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Von Luft und Liebe - Roman

Evelyn Holst

 

Verlag Diana Verlag, 2009

ISBN 9783641018269 , 225 Seiten

Format ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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11,99 EUR


 

14 (S. 121-122)

Weihnachten stand vor der Tür, und ich hatte beschlossen, es nicht einfach ausfallen zu lassen. Ich hatte mich aufgerafft, meine Mutter angerufen und ihr alles erzählt. Sie hörte mir ruhig zu, wir weinten zusammen, sie lud mich ein, die Feiertage zu Hause zu verbringen, aber das wollte ich nicht. Ich wollte Weihnachten unbedingt mit Menschen zusammen sein, die Wolf gekannt und geliebt hatten. Deshalb hatte ich Emmi und Igor eingeladen, die Feiertage mit mir und meinem Hund zu verbringen, und die beiden hatten zugesagt, Emmi würde sogar ihre Neuanschaffung, Hundedame Fiffina, mitbringen, denn wir stellten uns vor, dass Heydu in ihrer Gegenwart vielleicht seine besten Manieren zeigen würde. Die Tage waren immer noch geprägt von meiner tiefen Trauer, die mich nie ganz verließ, aber sie war jetzt nicht mehr das einzige Gefühl, zu dem ich fähig war und das alle anderen Empfindungen rigoros verdrängte.

Mein Schmerz um Wolf war zu einer ständigen Hintergrundmusik geworden, nie verstummend, aber da waren jetzt auch heitere Töne, es gab sogar wieder Raum für Alltäglichkeiten. Ich veranstaltete einen dringend notwendigen Großputz, dann dekorierte ich alle Zimmer weihnachtlich, denn mein schwer vernachlässigter Schneemann, der mich aus seiner Ecke heraus vorwurfsvoll anblickte, sollte auch zu seinem Recht kommen. Und dann wachte ich auf, und es war Heiligabend. Ich hatte große Angst vor meinem Lieblingsfest, denn ich fürchtete, dass meine fragile Gemütslage unter dem Ansturm meiner Erinnerungen kollabieren würde, aber ich war ja nicht allein. Igor hatte in letzter Sekunde einen sehr rachitischen Tannenbaum besorgt und auch das Schmücken übernommen. Das Resultat war überraschend und, na ja, kreativ:

Er hatte seine Akupunkturnadeln zweckentfremdet und Sterne daraus gebastelt. Dazwischen hingen ein paar kleine russische Matroschkas, ein Väterchen Frost und einige Ikonenbildchen. Um sich Heydu gewogen zu machen, hatte er sogar einige Frolics in die Zweige gehängt. Dem Schneemann, der sehr konservativ war, würde ich eine extradunkle Sonnenbrille aufsetzen müssen, aber vielleicht nahm er diesen Bruch mit unseren geheiligten Familientraditionen ja mir zuliebe mit Humor. Auch das Musikprogramm wich in diesem Jahr vom Standard ab: Wolf war Opernfan gewesen, eine Leidenschaft, die wir nicht geteilt hatten, aber ihm zur Ehre hatten wir »Carmen « aufgelegt, was irgendwie überraschend gut zu Weihnachten passte.

Wahrscheinlich, weil Weihnachten das emotionalste aller Feste ist und die Musik von Carmen auch nur aus Herz und Leidenschaft zu bestehen scheint. Oder weil »Carmen« mich so an Wolf erinnerte und ich Wolf unbedingt bei mir unter dem Tannenbaum haben wollte. Dann hatten Emmi und Fiffina ihren Auftritt. Emmi war für unser Catering zuständig. Sie erschien mit einem riesigen Stapel Pappkartons in den Armen, um ihre Beine eine lange Hundeleine gewickelt, an deren Ende die winzige Chihuahuahündin hysterisch kläffend zerrte. Heydu sprang freudig an Emmi hoch, was den Turm gefährlich ins Schwanken brachte. Mir fielen ein paar heitere