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Jerry Cotton 2981 - Gebrandmarkt!

Jerry Cotton

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2014

ISBN 9783732501243 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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1,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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»Was ein Glück, dass du endlich wieder da bist, ich dachte schon, ich werde zum Papiertiger«, begrüßte mich Phil mit einem Lächeln. Ich wusste, er war bereits letzte Woche aus seinem Urlaub zurückgekommen und hatte sich wahrscheinlich, in Ermanglung eines Partners, nur im Büro aufgehalten und ausstehende Berichte geschrieben.

Es war mein erster Tag im Field Office nach zehn Tagen Strand, Sonne und Spaß. Ich sah mich um: Es hatte sich nichts verändert, und so ließ ich mich auf meinem Stuhl nieder in dem festen Glauben, erst einmal Zeit für einen Kaffee und einen ruhigen Start zu haben, als Phil enthusiastisch sagte: »Wir haben gerade einen Fall reinbekommen!«

»Lass hören!«, erwiderte ich, auch wenn ich gedanklich noch nicht ganz wieder im Büro des New Yorker FBI angekommen war.

»Eine weibliche Leiche, stranguliert, sie trieb im Hudson und wurde am Pier 84 gefunden«, referierte Phil und drückte mir eine Mappe mit Fotos in die Hand.

»Himmel«, murmelte ich und schlug die Fallakte auf. »Ist das nicht in der Nähe der Intrepid? Dort tummeln sich Hunderte von Besuchern täglich, und gleich daneben fahren doch die Touristenboote der Circle Line ab.«

Phil setzte sich ebenfalls wieder und nickte. »Genau dort. Jemand wollte, dass sie ganz schnell gefunden wird. Gott sei Dank war es ein Angestellter der Circle Line, der sie am Steg treiben sah, und kein Tourist. Man fand sie heute Morgen um fünf Uhr.«

»Sie war eine sehr hübsche Frau«, bemerkte ich und blätterte weiter durch die Fotos. »Was trägt sie da? Hat sie in einem Hotel gearbeitet?« Die zierliche Tote war mit einem schicken, schwarzen Kostüm bekleidet, weißer Bluse und hatte auf der rechten Brust ein Messingschild, das sie als Mandy Baker auswies.

»Nein, Miss Baker war eine Messehostess.«

Ich wartete auf weitere Erklärungen, doch Phil schwieg.

»Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Also, warum landet das bei uns und wie ist es möglich, dass man sie heute Morgen um fünf Uhr fand und bereits eine Obduktion durchgeführt wurde, obwohl es gerade mal zehn ist?«, fragte ich und sah demonstrativ auf meine Uhr.

Phil grinste mich breit an. »Genau das hat mir die letzten zwei Wochen gefehlt!«, meinte er. Dann wurde sein Gesichtsausdruck ernst und er sagte: »Also gut, Spaß beiseite! Die ganze Geschichte, jedenfalls das, was ich bisher herausbekommen habe, ist folgende: Mandy Baker war eine Messehostess, verschwand vor zwei Tagen, bei einem Kongress. VoCon Pharmaceutical, eines der Top-Pharmaunternehmen, hält jedes Jahr im Waldorf Astoria ein Management-Meeting ab. Läuft immer über eine Woche, Besprechungen, aber auch eine Menge Unterhaltung für die gestressten Top-Manager. Daher buchen sie auch immer den teuersten Personalservice. Die Kongresshostessen von ICfS, In Charge for your Service, sind alle ausgebildete Sekretärinnen, die den Kongressteilnehmern so ziemlich alles abnehmen, von der Terminplanung bis hin zum Bademantel in der gewünschten Farbe. Außerdem zeichnen sich die Damen von ICfS dadurch aus, dass sie allesamt ausgesprochen attraktiv sind.«

Ich unterbrach Phil. »Das Waldorf Astoria? Dann muss VoCon gut im Geschäft sein.«

»Sind sie, Stammsitz hier in New York, sieben Produktionsbetriebe allein in den USA, insgesamt fünfzehntausend Mitarbeiter und eine Gewinnmarge von zwölf Prozent. VoCon hat Betriebsstätten in Europa und erobert gerade Drittländer wie Südafrika, Russland und China für Produktionsstandorte.«

Jetzt war ich doch beeindruckt. »Und das hast du alles heute Morgen bereits recherchiert?«, fragte ich ungläubig. Phil zuckte nur die Schultern und fuhr fort:

»Mandy Baker und eine Kollegin waren verantwortlich für die Planung und den Ablauf des Kongresses. Am Samstagabend sah ihre Kollegin Miss Baker das letzte Mal im Waldorf. Sie kam gestern nicht zur Arbeit und die Polizei wurde eingeschaltet, da Mandy als ausgesprochen zuverlässig galt. Als man sie heute Morgen fand, war sie bereits in der Vermisstenliste des NYPD. Die Leiche wurde sofort in die SRD überstellt und ein eifriger Assistent von Dr. Chow nahm Fingerabdrücke. Das ist eigentlich keine Routine, da Miss Bakers Identität bekannt war. Chow hatte ihn jedoch angewiesen, das zu tun, da er neu ist in der SRD, und das gehört scheinbar zu ihrem persönlichen Ausbildungsprogramm. Auf jeden Fall schickte er die Abdrücke durch den Computer und war überrascht, einen Treffer zu erhalten.«

»Dann war Miss Baker also vorbestraft«, warf ich ein.

