten Lippenstift sah sie eigentlich aus wie die Kreuzung aus einer perfekt gekämmten Uma Thurman in Kill Bill und Dita Von Teese. Nur ihr Nachtoutfit passte nicht so ganz ins Bild – eines von einem halben Dutzend American-Football-Shirts, die sie im vergangenen Jahr von ihrem Trip nach Miami mitgebracht hatte. Das aktuelle Modell war weiß und suggerierte, sie stünde auf die Miami Dolphins.

O Gott! Tashs Schläfen dröhnten. Sie brauchte dringend eine Schmerztablette. In der Abfolge ziemlich blöder Ideen hatte der letzte Mojito am Ende alles getoppt. Dabei hatte der Abend eigentlich durchaus zivilisiert begonnen. Ein paar Drinks im Glasgower Westend mit ihren Brüdern, den Zwillingen Jordan und John, Profisportlern, die für die Glasgow Gore spielten. Sportler! Das bedeutete eigentlich gesunde, disziplinierte Menschen, die ihre Körper sorgsam behandelten. Das taten sie auch. Zumindest wenn man unter sorgsamer Behandlung wöchentliche Trinkgelage verstand, die geradezu zwangsläufig mit volltrunkenen Männern endeten, die auf dem Tresen standen und unter lebhafter Beteiligung des gesamten Publikums irgendwelche Songs grölten, in denen auffallend häufig das Wort Penis vorkam.

Verdammt!

Im Laufe der Nacht hatten sie auf ihrem Weg von einer Bar zur nächsten die Ashton Lane mehrfach überquert, so viel wusste Tash noch. Und dann hatten sie im bebenden Jinty McGuinty’s Pub den Rest des Rugby-Teams getroffen. Von da an war es bergab gegangen.

Ohne den Kopf zu bewegen, griff Tash nach links, öffnete die Schublade ihres Nachttisches, löste zwei Paracetamol aus der Schachtel, die ihr sofort in die Hände fiel, tastete auf dem Boden nach einer Wasserflasche und verabreichte sich die selbst verordnete Schmerzlinderung. Acht Uhr. Noch eine Stunde, bis sie ins Büro musste. Genügend Zeit also, um aus dem Bett zu springen, die Trainingsklamotten überzuziehen, fünf Kilometer zu laufen, zu duschen, ein Müsli zu essen und danach zu Fuß die fünf Minuten von ihrer Wohnung im alten Postgebäude am George Square zu ihrem Büro in der Ingram Street zu gehen. Ebenso gut konnte sie einfach liegen bleiben, eine rauchen und sich irgendwas von dem Zeug im Fernsehen anschauen, das extra produziert wurde, um den IQ der gesamten Nation dauerhaft zu senken.

Das Rennen machten schließlich die Zigarette und die Wiederholung einer abgründigen Talkshow. Eine Frau aus Ipswich beschuldigte den Vater ihrer sechs Kinder, eine Romanze mit der Nachbarin gehabt zu haben. Vermutlich meinte sie mit Romanze‚ dass er die Nachbarin im Gartenhaus gevögelt hatte, während seine Ehefrau beim Bingo war.

Tash richtete sich ächzend auf, legte die Beine über Kreuz und stellte den Aschenbecher vor sich auf die Bettdecke. Autsch, ihre Oberschenkelinnenseiten taten immer noch höllisch weh. Der gute alte Hal aus den USA und ein Zuchthengst namens Butch hatten ganz schön Spuren hinterlassen.

Im Fernsehen brach gerade ein heftiger Streit aus, und das zweite schwere Dilemma des Tages stellte Tash vor die Entscheidung, einfach auszuschalten, ehe das Gezeter ihren Kopf zur Explosion brachte, oder gespannt abzuwarten, ob die betrogene Ehefrau der Nachbarin die Augen auskratzen und anschließend dem dürren Typ klarmachen würde, dass er sich für immer verpissen konnte.

Die betrogene Ehefrau schwächelte. Erst verwandelte sich das Gezeter in Gejammer, dann flehte sie ihn schließlich unter Rotz und Wasser an, zu ihr zurückzukommen.

Angewidert hämmerte Tash auf die Fernbedienung und ließ sich rücklings in die Kissen fallen. Sollte sie sich je wegen eines Typen dermaßen erniedrigen, würde sie Laney eine Knarre besorgen und sie bitten, sie zu erschießen.

Genau genommen würde sie das auch dann tun, wenn dieser Kater nicht endlich verschwand. In ihrem Alter sollte man es wirklich besser wissen. Immerhin wurde sie bald dreißig – wie kam sie also dazu, sich im Trinken mit vierundzwanzigjährigen Rugby-Spielern zu messen, die die Konstitution von Panzern besaßen?

Wie war sie eigentlich nach Hause gekommen?

