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Geschichte Schottlands

Bernhard Maier

 

Verlag Verlag C.H.Beck, 2015

ISBN 9783406676185 , 128 Seiten

Format ePUB, PDF

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2. Von der Ankunft der Römer bis zur
Christianisierung


Mit der römischen Invasion Schottlands in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. beginnt die geschichtliche Epoche, an deren Anfang erst die lateinische Schrift und Sprache und bald darauf das Christentum auf die Britischen Inseln gelangen. Doch während England und Wales – in unterschiedlich hohem Maße – romanisiert werden, bleibt Schottland die meiste Zeit außerhalb des Römischen Reichs, was dem kulturellen Einfluss der Römer Grenzen setzt und das Weiterleben mancher eisenzeitlicher Traditionen begünstigt.

Die Feldzüge der Römer in Schottland


Bereits Iulius Caesar hatte 55 und 54 v. Chr. zwei Expeditionen nach Britannien durchgeführt, um den nördlichen Nachbarn der Gallier die militärische Stärke Roms vor Augen zu führen. Ab 43 n. Chr. eroberten dann von Kaiser Claudius entsandte römische Armeen weite Gebiete Englands, die fortan als Provinz Britannia zum Römischen Reich gehörten. Den nördlich davon gelegenen Teil der Insel bezeichneten die Römer mit einem vom Stammesnamen Caledones abgeleiteten Namen als Caledonia. Die Vorbereitungen zu einer römischen Invasion Schottlands begannen unter Quintus Petilius Cerialis, der bereits 60/61 an der Niederschlagung des Aufstands der Königin Boudicca gegen die Römer im heutigen Mittelengland beteiligt war und von 71–74 als Statthalter der Provinz Britannia amtierte. Ihm folgte der auch als Militärschriftsteller bekannte Iulius Sextus Frontinus (74–77), der seinerseits von Gnaeus Iulius Agricola, dem Schwiegervater des Historikers Tacitus, abgelöst wurde. Ebenso wie Cerialis hatte auch Agricola bereits unter dem Statthalter Gaius Suetonius Paulinus (58–62) in Britannien als Offizier Dienst getan. Während seiner Statthalterschaft drangen römische Truppen in den Jahren 79–81 bis zum Firth of Tay sowie zur schottischen Westküste und vorübergehend vielleicht sogar bis zur irischen Ostküste vor.

Aus dieser Zeit stammt die römische Festung Trimontium bei Newstead östlich von Melrose, wo eine von Süden nach Norden verlaufende römische Fernstraße den Fluss Tweed überquerte. 1905–1910 förderten Ausgrabungen in Trimontium zahlreiche militärische Ausrüstungsgegenstände zutage, darunter den schmiedeeisernen Paradehelm eines römischen Kavalleristen. Ein nahe gelegenes Amphitheater wurde 1996 ausgegraben. Nur wenig jünger ist ein über 20 ha großes römisches Legionslager, das bei Inchtuthil südwestlich von Blairgowrie am Nordufer des Tay angelegt wurde. In späterer Zeit nie überbaut, vermittelte die Anlage bei ihrer archäologischen Untersuchung 1952–1965 einen guten Einblick in den Aufbau eines römischen Legionslagers. Wahrscheinlich gehörte Inchtuthil zu einer ganzen Serie von Stützpunkten, die entlang der Highland Line von Drumquhassle südöstlich von Loch Lomond über Ardoch südlich von Crieff bis Stracathro nordöstlich von Brechin den weiteren römischen Vormarsch sichern sollten. Die nördliche Grenze dieses Vormarschs bezeichnen vielleicht die mutmaßlichen Überreste eines römischen Lagers bei Cawdor östlich von Inverness, die 1984 durch Luftaufnahmen entdeckt und bis 1988 archäologisch untersucht wurden. Ob man römische Truppenbewegungen auch nördlich des Moray Forth in Tarradale und Portmahomack nachweisen kann, gilt dagegen als zweifelhaft.

Wie Tacitus in der Biographie seines Schwiegervaters Agricola berichtet, zwangen die Römer die Caledonier im Spätsommer 83 oder 84 durch gezielte Angriffe auf deren Versorgung bei einem als Mons Graupius bezeichneten Berg zu einer offenen Feldschlacht, in der sie ihnen eine vernichtende Niederlage zufügten. Bekannt ist die Schlacht nicht zuletzt durch eine – allerdings wohl von Tacitus erfundene – flammende Rede, in welcher der vornehmste Anführer der Caledonier namens Calgacus dem Bericht des römischen Historikers zufolge seine Landsleute zum Widerstand gegen den römischen Imperialismus aufrief. Über den Ort der Schlacht gibt es unterschiedliche Theorien, die teils auf dem keltischen Namen des Bergs, teils auf Vermutungen über die Marschroute und die strategischen Absichten der römischen Truppen gegründet sind, letztlich jedoch nicht bewiesen werden können. Glaubt man Tacitus, so wurde Agricola schon kurz darauf vor allem deswegen nach Rom zurückberufen, weil Kaiser Domitian ihm seine militärischen Erfolge neidete. Tatsächlich war Agricola jedoch um diese Zeit bereits ungewöhnlich lange Statthalter Britanniens gewesen. Auch mag der Kaiser der Auffassung gewesen sein, der militärische und wirtschaftliche Nutzen einer vollständigen Eroberung Britanniens stehe in keinem Verhältnis zu den daraus resultierenden Kosten, zumal die dafür eingesetzten römischen Truppen in anderen Krisenregionen wie etwa an der Rheingrenze dringend benötigt wurden. Jedenfalls wurden die nördlichsten römischen Festungen an der Grenze zum Hochland und damit wohl auch die Pläne zu einer vollständigen Eroberung Schottlands bald nach Agricolas Abberufung bis auf weiteres aufgegeben.

