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Kommissar Platow, Band 1: Sieben Schüsse im Stadtwald - Kriminalroman

Martin Olden

 

Verlag mainebook Verlag, 2016

ISBN 9783946413172 , 100 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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1,99 EUR


 

2


Am selben Abend …

23 Uhr. Wer um diese Zeit das „Zero“ in der Schillerstraße betrat, suchte nach einem Gewinn am Spieltisch. Ich suchte nach einem Verbrecher. Sein Name war Simon Zapatka. Ein Mann Anfang dreißig, genau wie ich. Damit endeten die Gemeinsamkeiten. Alle nannten ihn „Zappa“, weil er dem Rockmusiker Frank Zappa ähnlich sah. Dunkle Locken bis zu den Schultern, hageres Gesicht, dichter Schnauzbart. Zappa war in vielen Branchen tätig. Drogenhandel, Prostitution, Glücksspiel. Auf sein Konto gingen vermutlich mehr als ein halbes Dutzend Morde. Auch Klaus Budens, mein Partner, zählte zu seinen Opfern. Doch man hatte Zappa nie etwas Stichhaltiges nachweisen können. Bis heute.

Ein stämmiger Empfangschef begrüßte mich. Ich erklärte ihm, warum ich gekommen war. Er wollte meinen Dienstausweis sehen. Ich zog ihn aus der Innentasche meines Anzugs. Laut und falsch las er meinen Namen ab. „Joachim Platof?“

„Platow. Gesprochen Plato“, korrigierte ich. „Das w ist stumm. Wie in Pankow.“

„Pankow … verstehe. Kommen Sie aus der Ost-Zone?“

Die Frage hatte ich schon hundertfach gehört. Pflichtschuldig erwiderte ich sein Lächeln. „Nein, ich bin ein waschechter Frankfurter Kommissar. Würden Sie jetzt so freundlich sein, mich zu Zappa zu führen?“

„Ein Herr mit diesem Namen ist mir nicht bekannt.“

„Natürlich nicht. Genauso wenig betreiben Sie illegale Spielchen in Ihrem Hinterzimmer.“ Ich lächelte noch immer. „Lassen wir doch das Versteckspiel, okay? Wir wissen aus gut informierter Quelle, dass er heute Abend hier ist. Bringen Sie mich zu ihm. Dann lasse ich Ihr hübsches Etablissement vielleicht nicht sofort schließen.“

Der Concierge grunzte mürrisch, bevor er mich durch den verrauchten Salon lotste. Wir gingen an Kartentischen und Spielautomaten entlang. Die Einarmigen Banditen waren nicht die einzigen anwesenden Ganoven. Aus den Visagen etlicher Spieler blickte mir geballte Zuchthauserfahrung entgegen. Das „Zero“ war der Treffpunkt der Unterwelt. Hier versammelte sich, wer in Marseille schon abkassiert hatte, in Neapel auf der Fahndungsliste stand und der israelischen Polizei entkommen war. Auch Zappa stammte aus Jerusalem. Ein Einwanderer, der im Frankfurter Westend hängen geblieben war. Dort hatte er sich zunächst in der Szene der Immobilienspekulanten getummelt. Der Rauschgifthändler prahlte gerne mit seinen Beziehungen zu den einflussreichen Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde. Aber die würden ihm jetzt auch nichts mehr nutzen.

Ich lief hinter dem Empfangschef. Wir gingen an den Toiletten vorbei in einen rechtwinkligen Gang. Vor einer Schiebetür blieb mein Begleiter stehen und klopfte zweimal. Ein Kerl mit der Figur eines Ringers öffnete.

„Polizei“, sagte der Concierge kurz angebunden. Der Andere nickte. Ich betrat das Hinterzimmer. Unser Informant hatte den Raum treffend beschrieben. Kahl wie ein Bunker, fahles Licht, fensterlos. An der linken Seite befand sich eine Tür mit der Aufschrift Notausgang. Zappa saß an einem mit grünem Tuch beschlagenen Tisch. Neben ihm lümmelten ein schielender Lockenkopf und ein vollbärtiger Schlägertyp. Sie hielten Karten in den Händen und schauten so unschuldig aus der Wäsche wie ein Altherren-Kränzchen beim Kanasterabend. Dabei wusste ich, dass hier normalerweise die Würfel beim „Seven-eleven“ rollten. Gespielt wurde ohne Limit und bezahlt mit Tausendmarkscheinen. Schmutziges Geld aus dem Handel mit Rauschgift, Mädchen oder Waffen.

„Guten Abend, meine Herren“, sagte ich. „Mein Name ist Platow. Ich bin von der Kriminalpolizei.“

Zappa grinste mich an. „Herzlich Willkommen. Was kann ich für Sie tun? Bitte, nehmen Sie doch Platz. Möchten Sie einen Drink?“

„Danke, nein. Ich bleibe nicht lange.“

Das Lockenköpfchen zeigte auf mein silbergraues Haar und sagte etwas auf Hebräisch. Zappa lachte. „Ari meint, dass die Polizei verzweifelt sein muss, wenn Sie schon Großväter auf die Straße schickt.“

„Sagen Sie ihm, dass es früh bei mir losging mit den grauen Haaren. Ich habe schon bei der Abi Feier drei Jahre älter ausgesehen als die anderen. Lag aber auch daran, dass ich drei Jahre älter war.“

Er war zu blöd, um den Witz zu kapieren.

