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Der Club der Halbjungfrauen - Original-Ausgabe

Anonymus

 

Verlag CARL STEPHENSON, 2015

ISBN 9783798605589 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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3,49 EUR


 

– Zweiter Band –


Kapitel I


Balbyne folgte der Erzählung ihrer Freundin zwar mit großer Aufmerksamkeit, aber sie verriet einige Ungeduld, als diese abermals den Namen Claire erwähnte. Simonne unterbrach sich, als sie mit der Schilderung der Beichte fertig war, und sagte ihr: „Höre mal, Kleine, du hast also in deinem Herzen immer noch einige Gefühle für Claire?“

„Ich weiß nicht. Aber ihr Name ruft in mir eine gewisse Erregung hervor.“

„Du liebtest sie also so sehr?“

„Wie Reine dich liebte.“

„Du warst die Anbeterin, während sie mit ihrer stürmischen und eroberungssüchtigen Natur doch eigentlich dich hätte anbeten sollen. Darum hat sie sich nicht an dich gehalten. Ich wette, du kanntest sie moralisch überhaupt nicht!“

„Wieso moralisch?“

„Nun ja, ich meine ihre Gedanken, soweit dadurch ihr Geschmack und ihre Leidenschaften gelenkt wurden.“

„Wir sprachen sehr wenig; sie streckte mir ihre Schenkel entgegen, sobald wir einander trafen, und ich verzehrte sie mit glühenden Minett-Liebkosungen, die mir übrigens gerade Stephanie beigebracht hatte. Als ich dich erzählen hörte, sie sei ebenfalls in Beziehungen zu Claire gestanden, da konnte ich meine unangenehme Überraschung nicht bemeistern, wie du bemerkt hast. Stephanie hätte das nicht tun dürfen, denn bei meinem Bruch mit Claire hatte ich sie zu meiner Vertrauten gemacht.“

„Während ich mich ausruhe, erzähle mir die Geschichte deiner Liebe und eures Bruches. Dabei wirst du dich von selber überzeugen, wie nichtig diese wollüstigen Spiele unter Mädchen sind im Vergleich mit den Wonnen, die Prieker und Priekerinnen im Verkehr miteinander haben.“

„Übrigens haben diese Scherze ihre Würze verloren, seitdem wir nicht mehr im Kornblumenkloster sind.“

„Erzähle nun frisch drauflos, mein Balbynchen! Indem man von solchen Erinnerungen spricht, erwachen zuweilen die Sinne, und diese sind immer bereit zu geschlechtlichen Genüssen, welcher Art diese auch seien.“

„Du willst es. Also gut. Höre zu, mein Herz, und lache mich nicht aus. Heute bin ich Priekerin, aber ich konnte keine Ahnung haben, dass ich es jemals werden würde. Ich war während meiner Klosterzeit ziemlich sentimental und wäre ich statt im Kornblumenkonvent in einem anderen, sozusagen bürgerlichen und besser überwachten Kloster erzogen worden, so hätte ich nach Beendigung meiner Schuljahre über Liebe höchst ideale Ansichten gehabt und hätte eine ausgezeichnete Gattin abgeben können, ohne darum Feste und Bälle zu verachten. Im Kloster veränderte sich mein Charakter schon gleich von Anfang an. Ich war zierlich, fein und zart, mit Augen, die in das offene Paradies hineinzublicken schienen, wie die Oberin sagte. So entging ich denn nicht den Nachstellungen der Älteren und ich wurde das Nesthäkchen von fünf oder sechs ‘Großen’; ich wanderte von den Armen der einen in die der anderen; sie amüsierten sich damit, mir mein Popöchen zu küssen und sich von meiner dienstwilligen Hand am Kitzler spielen zu lassen. Doch wagten sie es nicht, mich zu bitten, ihnen Minett zu machen, denn meine himmlischen blauen Augen genierten sie – so sagten sie. Mechanisch befolgte ich alle Unterweisungen, die man mir gab, ohne gerade einen besonderen Genuss daran zu finden; da wurde Schwester Marie meine Freundin, als ich die Erstkommunion gerade hinter mir hatte. Sie nahm mich gewissermaßen unter ihre Vormundschaft und hielt mich dadurch von der Sippe meiner Freundinnen fern, die nur Zeit zu Zeit mich riefen, um ihre Gelüste an mir auszulassen. Du wirst dich erinnern: Schwester Marie war ebenso gut wie schön und hatte ein sehr liebesbedürftiges Herz. Unsere gegenseitige Neigung war aber nur seelisch und geistig; sie bewahrte mich zwei Jahre lang davor, mit den anderen Schülerinnen dumme Geschichten zu machen. Als sie das Kloster verließ, war ich zuerst sehr traurig. Dann vergaß ich sie. Stephanie de Marinois schwärmte mir von meiner immer mehr sich entwickelnden Schönheit vor; eines Abends im Schlafsaal wurde sie kühn und eroberte mich. Ich war ihre angebetete, mit tausend Zärtlichkeiten umworbene Geliebte; ich schwamm in wundervoller Trunkenheit der Sinne, die Stephanies geschickte Zunge mir verschaffte. Mit mir war sie niemals so schmutzig wie mit dir und … Claire. Wir standen im selben Alter, aber ich war größer als sie und sie wünschte sich eine jüngere und kleinere Geliebte. Sie wurde matter in ihren wollüstigen Werbungen. Ich machte mir nicht viel daraus, denn Claire Harling hatte begonnen mir den Hof zu machen und beherrschte mich von Stund an ganz und gar – beherrschte mich in einer Weise, die ich überhaupt nicht schildern kann, selbst jetzt nicht, wo ich so viele Dinge kenne. Wir hatten Erholungsstunde und ich hatte mich, trotz meiner 14 Jahre, mit Seilhüpfen amüsiert. Ich war ganz rot von der Hitze und suchte in meiner Tasche nach einem Tuch, um mir den Schweiß von der Stirne zu wischen. Ich fand keins. Claire kam vorüber, bemerkte meine Verlegenheit, bot mir ihr eigenes Taschentuch an und sagte: ‘Nimm dies, Balbyne, brauche es und gib es mir dann sofort zurück; ich will es küssen.’

