dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Professionalisierung durch Supervision - Perspektiven im Wandlungsprozess sozialer Organisationen

Gertrud Siller

 

Verlag VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN 9783531910697 , 296 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

44,95 EUR


 

7. Handlungstypen zwischen flexibler Anpassung, traditioneller Professionalität und reflexiver Integration (S. 229-230)

Mit der Einführung formalisierter Steuerungs- und Dokumentationssysteme professioneller Sozialer Arbeit in der Organisation für Menschen mit Behinderungen entsteht für Führungskräfte der unteren und mittleren Ebene eine komplexere, ökonomisch- fachliche Verantwortung für die zielgerichtete Planung, Dokumentation, Sicherung und Kontrolle der Effektivität und Effizienz ihrer Arbeit, die sich von ihrer bisherigen, allein professionell legitimierten Verantwortung für die fachliche Qualität der Interaktion mit den Klienten und damit zusammenhängender Arbeitsabläufe unterscheidet.

Mit dieser neuen, komplexeren Form der Verantwortung wird den Fach- und Führungskräften ein Teil der bisher der Organisation zugeschriebenen Leistungen übertragen. Durchgängig ist vor diesem Hintergrund in den beiden im Vorangegangenen ausführlich dargestellten Fallrekonstruktionen die Erfahrung grundlegender Neugestaltungsnotwendigkeiten der professionellen Rolle, die es zu entwickeln gilt. Dies führt zu Verunsicherungen, die sehr unterschiedlich erlebt werden. Die in den Einzelfällen deutlich gewordenen Wahrnehmungs- und Bewältigungsformen werden im Folgenden in typisierender Form dargestellt.

Das heißt, im Mittelpunkt stehen nicht mehr, wie in den vorangegangenen Fallrekonstruktionen, einzelne Menschen mit ihren Wirklichkeitskonstruktionen, sondern ihre verdichteten Handlungs- und Orientierungsmuster. Erlebt wird insgesamt ein hoher Anpassungsdruck an die neuen Organisationsstrukturen, dem zum Teil unreflektiert nachgegeben, zum Teil mit Vorsicht und Misstrauen, aber auch konstruktiv-kritisch begegnet wird. Eine Typologisierung der vorgefundenen Handlungsorientierungen führt zunächst zu zwei gegenläufigen Mustern, deren vielfältige Dimensionen in den beiden Fallrekonstruktionen bereits zum Ausdruck gekommen sind: Der Typus des „flexibel Angepassten" Der Typus des „flexibel Angepassten" hat einen hohen Bedarf an existenzieller Absicherung und Anerkennung durch die obere Leitungsebene der Organisation. Vor diesem Hintergrund werden ihm seine Anpassungsbereitschaft und -fähigkeit an veränderte Anforderungen von Seiten der Organisation zum Prinzip und zum Kriterium für Erfolg.

Die flexible Anpassung und Mitgestaltung struktureller Veränderungen ist stark außengeleitet, eine individuelle professionelle Orientierung und Gestaltung wird deckungsgleich ausgerichtet an den jeweiligen Leitlinien der Organisation. Dabei bleibt jedoch gleichzeitig die Vorstellung gemeinschaftlich geteilter Grundwerte als Leitbild professioneller Handlungsorientierungen erhalten. Auf einer prinzipiellen Ebene steht die Organisation qua Funktion für die Verwirklichung von Gemeinschaft mit Menschen mit Behinderungen. Gemeinschaft und Organisation werden darüber eins. Leitbild bleibt eine Organisationskultur, die alle – Klienten und MitarbeiterInnen – gemeinschaftlich trägt bzw. versorgt, wobei die Diskrepanz zwischen einem solchen Bild und einer funktional ausgerichteten Dienstleistungsorganisation nicht reflektiert wird.

Die Anpassung an neue Organisationsleitlinien und die berufsbiographisch entwickelten gemeinschaftsorientierten Leitbilder bestehen unverbunden nebeneinander. Letztere werden zwar vom Anpassungsdruck an organisatorische Veränderungen überdeckt, aber nicht den neuen Bedingungen entsprechend aktiv weiterentwickelt. So stellen die Veränderungen für diesen Typus einen Prozess dar, dem er sich anpasst und den er mitgeht, aber den er nicht steuern und wenig gestalten kann. Mit diesem Orientierungsmuster wird es möglich, sich mit den Entwicklungen in der Organisation zu arrangieren, mit ihm ist aber auch ein vorauseilender Anpassungsprozess verbunden, in dem es keinen eigenen Raum gibt, weder für Differenzierungen oder Kritik noch für eigene Positionierungen. Eine vermittelnde Form der Kommunikation entsteht nicht.