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Maggie Thatchers Rosskur - Ein Rezept für Deutschland ? - Ein Essay

Dominik Geppert

 

Verlag Siedler, 2009

ISBN 9783641011413 , 129 Seiten

Format ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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12,99 EUR


 

Vom Konsens zum Konflikt (S. 59-60 ,)

Nicht nur die Union steht am Scheideweg. Auch das Regierungslager, insbesondere die Sozialdemokratie, muss sich entscheiden. Die erste Amtszeit der rot-grünen Koalition war von einem Dilemma geprägt, das seinen Ausdruck in dem ebenso erfolgreichen wie inhaltsleeren SPD-Wahlslogan vom Herbst 1998 gefunden hat: »Innovation und Gerechtigkeit «. Auf der einen Seite verdankte die Regierung ihren Wahlsieg nicht zuletzt einem verbreiteten Missmut über die schier endlose Dauer der Ära Kohl, die zunehmend als eine Periode des Stillstands und der Stagnation empfunden wurde. Auf der anderen Seite war ein großer Teil der sozialdemokratischen wie der grünen Mitglieder und Wähler am Erhalt des Status quo interessiert und blieb konservativ auf das Bewahren des Erreichten bedacht. Schon die halbherzigen, verspäteten Reformversuche in der Endphase der bürgerlichen Koalition waren vielen Deutschen als Zumutung erschienen.

Die Konsequenz aus diesem Dilemma war jene mäandernde Politik der Mitte, mit der die neue Regierung einen Spagat zwischen Erneuern und Erhalten versuchte. In ihren ersten Monaten im Amt betrieb sie eine typische sozialdemokratische Klientelpolitik. Die wenigen, zögerlichen Verbesserungen, die in der Spätphase der Ära Kohl zustande gekommen waren, wurden rückgängig gemacht, Wahlversprechen bei Rentnern, Gewerkschaften und anderen Interessengruppen eingelöst.

Dieser spätkeynesianische Kurs, der sich mit dem Namen Oskar Lafontaines verband, ließ sich nicht lange durchhalten. Geoffrey Howe, Thatchers langjähriger Schatzkanzler und Außenminister, hatte schon im Dezember 1998 prognostiziert, ihm sei nicht bange um die deutsche Wirtschaftspolitik. Die britische Labour Party habe zwei Jahrzehnte gebraucht, um ökonomisch zur Vernunft zu kommen, die französischen Sozialisten unter Mitterrand zwei Jahre. Es solle ihn nicht wundern, wenn die deutschen Sozialdemokraten nur zwei Monate benötigten.55

Tatsächlich vergingen noch vier Monate, bis der spendierfreudige Lafontaine zurücktrat, Sparkommissar Hans Eichel seinen Platz als Bundesfinanzminister einnahm und mit der Hinwendung zu einer auf langfristige Haushaltskonsolidierung angelegten Politik Profil gewann. In den folgenden Jahren konnte die Regierung Schröder einige Erfolge verbuchen. Neben Eichels Sparkurs waren dies eine Steuerreform, die vor allem von Großunternehmen begrüßt wurde, und die Einführung der »Riester-Rente«, die angesichts der demographischen Verschiebungen keine Dauerlösung darstellte, aber immerhin erstmals Elemente privater Vorsorge in das Umlageverfahren der deutschen Rentenversicherung einführte.

Liefen diese drei Projekte allesamt auf eine stillschweigende Korrektur früherer Programmaussagen der SPD hinaus, so war bei anderen Initiativen der Regierung eine klassisch sozialdemokratische Handschrift stärker sichtbar, etwa bei der Revision des Betriebsverfassungsgesetzes oder beim »Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse«, das Niedriglohnjobs sozialabgabepflichtig machte. In ihrer Addition waren all diese Maßnahmen weniger als die Summe ihrer Teile. Sie blieben Flick- und Stückwerk, fügten sich nicht zu dem Gesamtbild einer durchdachten Reformpolitik.

Wer von einem Zickzack-Kurs und einer Kultur des politischen Nachbesserns sprach, schmeichelte der Regierung noch. Tatsächlich standen etwa die Bestimmungen zur Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit von 1998 und die vom Kanzler unterstützten Vorschläge der Hartz-Kommission, so genannte Ich-AGs einzurichten und mit deren Hilfe Jobsuchende wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern, in direktem Widerspruch zueinander. Ähnliches gilt für die Haltung der SPDSpitze zum Kündigungsschutz – auch hier stehen die Versprechen aus zwei Wahlkämpfen den Forderungen der Hartz-Kommission ebenso wie denen des Wirtschaftsministers Wolfgang Clement diametral entgegen.