dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Perspektiven der Didaktik - Zeitschrift für Erziehungswissenschaft. Sonderheft 9 | 2008

Meinert A. Meyer, Manfred Prenzel, Stephanie Hellekamps

 

Verlag VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN 9783531917757 , 309 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

26,96 EUR


 

1 Innere Differenzierung im Diskurs der 1970er Jahre (S. 161-162)

Innere Differenzierung als didaktisches Konzept wurde in den 1970er Jahren im Rahmen der Gesamtschul- und Bildungsreformdebatte zu einem wichtigen Thema. Die ersten diesbezuglichen Publikationen finden sich in der Literatur etwa ab Ende 1960, der Hohepunkt ist Mitte der 70er Jahre erreicht, wahrend die Debatte Mitte der 1980er Jahre sichtbar auslauft. In einem nach wie vor klassischen Aufsatz definieren Klafki und Stocker das Konzept in Abgrenzung zu externen Differenzierungsmasnahmen wie folgt: .

’Innere Differenzierung’ meint (…) alle jene Differenzierungsformen, die innerhalb einer gemeinsam unterrichteten Klasse oder Lerngruppe vorgenommen werden, im Unterschied zu allen Formen sog. äußerer Differenzierung, in der Schulerpopulationen nach irgendwelchen Gliederungs- oder Auswahlkriterien ,- z. B. den Gesichtspunkten unterschiedlichen Leistungsniveaus oder unterschiedlicher Interessen V in Gruppen aufgeteilt werden, die raumlich getrennt und von verschiedenen Personen bzw. zu verschiedenen Zeiten unterrichtet werden¡§ (Klafki/Stocker 1976, S. 497, vgl. auch Korger/Wehler 1988). Die Schuler werden innerhalb einer bereits bestehenden Lerngruppe bzw. eines Klassenverbundes in kleinere .

Einheiten- aufgeteilt, die ¡V von der Idee einer gezielteren Passung getragen ,- unterschiedliche Zugange und Bearbeitungsmoglichkeiten fur die Lernenden in der gleichen Unterrichtssituation ermoglichen sollen. Unterschieden werden dazu einerseits Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit, andererseits eine Vielzahl von Verfahren (Winkeler 1979) oder Aspekten (Klafki/Stocker 1976), die jenseits der Sozialform angeben, wie diese thematisch-methodisch gestaltet werden kann. Individualisierung wird als Begriff oft synonym mit (Innerer) Differenzierung verwendet, bedeutet aber bei einigen Autoren, dass diese noch weiter getrieben wird, indem nicht mehr nur Gruppen, sondern einzelne Schuler jeweils individuell zugeschnittene Aufgaben bearbeiten.

Die unterrichtspraktischen Vorschlage in den 1970er Jahren orientieren sich einerseits an Formen der Gruppenarbeit und andererseits an Varianten des .programmierten Lernens¡§ (vgl. im Folgenden Teschner 1971, Glogauer 1976). So wurden z. B. recht aufwandige Formen wie das schwedische VGL-Projekt (Variierende Gruppengrose in Verbindung mit team teaching) angefuhrt, bei dem die Schuler in wechselnden Gruppengrosen unterrichtet werden.

Diskutiert wurde auch der auf Kompensation angelegte Ansatz des Zielerreichenden Lernens (Mastery Learning) von Bloom (pxuw), mit dem im Prinzip alle Schuler ein festgelegtes Lernziel erreichen sollen. Grose Hoffnungen wurden auf die Arbeit im Team-Kleingruppen-Modell (TKM) gelegt, ein Unterrichtskonzept, bei dem Lehrende in festen Jahrgangsteams und Lernende in stabilen Tischgruppen von etwa sechs Personen arbeiten (vgl. Schlomerkemper 1981).

Haufig wurden auch zahlreiche ins Detail gehende Vorschlage fur die Unterrichtsgestaltung der einzelnen Lehrperson gemacht. .Programmiertes Lernen¡§, die zweite oft angefuhrte Variante der praktischen Umsetzung Innerer Differenzierung, bezeichnet eine Ende der 1950er Jahre in den USA in Mode gekommene Form des Unterrichts, bei der sich Schuler mithilfe von .Programmen¡§ ¡V kleinschrittig sequenzierten Abfolgen von Aufgaben in Form von Arbeitsheften oder Computerprogrammen ¡V die Unterrichtsinhalte selbststandig erschliesen und so ihre Lerngeschwindigkeit selbst bestimmen sollen.

In der Bundesrepublik wurde dieses Konzept mit zeitlicher Verzogerung als Lernzielorientierter oder Programmierter Unterricht bekannt. Auch hier standen schwedische und US-amerikanische Grosprojekte in einzelnen Fachern Pate (vgl. Teschner 1971, Glogauer 1976). Deutlich erkennbar ist eine Orientierung an der lernpsychologischen Effektivitatsforschung der Zeit, denn immer wieder wird eine Kombination aus Diagnosetests, Zuordnung der Schuler zu passenden Lernmaterialien, die in Einzel- oder – seltener – in Gruppenarbeit bearbeitet werden sollen, sowie Abschlussdiagnose vorgeschlagen (vgl. Haller 1971).