Zum Glück war ich schon rot, denn sonst hätten diese Worte, die sie mitten auf dem Hof, vor allen anderen, aussprach, mich purpurrot gemacht …, purpurrot vor Vergnügen! Claire war berühmt. Alle waren in sie verschossen. Sie war blendend mit ihrem goldblonden Haar, ihren feurigen Augen, ihrer weißen Haut – ja so weiß war sie, dass wir alle eifersüchtig darauf waren. Ich nahm das Taschentuch, trocknete mich damit ab, reichte es ihr zurück und sagte: ‘Warum willst du meinen Schweiß küssen?’

‘Um deinen Duft einzuatmen.’

‘Bah, der ist nicht anders als bei jeder.’

Sie hatte das Taschentuch geküsst, gab es mir wieder und sagte: ‘Du wirst mir eins von deinen geben. Behalte dieses zum Andenken an meinen Kuss. Es wird dir von mir sprechen.’

Ist es nicht reizend, dass in unserem Kloster zwei Schülerinnen aus verschiedenen Klassen sich so etwas sagen können. Ich legte der Sache keine besondere Bedeutung bei, aber sie amüsierte mich. Claire wusste, dass Stephanie sozusagen mein kleiner Mann war, sie dagegen stand im Rufe, sich mit dir sehr gut zu verstehen. Sie schrieb nicht nur einen Brief an mich – wie du an Reine, sondern mehrere Tage lang empfing ich fortwährend sehr kurze, aber vielsagende Billetchen. Ich erinnere mich dieser Briefchen so genau wie du dich deiner Beichte beim Abbé Tisse. In dem ersten hieß es: ‘Dank, mein Liebchen! Dein Taschentuch ist oft an der Stelle, wo ich gerne deinen hübschen kleinen Mund haben möchte.’

Indem sie solch Anfang wählte, gab sie gleich klar und deutlich zu verstehen, was für Beziehungen sie wünschte. Ich antwortete ihr: ‘Mein kleiner Mund küsst deine hübschen Lippen und deine schönen Augen; lege mein Taschentuch auf dein Herz; es wird dir von mir sprechen.’

Ein Brief folgte dem andern. Ah, sie wusste sich deutlich auszudrücken, diese Claire Harling!

‘Dein kleiner Mund verbrennt meine Augen; er hat Mitleid mit ihnen, er steigt herab, oh, er steigt herab an meinem Leibe. Welches Fieber durchschauert die Stelle, wo es anhält, wo er sich festsaugt. Weißt du, wo?’

Ich antwortete: ‘Du glaubst das doch nicht im Ernst? Ich bin Stephanies Freundin und du bist Simonnes Freundin. Mein kleiner Mund nimmt nicht gern den zweiten Platz ein.’

Neuer Brief von ihr: ‘Hält nur das dich zurück, meine Wünsche zu begreifen? Ich kenne und habe keine Freundin, die es mit deinem süßen kleinen Munde aufnehmen könnte. Sage mir, ob Stephanie dich nicht bewacht?’

Dies setzte mich in Flammen und ich schrieb: ‘Nichts soll meinen kleinen Mund zurückhalten. Er sehnt sich danach, unter deinen Röcken zu verschwinden. Aber ich verlange Liebe!’

Das war klar und deutlich, nicht wahr? Ich war eben damals noch sehr gefühlvoll und darum verlangte ich wirkliche Liebe. Sie antwortete: ‘Mein Leib ist dein um deines kleinen Mundes willen. Er zittert vor Hoffnung. Wo sollen wir uns treffen? Bestimme!’

Unsere Augen sprachen miteinander, wie Reines Augen mit den deinen. Zuweilen konnten wir uns im Hof ein paar Worte sagen. Wir sagten uns dasselbe, was wir uns schon geschrieben hatten. Auf ihre letzten Briefe antwortete ich mündlich …

‘Schlaf heute Abend nicht ein; ich werde in dein Bett kommen.’

So begann die Geschichte. Höre jetzt ihren Fortgang und Schluss! Schliefen die aufsichtsführenden Nonnen? Oder beschäftigten sie sich mit derselben Art von Liebe? Ich möchte es glauben, nach dem, was ich selber sah, als ich meinen Schlafsaal verließ, um mich zu Claire zu begeben. Du wirst dich erinnern, dass sich zwischen den beiden Schlafzimmern eine Art Vorzimmer befand, worin große Schränke standen, die zur Aufbewahrung der Bettwäsche und der Handtücher dienten. Auf der einen Seite empfing dieses Vorzimmer sein Licht durch ein riesig großes Fenster, das auf den Park hinausging; auf der anderen Seite war es durch eine große mit Glasscheiben versehene Kuppel von dem Klosterflügel geschieden, der für die in Klausur lebenden Nonnen des Kornblumenklosters bestimmt war. Ich beschreibe dir dies so genau, weil du dich vielleicht nicht mehr recht erinnerst.“

„Doch, doch; ich erinnere mich sehr gut. Vor dieser Glaskuppel hatten wir eine entsetzliche Angst, weil sie stets im Dunkeln lag und weil von ihr die Sage ging, hinter ihr irrten die Seelen der Nonnen umher, die in den Grüften des Klosters bestattet waren.“

„Ganz recht. Nun denke dir, mein Herz:...