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Dr. Katja König - Geliebter Vater - Roman

Nicole Amrein

 

Verlag Blanvalet, 2009

ISBN 9783641014582 , 224 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,99 EUR


 

Chapter 30 (S. 136-138)

Mit nicht minderer Genugtuung beobachtete Professor Winter kurz vor Mittag, wie der Patient Rüdiger Franzen die Klinik verließ. Er tat es an zwei Krücken, seine Sporttasche hatte er kurzerhand zu einem Rucksack umfunktioniert. Damit humpelte der Student zielstrebig zur nahen Straßenbahn, vorbei an Anne Wilhelms, die ihm vergebens die Beifahrertür ihres neuen Sportwagens aufhielt. Es schien, als habe der junge Mann seine Lektion gelernt. Nichts und niemand war es wert, dafür sein eigenes Ich zu verleugnen. So etwas konnte auf Dauer nicht gutgehen, wie dies die Beziehung zwischen Ludwig Winter und seiner Ex-Frau bewiesen hatte.

Ohne die Kinder wären sie wohl keine drei Jahre zusammengeblieben. Doch irgendwann war auch der Nachwuchs erwachsen, ging seine eigenen Wege – und zurück blieben nach über zwanzig Ehejahren zwei Menschen, die sich nichts mehr zu sagen hatten. Umso mehr genoss der Professor seine zweite Ehe mit der jungen Französin. Zwischen ihnen herrschte nie bedrücktes Schweigen, sie hatten einander immer etwas mitzuteilen, waren auf eine Art seelenverwandt, so wie Ludwig Winter dies sonst nur von Bruno Bauer und Katja König kannte. Eben noch hatte er die beiden auf der Intensivstation angetroffen, am Bett von Bernd König.

Dort trafen sich die Oberärztin der Chirurgie und der Verwaltungsdirektor der Klinik zurzeit mehrmals täglich, hielten abwechslungsweise die Hand des Patienten, sprachen mit ihm, so als wäre er wach. Dabei lag Katjas Vater nach wie vor im künstlichen Koma. Dieser Zustand, vergleichbar mit einer Langzeitnarkose, ermöglichte eine maximale Schmerztherapie. Wann versucht werden konnte, den Patienten wieder ins Hier und Jetzt zurückzuholen, entschied Ludwig Winter.

Er hatte Katja König den Fall vorübergehend entzogen – eine reine Vorsichtsmaßnahme, sollte Bernd König den Schritt ins Diesseits nicht mehr schaffen. Die Oberärztin sollte dann nicht nächtelang darüber grübeln, ob sie vielleicht doch noch dieses oder jenes Medikament hätte einsetzen sollen. Besser war, der Professor handelte an ihrer Stelle und übernahm auch die Verantwortung für einen möglichen Exodus.

Denn große Überlebenschancen räumte er dem Patienten nicht ein, egal, was aus ärztlicher Sicht noch alles unternommen wurde. Die Medikamente und Maschinen konnten Bernd König nur unterstützen, ihm die Lebensgeister wieder einhauchen konnten sie nicht. Wichtig war, dass auch Katja König dies einsah und aufgrund ihrer ganz privaten Erfahrungen nun nicht die gesamte moderne Medizin in Frage stellte.

Ludwig Winter kannte seine Oberärztin, sie neigte manchmal zu Extremen. Deshalb erachtete er es als besonders wichtig, dass Dr. König ihren Dienst ganz normal absolvierte, so dass sie auch immer wieder mit positiven Krankheitsverläufen konfrontiert wurde – die ja gottlob die Regel waren. Was aber nicht hieß, dass alle Patienten so glimpflich davonkamen wie die Dame von Zimmer zwölf. Allein Katjas Hartnäckigkeit hatte sie es zu verdanken, dass ihr ein operativer Eingriff an der Wirbelsäule erspart geblieben war und sie in der Zwischenzeit als geheilt hatte entlassen werden können.