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Weltenträumer - Roman

Sergej Lukianenko

 

Verlag Heyne, 2009

ISBN 9783641020002 , 495 Seiten

Format ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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11,99 EUR


 

Elf (S. 228-230)

Schlaf ist die einzige Freude, die ungelegen kommen kann. Nein, das stammt nicht von Montaigne. Das habe ich mir selbst ausgedacht. Doch im Ernst, genau so ist es. Zuzugeben, dass man gern schläft, ist ja irgendwie sogar unangenehm. Tolle Beschäftigung – schlafen! Arbeiten sollte man, zum eigenen Wohl und zum Wohl des Staates. Oder ein Buch lesen, für Herz und Geist. Oder in die Disco gehen, mit einer Frau tanzen, wo der Homo sapiens nun schon mal permanent dem Geschlechtstrieb ausgesetzt ist und folglich die Balztänze der Steinböcke praktisch zu jeder Jahreszeit aufgeführt werden müssen. Schlaf! Was ist das schon?

Nonsens! Reinste Zeitverschwendung. Einen interessanten Traum hat man höchst selten, und wen interessieren heutzutage, da man sich Filme aus dem Internet herunterladen kann und Computerspiele den Markt überschwemmen, überhaupt noch Träume! Andererseits sollte man mal ein Kind, das den ganzen Tag gespielt hat, fragen, ob es schlafen wolle. Oder einen Studenten ansprechen, der gerade von einer Party zurückkommt und missmutig zu seinem Lehrbuch zur Quantenphysik hinüberstiert. Oder junge Eltern, denen die Nacht nur Geschrei aus der Wiege gebracht hat. Oder den Alten, der nicht mehr ohne Tabletten ins Bett geht.

Den Physiologieprofessor, der sein Gähnen nicht unterdrücken kann, während er detailliert über den Schlaf-Wach-Zyklus des Gehirns referiert, über die Bedeutung des Schlafs für die körperliche und geistige Gesundheit … Kurz und gut, Schlaf ist wirklich eine Wonne. Wenn man nur irgendwie auf Vorrat schlafen könnte. An langweiligen Abenden und leeren Tagen, in langen Winternächten – und diesen Schlaf in den Nächten der turbulenten Jugend, für wichtige, unter Termindruck zu erledigende Arbeiten oder interessante Gespräche zur Verfügung hätte … Ich langte nach der Kaffeekanne und goss die Reste des bereits erkalteten Kaffees samt Satz in die Tasse. Marco sah mich mitleidig an.

»Vielleicht wollen Sie erst ein wenig schlafen, Kirill?« »Gleich. Lassen Sie uns vorher nur noch einmal die Daten durchgehen. Sie schreiben das Jahr 2009 … Dem kann ein Fehler in der Berechnung zugrunde liegen … Wann wurde Rom gegründet?« »Im 8. Jahrhundert vor Christus.« »Das stimmt also.« Ich wusste nicht viele Geschichtsdaten auswendig, die meisten hatte ich nach meinem Schulabschluss sofort erfolgreich vergessen. Ein paar spukten mir aber noch im Kopf herum. »Was ist mit … Julius Cäsar?« »Ja?«, fragte Marco entgegenkommend zurück. »Was ist mit Cäsar?« »Ist er so an die fünfzig Jahre vor unserer Zeitrech… vor Christi Geburt von Brutus umgebracht worden?«

»Nein.«Marco schüttelte den Kopf. »Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, starb Cäsar bei einem Liebesspiel an einem Herzinfarkt … 24 vor Christus.« »Dann ist das der Punkt, an dem sich die Geschichte unserer Welten getrennt hat!«, stieß ich triumphierend hervor. »Das ist der übliche Irrtum eines Menschen, der versucht, die Unterschiede der einzelnen Welten im Multiversum zu begreifen.« Marco lächelte. »Nehmen wir doch mal ein Datum, das näher an unserer Zeit liegt.« »Ja, Sie haben recht …« Ich blickte auf den Band Montaigne. »Ihre Bibliothek … wenn es solche uralten, weit zurückliegenden Unterschiede zwischen den Welten gäbe …