dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Meine ungezähmte Highland-Braut

Lynsay Sands

 

Verlag LYX, 2016

ISBN 9783736302082 , 372 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

9,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

Prolog


Kaum dass Saidh ihre Röcke gerafft und sich hingehockt hatte, hörte sie den Schrei, den gellenden Schrei eines Menschen in Todesangst. Entsetzt richtete sie sich auf, und Kälte kroch ihr Rückgrat entlang. Sie ließ ihren Rock sinken und lauschte. Sie hörte nichts. Keine hastigen, sich entfernenden Schritte, keine Kampfgeräusche, nichts, das einen Hinweis darauf hätte geben können, was geschehen war. Dann vernahm sie ein hohes Wehklagen, das zu einem Schluchzen wurde.

Fluchend zog Saidh das Schwert, das sie in einer Scheide an ihrer Taille trug, und hastete durch den Wald, folgte dem Klang dieses herzzerreißenden Schluchzens. Sie erkannte es jetzt, wusste, woher es kam. Genau so ein Schluchzen hatte sie in der Nacht zuvor in Fraser Castle gehört, und es war aus dem Zimmer neben ihrem gekommen. Aus dem Schlafgemach des Burgherrn, in das man das Brautpaar nach dem Festmahl geführt hatte, um die Zeremonie des Beischlafs durchzuführen.

Ein Zweig peitschte Saidh ins Gesicht, und sie verscheuchte alle Gedanken an die letzte Nacht, konzentrierte sich stattdessen darauf, die kleine Lichtung zu erreichen, auf der sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Saidh hatte sich ziemlich weit davon entfernt, um ungestört ihre Notdurft verrichten zu können. Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, sich zu diesem Zweck ein gutes Stück vom Lagerplatz wegzubegeben, denn ihr blieb im Grunde genommen auch gar nichts anderes übrig, wenn sie verhindern wollte, dass einer ihrer Brüder sie überraschte, während sie sich erleichterte, um sie zu erschrecken oder in Verlegenheit zu bringen. Dieses Spiel hatten sie früher häufig genug mit ihr getrieben, und sie hatte ihre Lehren daraus gezogen. Immerhin hatte sie ihnen diese Nettigkeit auch ein- oder zweimal zurückgezahlt. Als einziges Mädchen der Buchanan-Sippe und mit sieben Brüdern hatte sie früh gelernt, sich zu verteidigen. Hätte sie das nicht getan, wäre ihr nur eines geblieben: ein plärrendes, jammerndes kleines Mädchen zu werden, das ständig zu Mama lief und seine Brüder verpetzte. Und das war nie Saidhs Art gewesen. Jetzt war sie sechzehn und konnte genauso gut austeilen wie einstecken, womit sie sich sowohl die Liebe wie den Respekt ihrer Brüder verdient hatte.

Saidhs Gedankenstrom brach abrupt ab, als sie die kleine Lichtung erreichte. Sie wurde von hohen, stattlichen Bäumen umgeben, und der Waldboden war mit violetten Blumen übersät. Doch es war nicht dieses zauberhafte Bild, das Saidh den Atem stocken ließ. Es war vielmehr der Anblick ihrer Kusine Fenella, die schluchzend neben ihrem Ehemann kauerte, der lang hingestreckt dalag. Die dunklen Haare hingen ihr wirr ins Gesicht, ihr Kleid war zerfetzt, und in der Hand hielt sie ein blutverschmiertes Messer.

»Fenella?«, keuchte Saidh, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte. »Was ist passiert?«

Ihre Kusine hob den Kopf und blickte in ihre Richtung. Ohne irgendein Anzeichen, dass sie Saidh erkannte, weinte sie noch heftiger. Sie schüttelte den Kopf, ehe sie ihn wieder sinken ließ.

Stirnrunzelnd schob Saidh ihr Schwert zurück in die Scheide und hockte sich hin, um Hammish zu untersuchen. Auf seiner Brust war ein großer Blutfleck mit einem Loch in der Mitte. Es sah nicht so aus, als würde er noch atmen. Saidh presste die Lippen zusammen und wandte sich an ihre Kusine, die sich das Messer widerstandslos aus den Händen nehmen ließ. Saidh zögerte einen Moment, packte Fenella dann an den Schultern und schüttelte sie sanft. »Was ist geschehen?«

Sie hoffte, dass Fenella berichten würde, sie wären von Banditen überfallen worden oder etwas Ähnliches. Aber Fenella schniefte jämmerlich und schluchzte: »Ich habe ihn getötet.«

»Gütiger Gott«, flüsterte Saidh. Sie ließ ihre Kusine los, richtete sich auf und sah sich hilflos auf der Lichtung um.

»Ich wollte es nicht«, schluchzte Fenella. »Ich konnte es nur nicht ertragen, dass er mich wieder vergewaltigt.«

Saidh sah sie stirnrunzelnd an. »Dich wieder vergewaltigt? Du bist verheiratet, Fenella. Er war dein Gemahl. Er –«

»Er war ein grausamer, herzloser Mistkerl, der mir die ganze Nacht wehgetan und mich gedemütigt hat«, entgegnete Fenella verbittert. »Ich war wund und aufgerissen, als er endlich mit mir fertig war, und habe schlimmer geblutet als während meines monatlichen Unwohlseins.« Ihr Blick wanderte zu dem Toten »Das war schon schlimm genug, aber ich hätte es aushalten können, ich hätte es wirklich ausgehalten.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, senkte den Kopf und flüsterte: »Aber dann hat er mich umgedreht und mich auf unnatürliche Weise genommen, auf eine Weise, die sogar noch schmerzhafter war.« Sie hob wieder den Kopf. Ihre Augen waren jetzt groß und rund, und in ihrem Blick lag eine Mischung aus Entsetzen und Flehen, als sie hinzufügte: »Und er wollte es wieder tun, hier im Wald, wie ein Tier.« Sie schaute auf den Leichnam ihres Mannes, und in ihrer Stimme schwang ihr ganzes Elend mit: »Ich konnte es nicht zulassen. Ich konnte es einfach nicht ertragen, und als ich dann den Dolch an seinem Gürtel gespürt habe – ich habe nicht nachgedacht, ich …« Sie stöhnte erbarmungswürdig, senkte den Kopf wieder. »Ich habe danach gegriffen und –«

