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Liebeslust - Unverschämt und echt genießen

Veronika Schmidt

 

Verlag SCM Hänssler im SCM-Verlag, 2016

ISBN 9783775173018 , 272 Seiten

2. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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15,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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MEINE EIGENE GESCHICHTE


Mein Mann und ich, wir waren jung, als wir heirateten. 22 und 24 Jahre alt. Das war ein Jahr vor Abschluss des Studiums als Sozialpädagogen. Damals waren Hochzeiten weniger pompös als heute, und wir waren mit unserer Studentenhochzeit ganz zufrieden. Die Institution Ehevorbereitung gab es ebenso wenig wie Fragen oder Antworten zum Thema Sex.

Es gab kein Internet und nur wenige hilfreiche Bücher, zumindest auf dem christlichen Buchmarkt. Aber auch die Keuschheitsbewegung, die Anfang der 90er-Jahre aus den USA zu uns herüberschwappte, war noch nicht in Sicht. Sex war einfach kein großes Thema. Das altmodische Ehebuch, welches uns meine Tante, eine Pfarrfrau, zur Hochzeit schenkte, sorgte bei uns immerhin für einige Heiterkeit.

Rückblickend bin ich einfach von Herzen dankbar für unser beider neugieriges und experimentierfreudiges Wesen. Mein allergrößter Dank gilt aber unserem verstorbenen freudianischen Psychotherapeuten und Supervisor in unserer ersten Aufgabe als Pflegeeltern. Die vielen »sexologischen« Gespräche, die wir mit ihm geführt haben, und seine Literaturtipps haben uns sehr geprägt.

Wenn es eine Beobachtung gibt, die wir im Laufe der Jahre über die Menschen gemacht haben und die sich nie verändert hat, dann ist es diese:

Wir alle wünschen uns tollen Sex, ein ausgefülltes Liebesleben und eine aufregende Partnerschaft.

Darin sind wir Christen nicht anders als alle Menschen auf der Welt. Doch tun sich Christen viel schwerer damit, diesen Wunsch zu leben. Das haben wir auch beobachtet. Warum ist das so? Warum werten wir gerade in christlichen Kreisen Leben und Lieben der Geschlechter so tief ab und stellen alles unter den Verdacht der Unkeuschheit? Was läuft falsch, dass so viele christliche Ehen in der Sexualität und manchmal überhaupt unglücklich sind?

Jörg Zink, ein deutscher evangelischer Theologe, sagt in seinem Buch Was bleibt, stiften die Liebenden: »Das Liebesspiel ist uns gegeben, damit wir in der Liebe glücklich seien.«1

Dieses Buch hat mir mein Mann vor über 30 Jahren in unserer Kennenlernzeit geschenkt, und wir haben es uns gegenseitig vorgelesen. Es zeigt zwei Wege für ein Liebespaar: Als Paar in die Welt hinauszugehen und zu suchen, was Gott für uns hat. Und einen Weg nach innen zu gehen, wo wir entdecken, wer Gott in uns ist, wer wir selbst sind, wer wir als Paar sein können. In diesem Buch wird das Hohelied Salomos aus der Bibel in dichterischer Weise aufgenommen und für Liebende gedeutet. Die Auslegung dieser poetischen Texte war damals für uns eine Offenbarung darüber, wie Gott Sexualität und Paarbeziehung gemeint haben könnte.

»Die Welt ist groß. Geh deinen Weg mit kräftigen Schritten. Weite dich. Dehne dich aus. Sei nicht zufrieden mit dem, was du bist und was du kannst. Aber dein Heil ist nicht außen allein. Nimm auch den anderen Weg unter die Füße: den nach innen. Suche mit aller Klarheit deines Geistes nach Wahrheit. Es geht um deine Seele und Gott. Um Gott und deine Seele. Und wenn du ein Liebender bist an der Seite eines Geliebten, dann geh beide Wege gemeinsam mit ihm.«2

Jörg Zink

Wir waren und sind ein Paar, das nicht mit dem zufrieden ist, was uns gesagt wurde. Wir wollten die Wahrheit wissen. Unsere Wahrheit, die wir glaubten, von Gott für uns offenbart zu bekommen. So machten wir uns auf den Weg, gemeinsam unsere eigene Welt zu erobern, um ein gemeinsames Leben zu finden, inklusive der Sexualität und des Liebeslebens.

»Du traust dir zu, die Welt zu erobern. Du hast den Mut, dich zu zeigen. Du nimmst dein Recht wahr. Du findest deine Gestalt und dein Werk. Die Welt hat Raum, und du nimmst Raum in Anspruch. Du willst wachsen und wirken. Du bewährst dich in verantwortlichem Tun. Du wagst die Auseinandersetzung, die fruchtbare Begegnung, aber auch den Konflikt.«3

