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Auf der Suche nach dem Verschuldensgrundsatz - Untersuchungen zur Faktizität der Culpa-Doktrin im deutschen außervertraglichen Haftungsrecht

Katharina M. Kolb

 

Verlag Herbert Utz Verlag , 2008

ISBN 9783831608485 , 333 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz DRM

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47,99 EUR

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"Teil B Die Faktizität des Verschuldensgrundsatzes (S. 22-23)

Mit der normativen Geltung des deliktischen Verschuldensprinzips aufgrund der Vorschriften der §§ 823 ff. BGB steht zugleich seine theoretische Bedeutung fest. Wie bereits angesprochen lassen jedoch zahlreiche Phänomene bezweifeln, ob mit dieser theoretischen Bedeutung noch immer eine ebenso große praktische Bedeutung korrespondiert.

Wenn somit nach der Faktizität des Verschuldensgrundsatzes im deutschen außervertraglichen Haftungsrecht gefragt ist, dann geht es im Wesentlichen um zwei Hauptaspekte, die selbst wiederum aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten sein werden:

Einerseits müssen die Voraussetzungen für die Annahme schuldhaften Verhaltens untersucht werden, und zwar sowohl in materiellrechtlicher als auch in prozessrechtlicher Hinsicht. Der BGB-Gesetzgeber von 1896 hat die Haftungsvoraussetzung des Verschuldens normiert, um die Bewegungsfreiheit zu schützen, eine Haftung sollte die Ausnahme sein. Die späteren Gesetzgeber haben diese Voraussetzung beibehalten. Man kann demnach sagen, dass sie sich die Intentionen der Verfasser des BGB zu Eigen gemacht haben. Gingen nun die Anforderungen an ein Verschulden und seinen Nachweis weiter und weiter zurück, wäre also ein Verschulden immer schneller zu bejahen, dann wäre eine Haftung nicht mehr als Ausnahme zu begreifen und dementsprechend der eigentliche gesetzgeberische Plan unterlaufen. Die Haftungsvoraussetzung „Verschulden"" würde mehr und mehr inhaltsleer, Resultat wäre die Minderung der Faktizität des Verschuldensgrundsatzes.

Andererseits ist von Interesse, ob und inwieweit ein Verschulden des Schädigers überhaupt noch Haftungsvoraussetzung ist. Möglicherweise kann ein Geschädigter sein Ziel – den Erhalt von Schadensersatz – längst regelmäßig ohne die Notwendigkeit eines Verschuldensnachweises erreichen. Dies hätte eine Marginalisierung der §§ 823 ff. BGB als Anspruchsgrundlage und damit einen Faktizitätsverlust der Culpa-Doktrin zur Folge. Unter Zugrundelegung dieser Prämissen ist zu ermitteln, ob und inwieweit der Verschuldensgrundsatz in der Realität des deutschen außervertraglichen Haftungsrechts tatsächlich noch von Einfluss und Gewicht ist.

Der Hauptteil der vorliegenden Arbeit will den Erscheinungen nachgehen, die Zweifel an der faktischen Bedeutung des Verschuldensgrundsatzes aufkommen lassen. Die Analyse will versuchen, diese Zweifel anhand von Tatsachen aus der Rechtsprechungspraxis entweder zu belegen oder aber ihnen den Boden zu entziehen. Anhand einer Untersuchung von 500 Urteilen wird sich einerseits aufzeigen lassen, ob es überhaupt noch Haftungsklagen gibt, bei welchen ein Verschulden des Beklagten nicht festgestellt werden kann. Andererseits wird ersichtlich werden, ob solche Klagen – sofern sie denn existieren – dann wegen fehlenden Verschuldens scheiterten oder inwieweit vielmehr auf andere Anspruchsgrundlagen zurückgegriffen wurde, um sie zur Begründetheit zu führen. Letztendlich wird durch die Zusammenstellung der erlangten Teilergebnisse das Gesamtmaß der Faktizität des Verschuldensgrundsatzes im deutschen außervertraglichen Haftungsrecht zu Beginn des 21. Jahrhunderts ermittelt werden können.

Da es um die Faktizität des Verschuldensgrundsatzes geht, kommt es in diesem Teil der Erörterung vornehmlich auf eine Analyse der Rechtsprechung an. Die Standpunkte zu bestimmten Problemkreisen innerhalb der Lehre bleiben an späterer Stelle zu behandeln.

Unterabschnitt I: Der praktische Umgang mit dem Begriff „Verschulden""

Der Beginn der rechtstatsächlichen Untersuchung muss an den Begriff „Verschulden"" anknüpfen, denn der praktische Umgang mit ihm wird auch für die anderen Untersuchungsteile von nicht unerheblicher Bedeutung sein. Wenn nach der Faktizität des Verschuldensgrundsatzes gefragt ist, dann muss zunächst und vor allem über die von der Praxis gestellten Anforderungen nachgedacht werden, um ein Verhalten als schuldhaft bewerten zu können. Je geringer diese sind, desto schneller wird man im Einzelfall zu einer Haftung gelangen.
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