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Perry Rhodan-Paket 56: Das Atopische Tribunal (Teil 2) - Perry Rhodan-Heftromane 2750 bis 2799

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2015

ISBN 9783845329956 , 3000 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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59,99 EUR


 

1.


An Bord der BOX-33781

8. November 1516 NGZ

 

Iblan Goster betrachtete das irrwitzige Ballett am Rand des Sonnensystems. Es war ein stiller Tanz mit Raumschiffen und Waffen, mit wahnsinnigen Geschwindigkeiten und Beschleunigungen.

Die Schiffe der Menschen rasten mit halber Lichtgeschwindigkeit dahin, alle technischen Geräte aufs Höchste ausgereizt, jederzeit bereit, in den Hyperraum zu springen. Ihre Geschütze waren feuerbereit, die Schutzschirme flammten.

Der terranische Verbindungsoffizier saß wie erstarrt vor dem Holo. Sein Blick sog sich an der Bewegung der Raumschiffe fest, die in der dreidimensionalen Darstellung wie winzige Kugeln wirkten, wie Spielzeuge, die er mit einem Fingerschnippen bewegen konnte. Er sah die Pulks der Terraner, und er erblickte in relativer Nähe die Cluster der Onryonen, die in den letzten Wochen Tausende von Schiffen aufgeboten hatten, um die Heimat der Menschheit zu belagern.

»Was würde jetzt Perry Rhodan tun?«, fragte er sich halblaut. Aber Rhodan war weit weg, vielleicht in Gefangenschaft, vielleicht auf der Flucht.

Goster spürte, wie sich Schweißtropfen auf seiner Stirn bildeten und über sein Gesicht hinabflossen. Sie brannten in seinen Augen. Obwohl seine Ausbildung ihn auf so eine Situation vorbereitet hatte und ihm klar gewesen war, dass sich solch ein Einsatz früher oder später nicht mehr vermeiden ließ, hatte er Angst. Und mit jeder Minute, die verstrich, wurde diese Angst stärker.

Er fühlte sich nicht sicher. Nicht an Bord des Fragmentraumers, erst recht nicht in dieser Umgebung.

Die BOX-33781 war eigentlich ein zuverlässiges Schiff. Ein großes Schiff, das sich durchaus mit einer LFT-BOX vergleichen ließ, einem Omni-Ultraschlachtschiff der QUASAR-Klasse für multiplen Einsatz. Die Posbi-Raumer bildeten mit etwa 400.000 Einheiten das Hauptkontingent der Galaktischen Kampfflotte.

400.000 Schiffe! Eine Streitmacht mit einer unglaublichen Vernichtungskraft.

Aber die BOX war auch ein unheimliches Schiff, zumindest für einen Menschen – ein bizarrer Würfel mit 3000 Metern Kantenlänge und zahllosen Auswüchsen und Aufbauten, mit Türmchen, Auslegern, schwenkbaren Antennen, asymmetrischen Plattformen und Kuppeln.

»Eine solche BOX ist auch nicht für Menschen gedacht, sondern für Posbis«, murmelte Goster. Humanoide Sauerstoffatmer fühlten sich an Bord eines solchen Schiffes unwillkürlich fehl am Platz. Wenn Iblan Goster die Zentrale der BOX verließ, musste er den SERUN schließen. Außerhalb dieses eng begrenzten Raums gab es keine für ihn atembare Atmosphäre, keine hinreichende Wärme, keinen akzeptablen Druck. Es wunderte ihn, dass die Posbis das Herz der BOX mit Sauerstoff geflutet und geheizt hatten, um einigermaßen annehmbare Bedingungen für ihn zu schaffen. Sie hatten am Rand der Zentrale eigens für ihn einen kleinen Raum eingerichtet, mit einem Bett, auf dem er schlafen, und einer Nasszelle, in der er seine Notdurft verrichten und sich frisch machen konnte.

