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Kraft in der Krise (Fachratgeber Klett-Cotta) - Ressourcen gegen die Angst

Christa Diegelmann, Margarete Isermann

 

Verlag Klett-Cotta, 2014

ISBN 9783608200058 , 168 Seiten

Format PDF

Kopierschutz Wasserzeichen

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19,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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1. TEIL Was soll das? Mut zu neuen Erfahrungen KRAFT IN DER KRISE - Ressourcen gegen die Angst! Konflikte, Krisen und traumatische Situationen sind Erfahrungen, die wir alle im Laufe unseres Lebens machen. Jeder Mensch erwirbt in seinem Leben auch ein Grundwissen über den Umgang damit. Jede überstandene Krise, jeder gelöste Konflikt erweitert dieses Wissen und wird als neue Erfahrung im Gehirn verankert. Diese Erfahrungen führen wiederum zu veränderten Einstellungen und Haltungen, die dann neues Verhalten (Bewerten, Denken, Fühlen, körperliche Reaktionen und Handeln) leiten. Wenn Krisen, Konflikte oder Ängste erfolgreich überwunden werden, führt dies häufig sogar dazu, an den Herausforderungen zu reifen und zu wachsen. Viele Situationen erscheinen jedoch zunächst ausweglos, die verfügbaren Kräfte erscheinen nicht ausreichend für eine erfolgreiche Bewältigung. Das Verständnis neurobiologischer Zusammenhänge kann dabei helfen, neue Auswege aus Angst und Krise zu entdecken. Dieses Buch stellt konkrete Schritte zur Stärkung der eigenen Kompetenzen und zur Erweiterung des eigenen Handlungsspielraums im Angesicht von Angst, Krisen und unerwarteten Schicksalsschlägen zur Verfügung. Diese Anregungen werden aus aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Konzepten, speziell aus der Neurobiologie, der Psychologie und Psychotherapie, abgeleitet. Unsere Erfahrungen in der langjährigen psychotherapeutischen Arbeit mit traumatisierten Menschen und vor allem auch mit lebensbedrohlich erkrankten Menschen haben uns ermutigt, Wege aus der Angst zu entwickeln. Wir wollen Sie neugierig machen auf stärkende Erfahrungen und inspirierende Selbstachtsamkeit in Zeiten von Verunsicherung und Angst. Im Mittelpunkt stehen dabei die Stärkung und Erweiterung individueller Ressourcen (Kraftquellen) auch angesichts existenzieller Grenzerfahrungen. Ressourcen können aber auch prophylaktisch aktiviert werden, damit bisher noch nicht entfaltete oder vergrabene Potenziale spürbar werden. Inzwischen zeigen zahlreiche Studien, dass eine gezielte Aktivierung von Ressourcen positive Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit hat. Krisen, die mit dem Gefühl des ohnmächtigen Ausgeliefertseins einhergehen, aktivieren in der Regel »Ego-States« (Ich-Zustände), die mit Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit verbunden sind. Dadurch ist die Wahrnehmung eingeengt, und das Gehirn ist nicht zu kreativen Problemlösungen fähig, und individuelle Möglichkeiten können nicht voll ausgeschöpft werden. Wir wollen Mut machen, mittels konkreter Erfahrungen neue innere und äußere Wege aus diesem Ohnmachtsgefühl zu entdecken. Dazu werden systematisch verschiedene Bereiche von Kraftquellen vorgestellt, um so die psychische Widerstandskraft (Resilienz) gezielt zu stärken. Mit diesem Buch möchten wir auch für einen individuell und gesellschaftlich anderen Umgang mit Angst und Krise eintreten. Er führt weg von vielen in Medizin und Psychotherapie noch vorherrschenden Vorstellungen, die immer die Gefahr von Stigmatisierung bergen. Versteht man Angst auch als eine Verbündete, dann wird sie zum Helfer, der uns Hinweise darauf gibt, was wir brauchen oder vermissen. So eröffnen sich neue Entwicklungswege. In unserer gegenwärtigen Gesellschaft ist dieser Zugang für