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Hard & Heart 1: Die Entführung des Kolibris

Sara-Maria Lukas

 

Verlag Plaisir d'Amour Verlag, 2016

ISBN 9783864952166 , 269 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

Geräte

6,99 EUR


 

 

Kapitel 1


 

Die Fröhlichkeit hat er sich bewahrt, denke ich fasziniert. Selten ist mir eine Person aus meiner Jugend begegnet, die sich so wenig verändert hat.

Als wir zusammen zur Schule gegangen sind, war ich in Tim Christen total verknallt. Davon hat er allerdings nie etwas erfahren. Ich war damals viel zu schüchtern, um zu zeigen, was ich empfinde.

Tim jedoch flirtete gerne und unbefangen. Ich glaube, er begann damit schon, bevor er überhaupt wusste, was Männer an Frauen attraktiv finden. Damals beeindruckte er schon durch sein Aussehen. Dunkle, etwas wellige Haare, braune, fast schwarze Augen, der leicht gebräunte Teint eines Südländers, dazu der sportlich trainierte Körper eines Leichtathleten. Aber das, was uns Mädchen – nein, ich war beileibe nicht die Einzige, die für ihn schwärmte - am meisten angezogen hat, war seine fröhliche Art.

Tims Markenzeichen war seine Fröhlichkeit. Er war zu jedem nett und freundlich, wollte immer Harmonie, und mit seinem charmanten Lächeln erreichte er bei Lehrerin, Eltern, Mitschülerinnen und der Verkäuferin im kleinen Kiosk gegenüber der Schule immer alles, was er wollte. Jede Frau mochte ihn einfach. Sie konnte gar nicht anders.

Dieser Tim steht nun plötzlich vor mir und lacht mich genauso fröhlich an wie damals.

Ich habe an der Tür dieses Hauses geklingelt, weil darin laut Makleranzeige im Internet eine Dachwohnung zu vermieten ist. Er machte auf, wir stutzten beide und er war der Erste, der ganz zwanglos und lächelnd die richtigen Worte fand. „Wenn ich mich nicht irre, kennen wir uns.“

So wie er immer noch der fröhliche, charmante Tim ist, bin ich immer noch die schüchterne, verklemmte Mona. Mein Verhalten hat sich allerdings geändert, denn während man mir in meiner Jugend jede Verlegenheit angesehen hat, kann ich meine Reaktionen auf andere Menschen heute gut verbergen. Ich werde nicht mehr knallrot, sondern lächele unverbindlich freundlich und stottere nicht mehr, sondern verwende Floskeln, die mir leicht über die Lippen gehen. Meine Hände zittern nicht mehr, mein Rücken krümmt sich vor Unsicherheit nicht mehr zusammen. Im Gegenteil, die Menschen respektieren mich, achten mich und trauen sich nicht, mir ungebeten näherzukommen.

Ich habe lange in einer anderen Stadt gewohnt und komme jetzt zurück, um hier den Schreibwarenladen meiner Eltern zu übernehmen, die sich zur Ruhe setzen wollen. Wie lange habe ich Tim nicht gesehen? Zehn Jahre? Ich rechne schnell nach. Vor zwölf Jahren haben wir zusammen Abitur gemacht, danach habe ich ihn nie wieder gesehen.

Es ist sein Elternhaus. Stimmt, natürlich. Wie hatte ich das vergessen können.

Er bittet mich herein und zeigt mir die zu mietende Wohnung.

Tim hat selber in diesen Räumen gewohnt, bis seine Mutter gestorben ist und der Vater in ein Seniorenheim übersiedelte. Nun ist Tim in die Wohnung seiner Eltern gezogen und seine alte soll vermietet werden.

Es ist eine hübsche Wohnung. Weiße Wände, dunkle alte Balken und der urige, sorgfältig aufgearbeitete Holzfußboden sorgen für Gemütlichkeit. Es gibt ein großes Wohnzimmer, ein fast ebenso großes Schlafzimmer, eine kleine Abstellkammer, eine edel eingerichtete Küche und ein riesiges, hell gefliestes Bad mit einer tollen Wanne zum Entspannen. Ein schöner Balkon nach hinten heraus ist auch dabei.

Die Wohnung ist traumhaft und gefällt mir auf den ersten Blick.

Plötzlich fällt mir auf, dass an den Holzbalken massive Metallringe befestigt wurden, manche auch an der Decken, zwei direkt im Türrahmen zwischen Wohn- und Schlafzimmer.

Ich denke sofort an meine heimlichen sexuellen Fantasien, frage aber natürlich nicht, was es mit den Eisenringen auf sich hat, sondern tue so, als ob es mir nicht auffällt.

Doch dann schafft er es, mich völlig aus der Fassung zu bringen, indem er die Tür des Wandschranks im kleinen Flur öffnet und auf die darin befindlichen Ketten und Manschetten zeigt.

„Hier ist das Spiele–Zubehör.“ Er zwinkert verschmitzt. „Die dazugehörigen Ringe an den Balken sind dir doch sicher schon aufgefallen. Ich weiß ja nicht, ob du auf SM stehst, aber unten habe ich mir alles neu installiert, also kann ich diese Ketten dem Mieter der Wohnung überlassen.“

Er sagt das, als ginge es darum, einen Teppichboden zu übernehmen. Total entspannt, gerade heraus, wie immer charmant lächelnd.

Ich räuspere mich und verschränke die Arme vor meiner Brust. „Ähm … Ich brauche so was nicht.“

Verdammt, ich fühle, wie mir das Blut in den Kopf steigt. Garantiert sieht er, dass ich gerade knallrot anlaufe.