Um 118 kam es in der Provinz Britannia zu gewalttätigen Ausschreitungen, an denen nicht nur keltische Völker aus Nordengland, sondern auch solche aus Südschottland beteiligt waren. Vielleicht als unmittelbare Reaktion darauf befahl Kaiser Hadrian (117–138) den Bau einer 117 km langen befestigten Grenze mit Wachtürmen und Garnisonen, die in ost-westlicher Richtung von Segedunum (Wallsend bei Newcastle) bis Maia (Bowness-on-Solway) verlief. Heute als Hadrianswall bekannt, sollte die in wenigen Jahren fertiggestellte Grenzbefestigung wohl zum einen der Abschreckung bewaffneter Übergriffe, zum anderen der Kontrolle des Zolls und Personenverkehrs dienen. Gleichwohl beschloss bereits Hadrians Nachfolger Antoninus Pius (138–161), die Grenze der Provinz Britannia noch einmal 160 km weiter nach Norden zu verschieben. Zwischen 142 und 154 entstand so zwischen Carriden bei Bo’ness am Firth of Forth und Old Kilpatrick am Firth of Clyde auf 63 km Länge eine weitere befestigte Grenze mit einem engmaschigen Netz aus Wachtürmen und Kastellen, der heute so genannte Antoninuswall. Allem Anschein nach wurde diese Grenze jedoch bereits wenige Jahre nach ihrer Fertigstellung wieder aufgegeben, und die römischen Truppen wurden zurück an den Hadrianswall verlegt. Zwischen 209 und 211 unternahm Kaiser Septimius Severus noch einmal den Versuch einer Unterwerfung der Stämme im Norden Britanniens, ließ den Antoninuswall wieder in Stand setzen und führte erneut römische Truppen nach Caledonia. Mit dem Tod des Kaisers in Eburacum (York) Anfang 211 endete jedoch auch dieser letzte Versuch einer römischen Eroberung Schottlands, und der Hadrianswall blieb bis zum Abzug der römischen Truppen aus Britannien zu Beginn des 5. Jahrhunderts die Nordgrenze des Römischen Reichs.

Die wechselvolle Geschichte der römischen Aktivitäten am Antoninuswall veranschaulichen die Ausgrabungen in der römischen Festung von Cramond (Abb. 3). Um 140 erbaut, wurde das Lager schon um 170 wieder aufgegeben, zwischen 208 und 211 aber erneut in Betrieb genommen und als Basis für die Organisation des Nachschubs der römischen Truppen nördlich des Firth of Forth ausgebaut. Nachdem man in Cramond bereits Weihealtäre für den obersten römischen Gott Iuppiter Optimus Maximus und eine Gruppe von Muttergottheiten gefunden hatte, wurde 1997 die monumentale Sandsteinstatue einer Löwin, die einen gefesselten Menschen verschlingt, aus dem Fluss Almond geborgen – vermutlich der Überrest eines Grabmals. Allem Anschein nach wurde der Platz nach dem Abzug der römischen Truppen von der einheimischen Bevölkerung weiter bewohnt, so dass sich die noch heute genutzte Pfarrkirche von Cramond in unmittelbarer Nachbarschaft des einstigen römischen Lagers befindet.

Frühe Fürstentümer und Königreiche der nachrömischen Zeit


Die Frage, welche Stämme oder Völker Schottland während der römischen Besetzung Britanniens bewohnten, wird durch die wenigen zeitgenössischen Schriftquellen nur unzureichend beantwortet. Relativ unspezifisch erscheint der Name Caledones, der sich in einigen Fällen vielleicht auf einen Stamm oder Stammesverband im schottischen Hochland bezieht, in anderen Fällen jedoch ganz allgemein die Bewohner der Regionen nördlich des Hadrianswalls bezeichnet. Eine Hauptquelle unserer Kenntnis der alteuropäischen Völkernamen jener Zeit bildet die im 2. Jahrhundert n. Chr. entstandene Geographie des Claudius Ptolemaeus, dessen Angaben jedoch auf Informationen aus zweiter Hand beruhen und oft kaum zu überprüfen sind. Ptolemaeus erwähnt für den Westen Schottlands in süd-nördlicher Richtung die Selgovae und Novantae (in Dumfries und Galloway), die Damnonii (im Mittleren Tiefland), die Epidii und Creones (in Argyll und Kintyre), die Carnonacae (in Ross-shire) und die Caereni und Smertae (in Sutherland). Für die Osthälfte hingegen nennt er in nord-südlicher Richtung die Cornovii (in...