Phil schüttelte den Kopf. »Nein, aber Mandy Baker ist nicht Mandy Baker!« Er reichte mir die Fotokopie eines Visumantrags. »Ihr richtiger Name ist Irina Kudrick, eine Studentin aus der Ukraine. Sie reiste mit einem Touristenvisum vor acht Monaten hier in New York ein und verschwand. Seither wird sie von der Homeland Security gesucht, wegen illegaler Einwanderung, und das ist der Grund, weshalb der Fall auf unserem Schreibtisch liegt.«

»Ukraine?«, fragte ich eher rhetorisch. »Dann muss sie ein verdammt gutes Englisch gesprochen haben, um als Messehostess angestellt zu werden.«

»Und gute Papiere gehabt haben. Die Spurensicherung ist bereits in ihrer Wohnung und sie warten auf uns, damit wir alles in Augenschein nehmen können, bevor eventuelles Beweismaterial in die SRD gebracht wird. Was Dr. Chows Obduktion ergeben hat, erzähl ich dir unterwegs.« Phil stand auf und griff sein Jackett. »Auf geht’s, dein Urlaub ist vorbei, Partner!«

***

Während wir auf den Aufzug in die Tiefgarage warteten, erzählte mir Phil, dass Irina Kudrik alias Mandy Baker in der Nacht von Samstag auf Sonntag mit einem Tuch oder einer Krawatte erwürgt wurde. Obwohl Dr. Chow keine Flüssigkeiten bei der Toten gefunden hatte, da sie ein paar Stunden im Hudson River trieb, war sie sich doch sicher, dass die Frau kurz vor ihrem Tod Sex hatte, und zwar von der rauen Sorte. Mir ging durch den Kopf, ob die Strangulation eventuell der sexuellen Stimulation gedient hatte. Sie wäre nicht der erste Fall gewesen, bei dem zu lange und zu fest zugedrückt wurde, und was als Vergnügen geplant war, endete mit einem tragischen Unfalltod.

»Chow hat noch etwas Merkwürdiges gefunden«, riss mich Phil aus meinen Gedanken. »Eine frische Verbrennung auf der Hüfte, in der Größe einer Streichholzschachtel«, fügte er hinzu, als wir hörten, wie jemand unsere Namen rief. Mr High kam in Begleitung einer jungen Frau auf uns zu.

»Das sind die Agents Cotton und Decker«, stellte er uns vor. Die junge Frau war klein und drahtig, trug eine unvorteilhafte Brille auf der viel zu spitzen Nase und sah uns interessiert aus ihrem blassen Gesicht an. Ich schätzte sie nicht viel älter als neunzehn, womit ich gründlich danebenlag, wie sich sehr schnell herausstellte.

»Das hier ist Anwärterin Dr. Daisy Spring«, fuhr der Chef fort. Phil grunzte kurz, was ein unterdrückter Lacher war, auch ich musste mich bei dem Namen zusammenreißen, um nicht zu grinsen. Mr High sah Phil streng an, doch die FBI-Anwärterin Spring hatte scheinbar kein Problem mit seiner Reaktion und schüttelte unsere Hände.

»Tut mir leid«, entschuldigte sich Phil.

»Muss es nicht, Agent Decker, sie sind nicht der Erste, der bei meinem Namen so reagiert. Es stört mich nicht, denn ich finde es gibt Schlimmeres, als Gänseblümchen zu heißen.«

Nicht allzu amüsiert meinte Mr High: »Dr. Spring ist eine der großen Hoffnungen in Quantico und spezialisiert auf Informationstechnik. Bevor sie in zwei Monaten ihre Prüfung zum FBI-Agent macht, wird sie ein paar Tage Field-Erfahrung sammeln. Jerry, Phil, ich darf Ihnen Ihre neue temporäre Partnerin vorstellen.« In dem Moment fielen Phil und mir simultan die Kinnladen herunter, doch Mr High ignorierte uns, verabschiedete sich von Spring und ging zurück in sein Büro.

»Freut mich, mit Ihnen zu arbeiten«, sagte sie keck. »Wohin sind wir unterwegs?«

»Äh«, war alles, was Phil rausbrachte, und ich musste schnell eingreifen, bevor er etwas Dummes sagte.

»Wir sind unterwegs zu der Wohnung eines Opfers. Wenden Sie sich an Helen, sie wird Ihnen alles zeigen und Ihnen auch die erforderlichen Zugangscodierungen für die Computer geben«, sagte ich so professionell wie möglich.

»Gut, was soll ich in der Zwischenzeit tun?«, erwiderte sie.

Ich dachte nach, mit irgendetwas mussten wir unsere neue Praktikantin beschäftigen. »In unserem Büro liegt eine Fallakte. Bis wir wieder hier sind, versuchen Sie mehr über eine gewisse Irina Kudrik herauszubekommen. Sie finden alles in den Papieren.«

Zu meinem Erstaunen nickte sie, ohne weiteren Protest. »Dann bis später, ich werde über diese Frau alles herausbekommen, was man herausbekommen kann«, sagte sie in einem für meinen Geschmack zu bissigen Unterton, drehte sich um und ging in Richtung Helens Büro. In dem Moment kam der Aufzug und ich schob Phil schnell hinein, damit er seinen Mund hielt, und wir fuhren nach unten.

»Himmel, das hat uns gerade noch gefehlt, jetzt sollen wir die Babysitter für FBI-Anwärter Miss Gänseblümchen spielen«, knurrte er, als wir in den Jaguar stiegen. »Was denkt sich der Chef dabei?«

»Der Boss denkt sich gar nichts dabei«, erwiderte ich. »Das sind die neuen Vorschriften in Quantico: Die Stars des Ausbildungsjahrgangs sollen vor ihrer Abschlussprüfung im Field Office Erfahrung sammeln, und dieses Mal hat es eben uns erwischt. Vielleicht kann sie ganz...