Er schließt den Schrank wieder, dreht sich zu mir um und zwinkert mir zu. „Schon mal probiert?“, fragt er.

Ich schüttele den Kopf und lache etwas gehetzt. „Nein, kein Bedarf.“

Er zieht kurz die Schultern hoch, steckt die Hände in die Taschen seiner Jeans und spaziert in die Küche. „Schade. Ich hätte dich schon damals gerne näher kennengelernt, war aber noch zu verklemmt, dich um ein Date zu bitten.“

Ich folge ihm und reiße die Augen auf. „Du und verklemmt?“

Er lehnt am Küchenschrank und hat die Füße übereinandergeschlagen. „Ja, sicher. Was meinst du denn, warum ich ständig den Pausenclown gespielt habe?“

„Oh, das hätte ich jetzt wirklich nicht erwartet. Dir liefen doch alle Mädchen hinterher und himmelten dich an.“

„Ja, es war ätzend. Ich fühlte mich völlig überfordert und die, zu denen ich mich hingezogen gefühlt habe, wollten nichts von mir wissen. So wie du zum Beispiel.“ Er neigt den Kopf zur Seite, lächelt wieder und sieht mir direkt in die Augen.

Ich bin sprachlos und stehe ziemlich dämlich mitten im Raum vor ihm. Schnell drehe ich mich um und lasse meine Blicke im Zimmer umherwandern. Schließlich bin ich ja wegen der Wohnung hier.

Er lässt mich in Ruhe gucken, doch ich fühle seinen Blick auf mir. Es kribbelt ein bisschen im Magen, fast wie Schmetterlinge bei Lampenfieber. Schließlich räuspert er sich. „Gefällt dir die Wohnung?“

„Ja, absolut. Es ist genau das, was ich gesucht habe. Die Größe stimmt, der Preis stimmt und die Lage ist optimal für mich. Ich würde sie gerne mieten.“

Er lächelt so charmant und nett, dass ich tatsächlich weiche Knie bekomme. Ja, er macht mich immer noch genauso an wie während unserer Schulzeit.

„Schön, das freut mich. Dann lass uns doch bei mir unten einen Kaffee trinken und die Einzelheiten über deinen Einzug und den Mietvertrag besprechen.“

Wir betreten seine Wohnung und ich sehe mich neugierig in ihr um. Auch hier befinden sich überall Haken und an manchen hängen sogar Ketten herunter. Seine Neigung scheint ihm tatsächlich kein bisschen peinlich zu sein.

Ein „Wow“ entfährt mir und ich versuche, meine Unsicherheit mit einem Lachen zu kaschieren.

„Gefällt´s dir?“

Jetzt erst merke ich, dass er mich beobachtet. Meint er die Wohnung oder die Ketten?

Ich antworte ausweichend. „Es ist … beeindruckend.“

Er lacht und führt mich in die Küche. Ich lehne am halbhohen Küchenschrank und sehe zu, wie er den Kaffeeautomaten bedient. „Wann willst du denn einziehen?“

„Wenn’s geht zum nächsten Ersten.“

„Ja, kein Problem. Bist du allein?“

„Ja. Hab mich vor kurzem getrennt. Und du?“

„Ich auch.“ Er lacht. „Also nicht getrennt, sondern sowieso allein. Ich steh generell nicht auf feste Bindungen.“

Wir sitzen am Küchentisch und trinken den ersten Schluck Kaffee. Er schaut mich augenzwinkernd an. „Es ist verrückt. Du hast noch die gleiche Wirkung auf mich wie damals.“

Ich zucke leicht zusammen. „Wie meinst du das?“

„Du wirktest während der Schulzeit auch schon so selbstsicher.“ Er kneift taxierend die Augen zusammen. „Fast schon arrogant. Ich habe mich nie getraut, dich anzusprechen, jedoch gleichzeitig davon geträumt, dich zu beherrschen.“ Er lacht. „Damals natürlich noch nicht so deutlich wie heute.“

Ich muss ebenfalls lachen. „Ich wirkte selbstsicher und arrogant? Das ist nicht dein Ernst. Ich war so was von schüchtern.“

„Tatsächlich?“ Er lehnt sich zurück und mustert mich mit deutlichem Interesse.

„Ja, tatsächlich.“

„Und jetzt?“

„Was und jetzt?“

„Bist du immer noch schüchtern?“

Ich ziehe etwas den Kopf ein. „Ich fürchte ja, aber sag es nicht weiter.“

Tim lacht. „Ich auch.“

Er mustert mich und scheint nachzudenken.

Plötzlich klopft mir mein Herz bis zum Hals. Nervös drehe ich die Kaffeetasse in meinen Händen. Er lacht kurz auf und mein Blick fliegt auf ihn.

„Schade, dass du nicht auf SM stehst. Ich würde gerne mein Lieblingsspiel mit dir ausprobieren. Die Vorstellung macht mich gerade ziemlich an.“

Ich fühle umgehend, wie ich rot werde. Verdammt, ich bin plötzlich erregt und … feucht. Oh Gott! Das ist ja furchtbar. Ich starre wie hypnotisiert auf die in der Mitte des Küchentisches stehende Zuckerdose.

„Du gehst ziemlich offen mit deinen … Vorlieben um.“

Er seufzt. „Ja, irgendwann im Laufe der Jahre habe ich beschlossen, dass es einfach nur anstrengend ist, sich verstecken zu wollen. Und seit diesen Shades-of-Grauen-Books ist das Thema doch sowieso gesellschaftsfähig.“

Ich muss kichern....