Jörg Zink

Dieses Vermächtnis will ich der Generation meiner Kinder mitgeben. Sie ermutigen, es uns gleichzutun, sich ihr eigenes Heim zu bauen, zu ihrer eigenen Familie zu werden, ihre eigenen Freundschaften zu schließen, die äußere und ihre innere Welt zu durchwandern und sich aus dem Bann ihres Elternhauses zu lösen und als Liebespaar ihre eigene Gemeinschaft und ihre eigene kleine Welt zu gestalten.4 Sich aus dem Bann des Elternhauses lösen – was kann das heißen? Aus was für einem Bann sollen wir uns lösen? Zum Beispiel aus dem Bann einer großen Sprachlosigkeit zu heiklen Themen, die aber das ganz praktische Zusammenleben von Paaren und Familien existenziell bedrohen, wenn wir keine Worte dafür finden. Manche von uns sind in einer Atmosphäre groß geworden, in der zum Thema Sex eine große Sprachlosigkeit herrschte. Gerade im Umfeld christlicher Gemeinden begegnet mir dies immer wieder. Da wollten Eltern, Familien und Gemeindemitarbeiter das Beste für uns und haben uns sehr wohlmeinend gute Grenzen für das Ausleben von Sexualität aufzeigen wollen. Doch allzu oft haben ihnen die Worte dafür gefehlt, uns dabei trotzdem zu vermitteln, dass Sexualität etwas sehr Schönes und von Gott Gewolltes ist. Diese Sprachlosigkeit zum Thema Sex hat geprägt und setzt sich oft bis in die Ehen hinein fort. Paare, denen die Freiheit und die Offenheit fehlt, über Sex zu reden, oder die im Innern von einer falschen Scham geprägt sind, sind oft nicht frei, echte Leidenschaft in ihrem Sexleben zu empfinden.

Doch es geht nicht nur um Sex. Es geht auch um Liebe. Im Sex erleben wir nicht nur Lust, sondern suchen darin vor allem Zugehörigkeit zu einem uns liebenden Menschen, der uns annimmt, uns will, uns gut findet und bei dem wir uns wohlfühlen. Sex hat das Potenzial, diese Liebe lebendig zu erhalten. Ohne Sex steigt die Gefahr, dass die Liebe sich verabschiedet und die Nähe verloren geht.

Im Hohelied der Bibel finden wir eine wunderbare Sex-Sprache. »Ich staune über diese Lieder. Tausend Jahre vor Christus schon wurden sie gesungen. Ich staune über die bezaubernde Freiheit dieser Liebe. Da sind junge Menschen, die einander lieben, die einander liebkosen, die nach Plätzen suchen, in den Weinbergen, unter den Zypressen oder im Garten, wo sie ungestört sind mit ihrer Seligkeit«5 (Jörg Zink).

Was ich der Generation meiner Kinder auch mitgebe, ist, dass Liebe noch etwas mehr braucht: eine gemeinsame Geschichte. Wir sollen nicht nur eine eigene Welt gestalten, sondern auch eine gemeinsame Geschichte als Paar entwickeln. Eine Geschichte, die wir uns ein Leben lang erzählen können und die zu uns gehört, wie es Eva Illouz ausdrückt: »die Geschichte der Liebe, die sich ein Paar erzählt, vom Anfang, seinen gemeinsamen Erfahrungen, seiner Moral. Die gute Geschichte zwischen zwei Menschen. Daran muss man glauben.«6 Eva Illouz ist Professorin für Soziologie und Anthropologie in Jerusalem. Sie vergleicht Liebe mit Glauben und sagt: »Liebe ist religiösem Glauben ähnlich: Jemanden zu lieben heißt, an etwas zu glauben, was er repräsentiert. Ich liebe, solange ich daran glaube, dass diese Person etwas darstellt, was mir wichtig ist: ihre Güte, ihre Integrität oder ihre Liebe. Irgendwann hören die Menschen auf, an diese spezifische Liebesgeschichte zu glauben, und denken: Ich glaub nicht mehr daran, dass du dieser großartige Mensch bist, besser als all die anderen; ich glaub nicht mehr, dass unsere Geschichte einzigartig ist; ich seh überall Leute mit besseren Geschichten. Sich zu entlieben heißt, aufzuhören, an den zu glauben, der Geliebter sein wollte.«7 Daran wollten mein Mann und ich unbedingt glauben, dass der andere Geliebter sein und bleiben wollte. Auch Sex-Geliebter. Und wir wollten entdecken, wie Gott es gemeint hat, dass es möglich ist, dass ein Paar gleichberechtigt zusammen und auf gleicher Augenhöhe leben kann. Und das ein ganzes Leben lang.

Lass mich deinem Herzen nahe sein, so wie der Siegelring auf deiner Brust. Ich möchte einzigartig für dich bleiben, so wie der Siegelreif um deinen Arm. Unüberwindlich wie der Tod, so ist die Liebe, und ihre Leidenschaft so unentrinnbar wie das Totenreich! Wen die Liebe erfasst hat, der kennt ihr Feuer: Sie ist eine Flamme Gottes!

Hoheslied 8,6; HFA

Ich habe selbst erfahren, dass es nichts an mir gibt, das Gott mehr oder weniger lieben würde. Geist, Seele und Körper sind eine Einheit. Gott liebt meinen Geist nicht mehr als meinen Körper. Und ich habe für mich gelernt, dass diese Einheit üben kann, Sex genussvoll zu gestalten und Liebende oder Liebender sein zu wollen. Theodor Fontane fordert uns sogar heraus, zu überdenken, ob nicht sogar Glücklichsein eingeübt werden kann, und die Erfahrung in der Paarberatung lässt mich ihm Recht geben: »Vielleicht kann man glücklich sein, wenn man glücklich sein will, und ich hab’ einmal gelesen, man könnte das Glück auch lernen.«8

Darum ist dieses Buch ein Wissensbuch, wie Sex und Lieben geht. Sex und Lieben aus Sicht der Bibel, aus meiner Sicht als Sexualberaterin, unter Einbezug des Glaubens, Wissens, Denkens, Fühlens, Handelns und aller Sinne.

Komm, mein Geliebter, wir wollen aufs Feld hinausgehen und die Nacht zwischen wilden Blumen verbringen. Lass uns früh am Morgen hinaus in die Weinberge gehen. Lass uns nachsehen, ob die Weinstöcke bereits treiben, die Knospen sich öffnen und die Granatapfelbäume blühen. Dort...