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Der Menschenmacher - Thriller

Cody Mcfadyen

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2011

ISBN 9783838704159 , 480 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

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Kapitel 12 Auf Reisen (S. 239-240)

Charlie war aus Stein gehauen. So fühlte es sich jedenfalls an. Er hatte einen Fenstersitz an Bord der Maschine nach Denver, und er saß wie versteinert da, die Hände im Schoß verschränkt. Er sah die Nacht vorüberziehen und dachte an gar nichts. Das war die Kunst des Wartens. Es war eine Fähigkeit, die man in der Schlacht brauchte. Sie wurde nicht gelehrt, man lernte sie mit der Zeit von allein. Das Schlimmste am Kampf war nicht der Kampf selbst, sondern die Zeit davor. Die Anspannung. Die unausweichliche Angst vor dem Tod.

Sie konnte einen von innen heraus bei lebendigem Leib fressen, kleine Bissen aus Schwärze, gefüllt mit Furcht und Zweifeln, die einen zum stammelnden Idioten machten, wenn man es zuließ. Soldaten gehen unterschiedlich mit Stresssituationen um. Manche ergeben sich stumm in ihr Schicksal, manche beten, andere reißen Witze, wieder andere spielen Karten oder reden über die Frauen, mit denen sie geschlafen haben. Charlie saß still da und blieb still.

Es fiel ihm überhaupt nicht schwer. Er hatte es gelernt in den vielen Jahren des Wartens in der Kammer, des Wartens auf die sich öffnende Falltür im Boden, des Wartens auf Dad. »Ich hasse diese langen Flüge. Sie auch?«, fragte die Frau auf dem Sitz neben ihm. Charlie beachtete sie nicht und schloss die Augen, statt zu antworten. Er ignorierte auch ihr missbilligendes Schnauben, konzentrierte sich stattdessen darauf, seinen Kopf frei zu machen von sämtlichen störenden Gedanken. Warte nur, süßes Mädchen.

Du weißt, wie es geht. Sei still, tue, was sie sagen, und warte. Ich werde dich finden. Und dann töte ich sie, einen nach dem anderen. Eine Woge aus Zweifeln brandete über ihn hinweg, und für eine Millisekunde war er verunsichert. Und wenn sie schon tot ist? Charlie schob den Gedanken von sich, begrub ihn tief in seinem Innern. Wenn sie tot ist, bin ich auch tot. Dann ist die ganze Welt tot. Dann spielt nichts mehr eine Rolle. Dann werden sie erst recht sterben.

Die Woge verebbte, und er verwandelte sich wieder in Stein. Er schlief ein und träumte von Phuong. Sie sah ihm in die Augen und sang leise für ihn, ohne zu reden. Noo-ah-lay-ay, noo-ah-low … Er verstand ihre Worte, wie immer. Ich bin mein eigenes Licht, Papa, wegen dir, und ich werde auf dich warten, und wenn es im Himmel ist. Die Frau neben ihm warf einen Blick auf den unhöflichen Mann und bemerkte, dass er im Schlaf weinte. Seine Lippen waren leicht geöffnet, und er atmete tief; trotzdem strömten Tränen über seine Wangen.