Bei dem Gedanken stöhnte Tash auf. Verschwommene Erinnerungsfetzen. Betrunken. Taxi. Fritten. Oder war es ein Kebap gewesen? Himmel, noch sechs Kinder und ein Gartenhäuschen, dann konnte sie neben dieser Frau mit der Jogginghose in der Talkshow Platz nehmen.

Egal, niemand brauchte von ihrem selbst herbeigeführten Zustand zu erfahren. Laney würde ihr nur wieder einen Vortrag halten, wie ungesund übermäßiger Alkoholgenuss war, und Sarah würde sie detailliert zu jedem der anwesenden Männer ausfragen und wissen wollen, wer von ihnen als potenzieller Sexpartner infrage käme. Einmal, als Tash ihre Freundinnen zu einem der Rugby-Saufgelage ihrer Brüder mitgenommen hatte, hatte Laney den Trainer überredet, einen Heiratsantrag für Sarah zu organisieren, und Sarah hatte die ganze Nacht damit verbracht, mit einem Flügelstürmer namens … namens … namens … Ne, da war nix. Bloß ein schwarzes Loch.

Tash drückte die Zigarette aus und stellte den Aschenbecher zurück auf den Nachttisch. Ihre Kopfschmerzen besserten sich nun endlich, aus apokalyptischem wurde heftiges Gehämmer. Immerhin ein Fortschritt. Jetzt musste sie nur noch aufstehen, es irgendwie zur Dusche schaffen und sich danach mithilfe eines biologischen Wunders, übermenschlicher Willenskraft und teerschwarzen Kaffees bis neun Uhr in einen menschenähnlichen Zustand versetzen.

Ein Rauschen aus Richtung Bad …

Sie brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Ja, das war das Geräusch ihrer Toilettenspülung gewesen, und nein, sie selbst befand sich nicht im Bad.

Tash griff wieder nach dem Jimmy Choo. Wenn sie schon von einem Einbrecher in ihrer eigenen Wohnung umgebracht würde, wollte sie wenigstens im Kampf untergehen – bewaffnet mit einer Schuhikone mit Zwanzig-Zentimeter-Absatz.

Hektisch kramte sie nach ihrem Handy, tippte den Notruf ein und legte den Daumen auf die grüne Taste, bereit, notfalls sofort die Polizei zu rufen, die sie schützte vor … vor … nichts. Keine wühlenden Einbrecher. Kein Angriff auf ihre Person. Kein weiteres Geräusch. Vielleicht hatte sie sich das mit der Klospülung ja bloß eingebildet. Vielleicht hatte sie so viel Alkohol im Blut, dass sie halluzinierte. Oder vielleicht waren ihre Sinne durch ihren Vergiftungszustand so gereizt, dass die Geräusche, die sie gehört hatte, von Sy kamen, dem Angebertypen mit dem Porsche von nebenan. Sie war ihm erst gestern Morgen im Flur begegnet. Groß. Umwerfend. Wangenknochen wie bei den Kerlen von der Titelseite der GQ. Perfekt sitzender Anzug, dazu als Accessoires Seidenkrawatte, italienische Schuhe und ein Eins-achtzig-Model, das aussah wie Giselle Bündchen.

»Hi!«

»Fuck!«

»Äh … keine Sorge«, antwortete er.

Er füllte den gesamten Türrahmen aus und machte jeden Gedanken an eine Flucht unmöglich. Da passte es gut, dass er bei näherem Hinsehen bestenfalls das Bedrohungspotenzial einer Kreuzung aus Labrador und Pudel besaß. Aber seit wann besaßen Labradore und Pudel Jeans und Sixpacks?

Sein schwarzer lockiger Pony konnte weder seine müden Augen noch das lässige Grinsen verbergen. Zugegeben, unter den richtigen Umständen wäre er verdammt verlockend gewesen.

Das war … war … Nein, sie kam nicht auf seinen Namen. Himmel, funktionierte ihr Gedächtnis denn gar nicht mehr?

Immerhin war sie klar genug, um zu erkennen, dass Sarah, wenn sie jetzt hier wäre, vor Freude aus dem Hemd gesprungen wäre.

Wieder vernebelte Erinnerungsfetzen. Zu Hause angekommen. Schlüssel fällt hin. Irgendwer hebt ihn auf. Schließt die Tür für sie auf. Flüchtiger Kebap-Geruch. Sie hatte es gleich gewusst! Sie hatte Kebap gegessen!

»Ich hab dich gestern Abend nach Hause gebracht. Du hast mich noch mit reingenommen.« Er grinste immer noch. »Ich schließe nur kurz deine Lücken, damit’s ein bisschen schneller geht.«

»Oh.« Tash ließ den Schuh fallen. Irgendwie erschien er ihr überflüssig angesichts der Tatsache, dass er offenbar die ganze Nacht in ihrer Wohnung verbracht hatte, sie noch am Leben war, weitgehend unversehrt, und auch der Flatscreen noch an der Wand hing. »Und wir haben …?«

O nein. Sie hatten nicht. Oder doch?

...