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Schloss der Fremden

Helga Diel, El Bardanohi

 

Verlag Lambertus Verlag, 2002

ISBN 9783784114040 , 117 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz DRM

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8,99 EUR

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Bild der Verantwortung (S. 58-59)

Nach § 823 des BGB ist gesetzlich festgelegt, dass die Aufsichtspflicht grundsätzlich zwei Verpflichtungen umfasst:

(1) den Aufsichtsbedürftigen selbst vor Schaden zu bewahren, die ihm durch sein eigenes Verhalten oder von außen drohen;

(2) die Verpflichtung, Dritte vor Schaden zu bewahren, die ihnen von dem zu Beaufsichtigen zugefügt werden können.


Sobald Herr von Sein um 6.30 Uhr die Augen öffnet und seine Füße auf den Boden stellt, beginnt die Aufsichtspflicht des Schlossangestellten. Herr von Sein soll sich duschen, der Schlossangestellte stellt sicher, dass das Wasser nicht zu heiß ist – Herr von Sein könnte sich verbrennen. Dann soll Herr von Sein sich die Zähne putzen, der Mitarbeiter kontrolliert das Ergebnis – der Zahnarzt könnte wieder etwas über die schlechten Zähne sagen. Schließlich muss Herr von Sein die Kleider wechseln und sich kämmen. Der Mitarbeiter schaut noch einmal nach, ob alles sauber ist, der Witterung entspricht und Herr von Sein sich auch wirklich gekämmt hat.

Neben der Beaufsichtigung der anderen Schlossbewohner, bereitet der Mitarbeiter das Frühstück gemeinsam mit einem der Bewohner vor. In der Küche achtet er darauf, dass die zahlreichen Gefahren, das heiße Wasser für den Tee oder Kaffee, die Brotschneidemaschine und die Küchenmesser, den helfenden Schlossbewohner nicht verletzen. Den Tisch vorbereiten und nach dem Essen wieder aufräumen, Vesperbrote richten und verpacken und das Taschengeld austeilen, sind sowieso seine Arbeit. Die Medikamente kontrolliert der Mitarbeiter mehrere Male, bevor er sie verteilt, – es könnte eine falsche Tablette ausgegeben werden. Beim Austeilen geht er sicher, dass sie geschluckt und nicht versteckt oder weggeworfen werden. Nachdem Herr von Sein mit seiner Morgentoilette fertig ist, geht er zum Frühstück. Der Schlossangestellte überzeugt sich davon, dass Herr von Sein sein Essen schluckt und es nicht in die Backen schiebt und nach einer Weile wieder ausspuckt.

Anschließend begleitet der Mitarbeiter Herrn von Sein und eine andere Bewohnerin, die inzwischen schon zum zweiten Mal am Morgen in die Hose gepinkelt hat, zum Bussle, das die Schlossbewohner zu ihrem Arbeitsplatz bringt. Der Mitarbeiter wartet mit den Bewohnern bis das Bussle kommt, er weiß nicht, was sonst geschehen könnte: Herr von Sein könnte plötzlich abhauen wollen, die Bewohnerin könnte eine Krise bekommen oder sie könnten sich in einen Streit verwickeln. Dann hieße es: „Herr Schlossmitarbeiter, Sie haben ihre Aufsichtspflicht verletzt – warum haben Sie nicht mit den beiden an der Haltestelle gewartet". Gleichzeitig sind sieben andere Schlossbewohner in der Wohngruppe und stehen auch unter der Aufsichtspflicht des Mitarbeiters. Der Schlossangestellte wird beim Warten immer unruhiger und ist erleichtert, als das Bussle endlich kommt und Herr von Sein und die Bewohnerin hineingesetzt und angeschnallt werden. Das Bussle fährt los. Von diesem Zeitpunkt an trägt der Zivildienstleistende die Verantwortung für die Schlossbewohner – bis zur Werkstatt.

In dem Moment, in dem Herr von Sein seinen Arbeitsplatz betritt, hat der dort zuständige Mitarbeiter die Aufsichtspflicht. Herr von Seins Aufgabe ist es, jeweils zehn Schrauben in die dafür vorgesehene Verpackung zu füllen. Hierfür muss er immer wieder aufstehen und zu einem großen Container laufen, in dem die zu verpackenden Schrauben gelagert werden. Der Werkstattmitarbeiter achtet darauf, dass in Krisensituationen die Schrauben nicht als eine Waffe gegen Mitarbeiter oder dort arbeitende Schlossbewohner gerichtet werden oder dass einer der Container umkippt. Um 16.00 Uhr ist Feierabend für Herrn von Sein und die anderen Schlossbewohner. Herr von Sein wird wieder vom Bussle zum Schloss zurückgebracht, wo der Schlossangestellte aus der Spätschicht bereits im Hof auf ihn wartet, um ihn mit auf die Wohngruppe zu nehmen und die Aufsichtspflicht wieder zu übernehmen.