viele Menschen häufig verschüttet, zu oft herrscht das Bestreben vor, durchzuhalten und weiterzumachen. Wir wollen ermutigen, mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, auch in die eigenen Wege, Wahrnehmungen und Sichtweisen zu entwickeln und diese auch gegenüber gesellschaftlichen Vorurteilen und Normierungszwängen zu schützen. Das heißt nicht, naiv zu sein. Im Gegenteil: Es erfordert ein waches Gehirn, achtsam die inneren und äußeren Prozesse wahrzunehmen, zu verstehen und daraus Konsequenzen zu ziehen, statt einfach mit dem Strom zu schwimmen. Den konzeptionellen Rahmen unseres Vorgehens in der Praxis bildet dabei das aus der Traumatherapie entwickelte TRUST-Konzept, das im Kapitel 3 vorgestellt wird. TRUST bedeutet Vertrauen. Vertrauen überwindet die Angst. Darüber hinaus kann Vertrauen zu einem Lebensgefühl werden, das entscheidend dazu beiträgt, dass wir im Leben zur »wirklichen« Selbstverwirklichung finden. Das TRUST-Lebensgefühl kann gezielt entwickelt und gestärkt werden, z.B. - durch das Wissen um Mechanismen, die das Gehirn aus dem Angst-Modus wieder in Balance bringen können, um wieder handlungs-und entscheidungsfähig zu werden, - durch die Veränderung von Bewertungsprozessen und Einstellungen, - durch die Lenkung der Aufmerksamkeit auf konkrete neue Erfahrungen, - durch das Erkennen von Prinzipien, wie der Zugang zu eigenen Möglichkeiten wieder geöffnet werden kann, - durch das gezielte Entdecken und Stärken vorhandener Ressourcen im Alltag, - durch die bewusste Einbeziehung des Körpers, - durch einen achtsamen Umgang mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit allem, was uns umgibt. In diesem Buch bieten wir dazu konkrete Handlungsanregungen an, die wir anhand ausgewählter aktueller Ergebnisse aus der psychologischen und neurobiologischen Forschung begründen und teilweise mit Übungen und Erfahrungsbeispielen aus der psychotherapeutischen Praxis veranschaulichen. Eine wissenschaftliche Grundlage bilden dabei besonders auch aktuelle Erkenntnisse der Neurobiologie. Diese haben in den letzten Jahren zu teilweise dramatischen Veränderungen unseres Bildes von der menschlichen Psyche geführt. Dies betrifft speziell das Ausmaß der sogenannten »nutzungsabhängigen neuronalen Plastizität«. Das heißt, wir wissen heute, dass wir selbst und unsere soziale Umwelt in einem vorher nicht geahnten Ausmaß unser Gehirn bis ins hohe Alter »formen« durch das, was wir tun oder erleben oder auch lassen. Ebenso ist unser Erleben und Verhalten viel weniger von den Genen vorbestimmt, als wir noch vor wenigen Jahren dachten. Vielmehr üben innere und äußere Bedingungen einen starken Einfluss auf die Aktivierung der Gene aus. Besonders die Wechselwirkungen von körperlichen und psychischen Prozessen sind durch neuere Forschungen in einem früher nicht so gesehenen Ausmaß belegt. Diese bahnbrechenden Erkenntnisse gewinnen inzwischen zunehmenden Einfluss auf die Psychologie und Psychotherapie. Wir wollen Ihnen einige dieser vielfältigen Anknüpfungspunkte zeigen. Das Wissen um grundlegende neurobiologische Zusammenhänge sollte auch systematisch im Alltag angewandt werden. Geht man davon aus, dass Gedanken, Gefühle und Verhalten einen wesentlichen Einfluss auf das Lebensgefühl auch in Zeiten von Krisen, Krankheit, Hilfsbedürftigkeit haben, so ist es wichtig, einen Menschen mit seinem individuellen Gehirn überhaupt in die Lage zu versetzen, die eigenen »reifen« Erfahrungs-und Entscheidungsebenen nutzen zu können. Das Buch bietet dazu konkrete Wege an. Im Kapitel sechs haben wir unter dem Motto »TRUST - and go! Das KRISEN-ABC« diese spezifischen Wege ausführlich beschrieben. TRUST - and go! bedeutet dabei, dass es vor allem darauf ankommt, Erkenntnisse in Handeln zu wandeln. Jeder Buchstabe des KRISEN-ABC's steht dabei für ein bestimmtes Element. Sie können das Buch Kapitel für Kapitel lesen, aber auch spontan mit den Themen oder Übungen beginnen, die Sie interessieren. 