Noch unsicherer kam ihm die Umgebung vor, zumindest unter diesen Umständen. Der Fragmentraumer hielt sich an der Peripherie des Solsystems auf, außerhalb des Kristallschirms, der die acht Planeten und ihre Sonne vor dem Zugriff der Onryonen schützte. Um den Schirm hatten sich zwölf Onryonen-Cluster mit jeweils etwa 5000 Raumschiffen postiert.

60.000 Schiffe, die den systemumspannenden Schutzschirm aber nicht angriffen.

Goster hatte trotz der immensen Entfernungen zwischen den Clustern den Eindruck, dass sich mindestens eine dieser Schiffsballungen in Kernschussweite zur BOX-33781 befand.

Auch zahlreiche Schiffe der Galaktiker hatten außerhalb des Kristallschirms Position bezogen. Weit gefächert, um nicht so leicht angegriffen werden zu können, und bereit, jeden Augenblick die Flucht zu ergreifen. Sie führten diesen stummen Tanz auf, den er beobachtete, dieses irrwitzige Ballett, das von ihren Positroniken perfekt inszeniert wurde.

Die Einheiten der Onryonen hingegen hielten sich zurück. Sie blieben auf ihren Positionen, fast unbewegt, mit einer stoischen Ruhe, die Gosters letzte Hoffnung war. Sobald sie den Fehdehandschuh aufnähmen, sich entschlössen, den Tanz der terranischen Einheiten nicht mehr zu dulden, würde eine schreckliche Raumschlacht entbrennen.

Aber noch verzichteten sie auf direkte Feindseligkeiten, und die LFT-Einheiten taten es ihnen gleich. Es herrschte auf beiden Seiten eine Art gespanntes Abwarten, eine Spannung, die sich beim geringsten Zwischenfall in Gewalt entladen konnte.

In der Tat ließen die Onryonen die meisten Raumschiffe, die ins Solsystem einflogen oder es verließen, völlig unbehelligt. Das galt vor allem für die Einheiten aus dem Arkon-System, von denen Tag für Tag etliche eintrafen. Die Arkoniden mussten notgedrungen ihre Heimat verlassen, das Baag-System, wie die Onryonen es nun nannten. Viele zog es nach Terra, genauer nach Neu-Atlantis.

Es war undenkbar, dass die Onryonen diese Schiffe angriffen. Sie hatten diesen Exodus befohlen. Wenn sie nun Auswandererschiffe angriffen, würde ein Aufschrei durch die Milchstraße gehen. Die Stimmung würde sich dann unwiderruflich gegen die Onryonen richten. Sie wollten die Atopische Ordo durchsetzen, in der die künftige Aufteilung der Milchstraße festgelegt worden war. Die Arkoniden befolgten lediglich die Anweisungen der neuen Macht in der Heimatgalaxis. Wenn sie nun Schiffe angriffen, die auf ihr Geheiß unterwegs waren ...

Undenkbar, dachte Goster.

Die ständige Anspannung ließ seinen Magen revoltieren. Der Terraner hatte das Gefühl, dass Bauch und Gedärme sich zu einem kleinen Ball zusammengezogen hatten, der sich in unregelmäßigen Abständen sprunghaft ausdehnte. Dann wurde jedes Mal Magensäure die Speiseröhre hinaufgepumpt. Der SERUN reagierte zwar schnell auf die starken Anfälle von Sodbrennen, doch irgendwie bekam er sie mit seiner Medikation nicht in den Griff.

Das war dem SERUN in all den Jahren nicht gelungen, die Goster schon als Verbindungsoffizier zu den Posbis tätig war. Wie lange war es her, dass er sich für diese Aufgabe freiwillig gemeldet hatte? Damals war ihm das neue Betätigungsfeld sehr attraktiv vorgekommen. Kampfeinsätze waren selten, die Flotte der Posbis mit etwa 400.000 Schiffen riesig. Es war ihm unwahrscheinlich erschienen, jemals in ein Gefecht zu geraten.

