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Schön, wild und weise - Frauen auf dem Weg zu sich selbst und in die Welt.

Anna Gamma

 

Verlag Theseus Verlag, 2015

ISBN 9783899018998 , 210 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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12,99 EUR


 

GÖTTINNEN IN UNS –


auf Spurensuche nach der verlorenen Weiblichkeit


Feminismus oder Partnerschaft


Bist nun auch du zur Feministin geworden? Das werde ich immer häufiger gefragt. Nein, antworte ich, wenn damit Frauen gemeint sind, die für die Sache der Frauen unerbittlich und mit großer Entschlossenheit kämpfen, die gelegentlich auch in Verbissenheit umschlägt. Diese Strategie war einmal sehr notwendig. Wo wären wir Frauen heute im öffentlichen Leben anzutreffen, wenn nicht in den letzten Jahrhunderten streitbare Schwestern und ein paar Männer aufgestanden wären? Auch in meiner eigenen Biografie gab es Zeiten, in denen ich im Modus dieses Kampfgeistes unterwegs war. Ich bin dankbar dafür, denn ohne diese aufbäumende, rebellische Kraft hätte ich den Weg aus einem Arbeiterdorf im St. Galler Rheintal an die Universität in Zürich nie geschafft. Heute meldet sich diese Stimme immer dann bestimmt, herausfordernd und klar, wenn ich mit Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch konfrontiert bin.

Ein zweites Mal antworte ich auf die Frage mit Nein, wenn mit dem Begriff Feministin Frauen im Blick sind, die für die Sache der Frauen engagiert eintreten und mit Forderungen verbinden wie beispielsweise der Quotenregelung. Vor dreißig Jahren war ich selbst einmal Quotenfrau. Ohne die dringende Bitte einiger Kollegen und Kolleginnen, die Wahl in ein kantonales Gremium anzunehmen, hätte ich wohl die narzisstische Kränkung nicht überwunden. Ich war aufgebracht, weil ich nicht aufgrund meiner fachlichen Qualifikationen berufen wurde, sondern weil in erster Linie eine Frau in leitender Position gesucht wurde. Ausschlaggebend für meine Wahl war weniger die berufliche Qualifikation, vielmehr fiel das Geschlecht ins Gewicht. Doch auch für die Erfahrungen in jenem Männergremium bin ich dankbar. Ich konnte nicht selten beobachten, wie geschickt Männer ihre Rivalitäten mit endlosen, scheinbar logisch-rationalen Debatten mehr oder weniger erfolgreich kaschierten. Und ich bekam einen ersten Geschmack davon, was inzwischen viele Untersuchungen bestätigen, nämlich dass gendergemischte Teams am erfolgreichsten sind. Obwohl ich mehrheitlich nur positive Erfahrungen als Quotenfrau gemacht habe, geht mein Blick in diesem Buch in eine andere Richtung.

Mein Ja zur Frage nach meiner Stellung zum Feminismus kommt von Herzen, wenn jene Frauen gemeint sind, die ganz nüchtern nach dem Beitrag der Frau zum Patriarchat fragen, in der Analyse jedoch nicht stehen bleiben, sondern nach dem Neuen suchen und bereits Elemente einer neuen Beziehung zu sich selbst und zwischen den Geschlechtern entdeckt haben. Es ist eine Binsenwahrheit, dass wir einzig und allein nur uns selbst ändern können – nie die anderen, nur uns selbst. Es ist aber ebenso wahr, dass mit unserer Transformation auch das Gegenüber in einen Wandlungsprozess hineingenommen wird. Und je liebevoller wir in der Beziehung und Verbundenheit bleiben, auch wenn diese Haltung noch so schwer zu praktizieren sein mag, desto mehr eröffnen wir ein Bewusstseinsfeld, in dem Veränderungen möglich werden.

So geht es mir in diesem Buch in erster Linie darum, ein brachliegendes Potenzial in uns Frauen zu erforschen, welches Männer und Frauen gleichermaßen dabei unterstützt, sich aus den für beide Geschlechter schwierigen und schmerzhaften Fesseln des Patriarchats zu befreien. Die einseitige Vorherrschaft von Frauen in der Zeit des Matriarchats – sollte es dieses tatsächlich gegeben haben – genauso wie die Dominanz der Männer in den letzten Jahrtausenden kommen zu einem Ende. In vielen Menschen ist die Sehnsucht nach einer gleichberechtigten und gleichwertigen Partnerschaft von Frau und Mann im privaten und öffentlichen Leben erwacht. Sie suchen und forschen nach entsprechenden Formen des Denkens, Fühlens und Handelns.