2. TEIL Krise, Angst und Ressourcen nutzen AlS KRISE (von altgriechisch: krisis ) wird allgemein eine problematische, mit einem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation bezeichnet, als psychische Krise »ein durch ein überraschendes Ereignis oder akutes Geschehen hervorgerufener schmerzhafter seelischer Zustand oder Konflikt innerhalb einer Person oder zwischen mehreren Personen«. Kraft in der Krise? Kraft aus der Krise schöpfen? Krisen haben auch die Kraft, uns aus der Bahn zu werfen. Krisen sind Ausnahmezustände. Das Gewohnte greift nicht mehr. Wir brauchen etwas Neues, eine andere Lösungsstrategie. Die damit verbundene Angst engt aber die Wahrnehmung tendenziell ein, und daher sind wir automatisch eher »engstirnig« als »weitsichtig«, wir fallen zurück auf »Notfall-Reaktionen«. Es sei denn, wir trauen uns etwas zu. Damit wir aber in der Lage sind, uns etwas zuzutrauen, brauchen wir Herausforderungen und krisenhafte Situationen. Nur so können wir Kompetenzen zur Lösung zukünftiger Probleme erwerben. Zunächst aber erschüttert jede richtige Krise erst einmal das bisherige Welt-und Selbstbild, besonders wenn bedeutsame Lebensziele bedroht sind. Gewohnte Bewältigungsstrategien funktionieren nicht mehr, es entstehen Gefühle von Angst und Hilflosigkeit mit den dazugehörigen körperlichen Stresssymptomen. Wir können nicht mehr klar denken, wichtige kognitive Funktionen sind blockiert und die Wahrnehmung ist eingeengt. Im Chinesischen ist das Wort Krise aus zwei Schriftzeichen, Wei und Ji zusammengesetzt. Wei bedeutet Gefahr und Ji steht für Gelegenheit/Chance. Im Zustand der akuten Krise empfinden wir meist jedoch vor allem die Gefahr, die häufig empfundene existenzielle Angst, die psychische Ausnahmesituation. Die Möglichkeit, eine Krise als Gelegenheit oder Chance für ein neues Selbst-und Weltverständnis zu erleben, erschließt sich meist erst viel später, nach einem mehrstufigen Erfahrungsprozess. Und dennoch kann man Fähigkeiten zur Bewältigung von Krisen erwerben, was dann in akuten Belastungssituationen dazu beitragen kann, eher wieder in Balance zu kommen. Vor allem dann, wenn es gelingt, das Spektrum der bisherigen Bewältigungsreaktionen zu erweitern. Es kann so eher gelingen, den psychischen Ausnahmezustand anzunehmen und als Chance zu erleben. Mit jeder Krise ist Angst verbunden. Angst kann, unabhängig von akuten Krisen, unendlich viele Ursachen haben und ebenso viele Gesichter. Entsprechend gibt es auch viele Erklärungsmuster, je nachdem, auf welcher Ebene man Angst betrachtet, etwa als körperlich-psychische Stress-Reaktion, als Persönlichkeitsmerkmal, als konkrete objektbezogene Furcht (»Realangst«), als Phobie oder als nicht objektbezogenen emotionalen Zustand. Wichtig ist auch die Unterscheidung zwischen krankheitswertiger, etwa psychotischer Angst und der Angst, die wir alle in unserem Leben im Alltag und durch belastende Lebensereignisse, akute Krisen und Bedrohungen erleben. Hier liegt der Schwerpunkt in diesem Buch. Der Hirnforscher Gerald Hüther definiert Angst als »das initial bei jeder psychogenen Stressreaktion ausgelöste Gefühl, das sich durch die individuelle Erfahrung der Bewältigung einer bestimmten psychischen Belastung zwangsläufig verändert«. Für unsere Zwecke ist diese Definition sehr hilfreich. Angst in diesem Sinne ist eher das Resultat einer Erfahrung und der daraus abgeleiteten Bewertung. Entsprechend hat Angst immer sowohl positive als auch negative Aspekte. Darauf wird im Kapitel 4 noch ausführlich