„Wie kann ich Ihnen helfen, Herr Platow?“, fragte Zappa betont höflich.

„Sie können mir sagen, was Sie über die Messerstecherei in der Diskothek New Fashioned wissen.“

„Mhm … ich habe darüber gelesen, glaube ich. In der Abendpost/Nachtausgabe. Wurde dabei nicht irgend so ein Jugoslawe getötet?“

„Sehr richtig. Predrag Todic. Ein im Milieu bekannter Drogenschmuggler. Bei seinem letzten Deal soll er seinen Abnehmer übers Ohr gehauen haben, indem er Puderzucker statt Heroin an ihn verkaufte.“

Zappa schüttelte den Kopf. „Sowas ist schlecht fürs Geschäft – und kann ungesunde Folgen haben.“

„In der Tat. Jemand hat ihm ein Stilett in den Rücken gerammt. Mitten auf der Tanzfläche im New Fashioned. Die Gerichtsmedizin ist sicher, dass es dieselbe Waffe war, die beim Mord an meinem Partner Klaus Budens benutzt wurde.“

„Schlimme Geschichte.“ Seelenruhig zündete sich Zappa eine Zigarette an. „Leider verstehe ich nicht, was Sie deshalb von mir wollen. Ich gehe grundsätzlich nicht in Diskotheken. Die Musik ist mir zu laut.“

Ich schmunzelte. „Hochinteressant. Zumal wir drei Augenzeugen haben, die Stein und Bein schwören, dass Sie Todic erstochen haben!“

„Zeugen?“ Sein Ton wurde ruppiger. „Wer soll das sein?“

„Tja, davon stand nichts in der Abendpost. Pech für Sie, Herr Zapatka. Sie hätten sich keinen derart öffentlichen Ort für Ihren Anschlag aussuchen sollen. Sie dachten wohl, Sie kämen mit allem durch. Arroganz bringt die meisten Täter irgendwann zu Fall. Diesmal sind Sie dran.“

„Bin ich etwa verhaftet?“

„Ich möchte, dass Sie mich ohne Aufsehen ins Präsidium begleiten. Falls Sie zuvor Ihren Anwalt anrufen möchten, bitte sehr.“

Zappa lachte, als hätte ich ihm den Witz der Woche erzählt und drückte seine Zigarette aus. „Danke für die Einladung. Leider habe ich andere Pläne.“

Der Gangster mit der Catcher-Figur zückte eine Tokarew, Kaliber 7,62. Die Pistole zielte auf einen Punkt unterhalb meiner Krawatte. Ich stieß einen bewundernden Pfiff aus und beobachtete aus den Augenwinkeln den Notausgang. Nichts rührte sich. Verdammt! Ich pfiff zum zweiten Mal.

„Was soll das?“, fragte der Riese. „Bewunderst du meine Kanone?“

„Nicht im Geringsten. Ich warte auf eine scharfe Blondine, die offenbar ein Stück Fell in ihren Schlappohren hat!“

Da flog die Tür auf. Abba, meine Hovawart-Hündin, fegte in das Zimmer. Bewaffnete Beamte des Sondereinsatzkommandos folgten ihr. „Abba! Fass!“, rief ich. Sofort verbiss sich meine Beschützerin im Arm des Pistolenmannes. Er schrie und schlug um sich. Zwecklos. Die rund ein Meter große und beinahe vierzig Kilo schwere Hündin konnte er nicht abschütteln. Für Abba war das Stellen eines Angreifers ein schönes Spiel. Aus dem schmerzverzerrten Gesicht des Ganoven sprach dagegen wenig Freude. Die Waffe fiel ihm aus der Hand. Mit einem Tritt beförderte ich sie quer durch den Raum. Ari, der Mann, der mich Großvater genannt hatte, ging mit einem Klappmesser auf mich los. Ich packte seinen Unterarm und zog kräftig daran. Gleichzeitig setzte ich einen Fuß unter seinem Knie an. Mit einer schnellen Drehung warf ich Ari über meine Hüfte auf den Boden. Platt wie ein Maikäfer starrte er mich an.

„Gell, da staunst du? Der Opa hat einen schwarzen Gürtel im Judo.“

Die SEK-Männer hielten Zappa und seine Bande in Schach.

„Rien ne va plus“, grinste ich. Dann sah ich vorwurfsvoll in Abbas tiefbraune Augen. „Ich musste zweimal nach dir pfeifen, junge Dame. Wieso bist du zu spät gekommen?“

In Gedanken hörte ich sie antworten: Ich hab im Hinterhof gewartet, so wie es ausgemacht war. Bei den Mülltonnen. Da hat es köstlich nach Dosenwurst gerochen. War schwer, sich davon loszureißen.

„Ich wünschte, du würdest weniger mit deinem Magen denken, meine Liebe.“

Sorry, Joe. Aber jetzt bin ich ja da. Hab ich`s gut gemacht?

„Ja, du hast es gut gemacht.“ Ich streichelte über ihren schlanken Kopf.

„Sie reden mit einem Köter?“, giftete Zappa. „Was für ein verrückter Bulle sind Sie eigentlich?“

„Ich ziehe die Konversation mit einem Hund jederzeit einem Gespräch mit Ihnen vor, Herr Zapatka.“ Ich gab den Kollegen einen Wink....