Bis vor wenigen Jahren noch war ich davon überzeugt, dass wir die nächsten Entwicklungsschritte zu diesem Ziel nur gemeinsam – also als Mann und Frau – gehen können. Mein eigenes Leben lehrte mich jedoch überraschenderweise etwas anderes. Vor einigen Jahren durchlebte ich Tage, an denen ich am Morgen kaum aus dem Bett kam; nicht etwa, weil ich zu wenig geschlafen hatte, sondern wegen heftiger Schmerzen in der linken Hüfte, die mich in eben jener Bewegung lähmten, um vom Bett sitzend ins Stehen und Gehen zu kommen. Mal waren die Schmerzen da, dann verschwanden sie wieder, um später umso heftiger wieder aufzutauchen. Zu dieser Zeit war ich Leiterin des Lassalle-Instituts, einer Institution, in der Trainingsprogramme für Führungskräfte auf der Grundlage eines holistischen Ansatzes entwickelt und angeboten, angehende Führungskräfte besonders gefördert und Forschungsarbeiten zu Fragen der Ethik in Wirtschaft und Politik durchgeführt und publiziert wurden. Die Gründer des Instituts, Pia Gyger und Niklaus Brantschen, initiierten in jener Zeit ein neues Projekt, das spirituell-politische Jerusalem-Friedensprojekt. Mir selbst machte die Arbeit viel Freude, ich war voller Elan, hatte viele Ideen, war nur eben etwas abgebremst durch dieses lästige Körpersymptom. Noch waren meine Fragen nach den Ursachen des Schmerzes nicht wirklich belastend und bedrängend.

Unterdrückte Weiblichkeit


Erst als der stechende Schmerz sich auch beim Gehen meldete, und zwar dann, wenn ich mit dem rechten Fuß einen Schritt nach vorn setzen wollte, wurde ich zunehmend unruhiger. Angst vor einer möglichen schweren Krankheit schlich sich in mein Tagesbewusstsein ein. Anti-Schmerz-Salben halfen nichts, der Schmerz saß tiefer und war auch durch Massage nicht erreichbar. Endlich war ich so weit. Ich wollte Klarheit. Als Erstes ließ ich mir einen Termin bei der Frauenärztin geben. Mit Erleichterung nahm ich die positiven Untersuchungsergebnisse auf. Doch die stechenden Schmerzen blieben, kamen und gingen. Und noch immer konnte ich keinen Zusammenhang zu meinem Alltag herstellen.

Mein zweiter Arztbesuch führte mich zu einer besonderen Frau. Sie bietet neben der klassischen Medizin auch alternative Behandlungsformen an. Sie hat zudem ein vollständiges Psychologiestudium abgeschlossen und geht wie ich den Weg des Zen. Von ihr wollte ich mich an einen Facharzt überweisen lassen. Doch zunächst schilderte ich ihr meine Leidensgeschichte. Sie hörte mir wie immer geduldig zu und verstand sofort meinen Wunsch nach fachkundiger Abklärung. Trotzdem machte sie mir das Angebot, mich zunächst selbst zu untersuchen. Sie begann damit, mir Fragen zu stellen. Fragen, die mich nachdenklich machten: „Was beschäftigt dich am meisten? In welchen Situationen fühlst du dich angespannt? Wann fühlst du dich unwohl in deiner Haut?“ So erzählte ich ihr, dass ich mich in meinem Berufsalltag häufig in patriarchalen Strukturen bewege und oft die einzige Frau unter Männern sei. Mit einer liebevollen, klaren Stimme stellte sie schon nach kurzer Zeit eine Diagnose, die mir unter die Haut ging. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei keine weitere medizinische Untersuchung notwendig, vielmehr müsse ich versuchen, meine Haltung zu ändern. Ich sei zu angepasst, zu sehr verhaftet im männlichen Erfolgsmodell. Schlimmer noch: Wenn ich männliches Verhalten kopiere, könne ich den Männern kein wirkliches Gegenüber sein. Indem ich mich mit den männlichen Verhaltensweisen identifiziere, untermauere ich sogar mit diesem Verlust der Weiblichkeit die Höherstellung des männlichen Prinzips über das weibliche. Ich war schockiert, und in meinem Kopf sprach es von alleine weiter. Ich dachte an all die Bewertungen, die ich selbst so gut kannte: Lieb-Frau, Amazone, Mann-Frau, Macher-Frau, Eva-Weibchen … Etwas hilflos bat ich um Rat. Sie schlug mir vor, nach der Energie zu suchen, die mir in den Männerkreisen fehle, und diese dann in mir selbst zu aktivieren. Wenn diese „Medizin“ keinen Erfolg haben sollte, könne sie mich immer noch an einen qualifizierten Kollegen überweisen. Diesen Ratschlag nahm ich an und verabschiedete mich. Schon an der Tür wusste ich, wonach ich suchen musste: nach der Liebe zum Leben. Bereits die kleinen Buben werden darin geschult, zu gewinnen und zu siegen. Wenn sie größer werden, finden sie sich nicht selten im Haifischbecken wieder, wo der gewinnt, der andere verletzen kann und Rivalen auf dem Weg zu Ruhm, Status und Geld auszuschalten vermag. Im Kampfmodus gefangen bleibt die Liebe zum Leben auf der Strecke.

So begann ich die Poren meines Körpers für die Liebe zum Leben zu öffnen, atmete Liebe zum Leben ein und aus. Ferientage lagen vor mir. Ich war gewillt zu üben, zu üben, zu üben … Doch in den ersten Tagen flutete ein Meer an Schmerzen in mein Becken. War es so etwas wie eine homöopathische Erstreaktion oder mehr? Ich blieb unbeirrt bei meiner Atemübung: Liebe zum Leben im Ein- und Ausatmen. Zu meiner Überraschung war plötzlich alles vorbei: So heftig wie der Schmerz gekommen war, ging er wieder weg. Nur selten meldeten sich die Schmerzen in den folgenden Monaten zurück. Damit hatte ich die Bestätigung, was mir gefehlt hatte: Liebe zum Leben.

Später habe ich mit anderen Frauen über...