eingegangen. Ressourcen gegen die Angst! Was sind Ressourcen? Nach Wikipedia ist eine Ressource (franz.: Mittel/Quelle von lat. resurgere: hervorquellen) allgemein ein Mittel, um eine Handlung zu tätigen oder einen Vorgang ablaufen zu lassen. Im Bereich der Psychotherapie sind Ressourcen all das, was im Inneren und Äußeren vorhanden ist und einer Person zur Verfügung steht, um die in ihr angelegten Potenziale entfalten zu können. Wir sehen die Arbeit mit Ressourcen vor allem unter dem Gesichtspunkt von konstruktiver Belastungsbewältigung, oder anders gesagt zielt die Arbeit mit Ressourcen insgesamt auf die Stärkung der psychischen Widerstandskraft (Resilienz). Damit können auch schwere Belastungen im Leben besser bewältigt werden. »Ressourcenorientierung« ist in den letzten Jahren zunehmend »in«. Womit dieser Begriff jedoch inhaltlich gefüllt wird, ist sehr unterschiedlich. Bei einem ressourcenorientierten psychotherapeutischen Vorgehen werden bereits von Anfang an gezielt die »Kraftquellen« eines Menschen aufgespürt und gefördert und nicht nur die Probleme und Symptome wahrgenommen und thematisiert. Dabei wird an stärkende individuelle Erfahrungen im bisherigen Leben angeknüpft, oder es werden Fähigkeiten, Talente und Stärken aktiviert, die oftmals gar nicht bewusst sind. Es ist aber auch sinnvoll, objektive Ressourcen gezielt in den Blickpunkt zu rücken, etwa biografische, soziale, materielle, kulturelle oder spirituelle Ressourcen. Warum ist Ressourcenaktivierung wichtig? Wie wir noch zeigen werden, sind wir in einem erheblichen Ausmaß in der Lage, durch das, was wir erleben und tun, unsere psychischen und körperlichen Reaktionen selbst zu »programmieren«. Diese »Programmierung« läuft in der Regel unbewusst ab und ändert sich ständig. Diese unbewussten inneren Programme bestimmen weitgehend, wie wir in einer konkreten Situation auf Belastungen reagieren. Diese Reaktionsmuster sind in Form neuronaler Netzwerke gespeichert, d.h. in Form von bestimmten Verbindungen oder Wegen in unserem Gehirn. Je intensiver wir nun einen bestimmten Weg gehen, umso mehr wird er ausgebaut, umso mehr werden also unsere Empfindungen und Reaktionen »gebahnt« und automatisiert. Dabei spielt die Stärke der emotionalen Beteiligung eine große Rolle. Bei der Bewältigung von Krisen und Angst kommt es entscheidend darauf an, welche dieser »Programme« anspringen oder bewusst aktiviert werden können. Mit der Aktivierung von Ressourcen stärken und bahnen wir die »Ressourcen-Netzwerke«, die dann eher zur Bewältigung verfügbar sind und damit gleichzeitig Einfluss darauf nehmen, ob die Stressreaktion »anspringt«. Dadurch wird das in der konkreten Situation nutzbare Bewältigungspotenzial direkt erweitert. Bei der Aktivierung von Ressourcen und den damit verbundenen positiven Emotionen geht es nicht etwa um Vermeidung und auch keinesfalls um das Prinzip »denk positiv« oder »es ist alles nicht so schlimm«, »es wird schon wieder«. Gerade weil es »so schlimm« ist und weil in existenziellen Lebenssituationen meist weitreichende Entscheidungen zu treffen sind, ist es wichtig, als »Ich«, als Individuum, quasi mit »kühlem Kopf«, also »unblockiertem«, funktionsfähigem Gehirn, zu handeln und dazu das ganze bisherige Erfahrungspotenzial zur Verfügung zu haben. Sollten die persönlichen Bewältigungsressourcen nur gering vorhanden oder nicht abrufbar sein, so gibt es doch zwei Basisressourcen, die jeder Mensch schon im Mutterleib kennengelernt hat, das Gefühl, dass es möglich ist, wieder Verbundenheit herzustellen und wachsen zu dürfen. Wie diese Ressourcen praktisch wieder geweckt und entwickelt werden können, zeigen wir Ihnen vor allem im Kapitel 6: »TRUST - and go! Das KRISEN-ABC an vielen Beispielen.