Damals hatten allerdings keine Onryonen das Solsystem belagert.

»Keine Gefahr«, murmelte Goster vor sich hin. »Es besteht keine Gefahr.«

Toellner-828 drehte den Kopf, der auf einem 25 Zentimeter langen, biegsamen Hals aus golden schimmernden Metallgliedern saß, in seine Richtung. »Wie meinen?«, fragte der Posbi, der sich als Sprecher des Plasmakommandanten vorgestellt hatte.

»Nichts«, sagte Goster peinlich berührt. »Ich führe Selbstgespräche. Terraner tun das manchmal.«

»Ist bekannt.« Der Posbi drehte den Kopf zurück zu den Holos. Seinen Körper bildete ein knapp einen Meter großes Ei, das etwa einen halben Meter über dem Boden schwebte. Sechs unterschiedlich geformte Tentakel aus goldfarbenem Metall entsprossen ihm.

Goster hatte sich noch keine Meinung gebildet, welchem Zweck sie dienten. Er schaute ebenfalls zu den Holos, die eigens für ihn geschaffen, aber in einer für ihn völlig verwirrenden Anordnung in der großen Zentrale angebracht waren. Manche bildeten sich mehrere Meter voneinander entfernt, andere hingegen überlappten einander, doch nur, bis er genauer hinsah. Dann wiederum schienen sie deutlich voneinander getrennt gebildet worden zu sein.

Es war verwirrend und für seine Sinne nicht genau erfassbar. Doch die Posbis hatten nicht die geringsten Schwierigkeiten damit. Vielleicht, weil sie die relevanten Daten sowieso über Funk austauschten.

Etwa dreißig Posbis hielten sich in dem großen Raum auf. Keiner sah aus wie der andere. Ihre Körper waren rein zweckmäßig gestaltet, nicht nach ästhetischen Merkmalen.

Goster fiel etwas in den Holos auf. »Siehst du? Es passiert schon wieder.«

»Ich bestätige deine Beobachtung.«

Mehrere Dutzend Onryonenschiffe traten soeben in der Nähe des Clusters, in dessen Kernschussweite sich die BOX-33781 befand, aus dem Linearraum. Sie bremsten ab. Die Nahortungsinstrumente der BOX erfassten sie jedoch und verfolgten sie weiterhin, auch wenn sie sich mit beträchtlicher Geschwindigkeit von dem Posbiraumer entfernten.

Iblan Goster verfolgte gespannt, wie sämtliche Onryonenschiffe Linearraumtorpedos entluden. Es mussten Hunderte sein. Die Ortungsgeräte der BOX kamen mit dem Zählen kaum nach, die Zahlen in den Datenholos nahmen zu.

Kaum hatten die Onryonenraumer ihre Ware ausgeschleust, beschleunigten die Torpedos und traten in den Linearraum ein. Auch die Raumschiffe gingen wieder in den Überlichtflug.

Es war nicht das erste Mal, dass Goster diesen Vorgang beobachtete. Er hatte sich in den letzten Stunden etliche Male wiederholt. Etwas dagegen unternehmen konnte keine der LFT-Einheiten. Die Operationen der Onryonen erfolgten zu schnell, um wirksam eingreifen zu können.

»Es ist genug«, sagte Toellner-828. »Wir handeln nun.«

»Und wie?«, fragte Goster.

 

*

 

Weitere Onryonenschiffe tauchten im Normalraum auf und entluden ebenfalls Linearraumtorpedos. Toellner-828 ordnete umgehend an, dass die Beiboote sich von dem Fragmentraumer trennten und Fahrt aufnahmen.

Goster beobachtete, wie die Beiboote sich von der BOX-33781 entfernten. Es waren insgesamt zehn jeweils grob würfelförmige Einheiten mit 150 Metern Kantenlänge. 600 von ihnen waren gleichmäßig an die Außenseiten des Fragmentraumers angekoppelt, pro Seite also 100....