Als sie zu sprechen aufhörte und kläglich den Kopf schüttelte, musterte Saidh erneut den Toten. Sie glaubte, was Fenella gesagt hatte. Nach dem, was sie in der Nacht zuvor auf dem Weg zu ihrem Zimmer gehört hatte, war es unmöglich, es nicht zu tun. Saidh selbst war zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich angeschlagen gewesen. Ihr Bruder Rory hatte sie nach dem Hochzeitsmahl zu einem Wettsaufen verführt. Eigentlich machte sie sich nicht viel aus Bier und Whisky, und das wusste ihr Bruder auch. Allerdings hatte sie auch noch nie einer Herausforderung widerstehen können, ganz besonders nicht, wenn sie mit Aussagen wie »Du hast doch etwa keine Angst, oder?« oder »Ah, du hättest sowieso verloren, da du ein Mädchen bist« verbunden war. Beide Sätze hatte er ihr in der Nacht zuvor an den Kopf geworfen, als er anscheinend beschlossen hatte, dass es Spaß machen würde, sie unter den Tisch zu trinken.

Er hatte verloren. Saidh hatte auf ihrem Platz hin- und hergeschwankt, aber sie hatte immer noch aufrecht gesessen, als Rory von der Bank gerutscht und unter dem Tisch liegen geblieben war. Sie erinnerte sich vage daran, wie die anderen vor Begeisterung gegrölt und sie beglückwünscht hatten, während sie sich auf die Beine gekämpft hatte und vom Tisch weggetorkelt war. Sie wollte nur noch in ihr Zimmer, bevor auch sie Opfer des Trinkgelages werden würde. Ihre Wahrnehmung hatte sich jedoch für einige Momente geklärt, als sie den oberen Treppenabsatz erreicht hatte. Das Gelächter, die fröhlichen Stimmen und die Musik waren hier oben nur noch ein gedämpftes Geräuschgewirr, deshalb hatte Saidh die Schreie einer Frau deutlich hören können.

Stirnrunzelnd war sie ihnen gefolgt und den Korridor entlanggestolpert, bestrebt, der Frau – wer auch immer es war – zu helfen. Ihre Schritte waren langsamer geworden, und schließlich war sie stehen geblieben, als sie die Tür erreicht hatte. So betrunken sie auch sein mochte, entging ihr doch nicht, dass sie sich vor dem Brautzimmer befand.

Sie schluckte angestrengt, damit ihr der Alkohol nicht hochkam, der in ihrem Magen rumorte, und zögerte. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie hatte gehört, dass der Beischlaf beim ersten Mal schmerzhaft sein konnte, aber die Schreie, die von der anderen Seite der Tür kamen, zeugten von großen Qualen. So schmerzhaft konnte es doch gewiss nicht sein? Es klang, als würde Hammish der armen Fenella ans Leben und nicht lediglich nur die Ehe vollziehen wollen.

Saidh hatte schon eine Hand gehoben, um zu klopfen und sich zu erkundigen, ob alles in Ordnung sei, doch die Schreie hatten abrupt aufgehört.

»So«, hatte Hammish mit atemloser Befriedigung gegrunzt; seine Stimme hatte durch die Tür gedämpft geklungen. »Jetzt sind wir wirklich und wahrhaftig verheiratet. Du gehörst mir, Mädchen.«

Fenella hatte daraufhin geschnieft und etwas gemurmelt, das Zustimmung gewesen sein mochte, weshalb Saidh beruhigt weitergegangen war. Sie war froh gewesen, endlich in ihr Zimmer zu kommen, denn die Wände des Korridors hatten irgendwie angefangen, sich um sie zu drehen. Und außerdem – selbst wenn es nötig geworden wäre, hätte sie vermutlich für Fenella gar nicht viel tun können.

Dennoch hatte sie beim Öffnen ihrer Zimmertür daran denken müssen, dass Fenellas Schreie den Schluss zuließen, dass der Beischlaf doch sehr viel schmerzhafter sein musste, als sie gehört hatte, und dass man ein Mädchen wirklich davor warnen sollte. Allerdings würden die Frauen dann sehr viel weniger bereitwillig in die Ehe gehen und den Beischlaf vollziehen.

Saidh war gerade auf ihr Bett gesunken, als erneute Schreie aus dem Brautgemach an ihre Ohren drangen. Sie hatte versucht, sich aufzusetzen, aber die Bewusstlosigkeit war über sie hinweggewogt und hatte sie mit festen Händen aufs weiche Bett gedrückt.

Am nächsten Morgen nach dem Aufwachen hatte sie sogleich an die erneuten Schreie denken müssen. Umso erleichterter war sie gewesen, ihre Kusine gesund und wohlbehalten beim Morgenmahl vorzufinden. Fenella war zwar blass und still gewesen, aber als Saidh sie besorgt gefragt hatte, ob alles in Ordnung sei, hatte sie genickt. Dann war sie rot geworden und hatte den Kopf gesenkt. Und dann hatte ihr Bruder Conran nach Saidh gerufen und sie abgelenkt. Sie hatte Fenella allein gelassen und sich zu ihren Brüdern gesellt. Sie hätte ohnehin nicht viel für ihre Kusine tun können....