dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Die bezaubernde Arabella

Georgette Heyer

 

Verlag beHEARTBEAT, 2017

ISBN 9783732531738 , 375 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

6,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

Kapitel 1


Das Kinderzimmer im Pfarrhaus zu Heythram war kein großer Raum, aber an einem frostigen Januartag wurde dies in einem Haushalt, in dem der Kohlenverbrauch bedacht werden musste, von seinen Bewohnern nicht als Nachteil empfunden. Ein recht bescheidenes Feuer, das in dem hohen, vergitterten Kamin brannte, machte es wenigstens dreien von den vier jungen Damen, die sich in dem Zimmer aufhielten, unnötig, ihre Schultern in Schals zu hüllen.

Elizabeth, die jüngste von Reverend Henry Tallants hübschen Töchtern, litt gerade an Ohrenschmerzen. Sie hatte eine angeröstete Zwiebel in das schmerzende Ohr gesteckt und überdies Kopf und Hals in einen alten Kaschmirschal gewickelt. Sie kuschelte sich auf ein in die Jahre gekommenes Sofa und drückte den Kopf in ein abgenutztes rotes Kissen. Von Zeit zu Zeit ließ sie lang gezogene Seufzer hören, denen indessen keine der Schwestern irgendwelche Beachtung schenkte. Man wusste, dass Betsy gern kränkelte. Die allgemeine Auffassung war, dass das Klima von Yorkshire ihrer Konstitution nicht bekam. Da sie fast den ganzen Winter über unter allerlei Unpässlichkeiten litt, nahmen alle, bis auf die Mama, Betsys Anfälligkeit als etwas Selbstverständliches hin.

Mannigfache Anzeichen, auf dem Tisch inmitten des Raumes verstreut, ließen erraten, dass die jungen Damen sich in diesen gemütlichen, wenn auch schäbigen Raum zurückgezogen hatten, um Hemden zu säumen. Doch nur eine von ihnen, die älteste, oblag wirklich dieser Beschäftigung.

In einem Stuhl neben dem Kamin saß Miss Margaret Tallant, eine muntere Fünfzehnjährige, und war in die Lektüre eines Fortsetzungsromans versunken, den sie aus einem gebundenen Sammelband des Ladies’ Monthly Museum zusammensuchte. Am Tisch saß Miss Arabella, die vernachlässigte Näherei vor sich auf dem Tisch, die aus einem anderen Band dieser belehrenden Zeitschrift vorlas.

»Also, offen gesagt, Bella«, bemerkte Sophia und ließ den Band einen Augenblick sinken, »ich finde das höchst sonderbar! Hör doch nur, was da steht! ›Wir bieten unseren Abonnenten einige neueste Modeentwürfe, Modelle, die keinesfalls den Regeln des Anstands und der Würde widersprechen, aber der guten Laune ein Lächeln abzugewinnen und der Eleganz einen zusätzlichen Charme zu verleihen vermögen. Sparsamkeit muss die Parole des Tages sein‹.

Dazu bringen sie ein Bild eines bezaubernden Abendkleides – sieh doch nur, Bella! In der Beschreibung heißt es, dass das Leibchen aus blauer Seide gemacht ist und vorn mit Diamantenknöpfen zusammengehalten wird. Wundervoll!«

Ihre Schwester blickte von der Manschette auf, die sie gerade säumte, und musterte kritisch das originelle Modell, das in den Bemerkungen zur Mode abgebildet war. Sie seufzte und beugte ihren dunklen Kopf wieder über die Arbeit.

»Nun, wenn es das ist, was sie unter Sparsamkeit verstehen, dann kann ich bestimmt auch nicht nach London fahren, selbst wenn meine Patin mich einlädt. Aber sie wird es ja auch gar nicht tun, das weiß ich bestimmt«, fügte sie traurig hinzu.

»Du musst hinfahren, und du wirst es auch!«, erklärte Sophy entschlossen. »Bedenke doch, was das für uns alle bedeuten würde!«

»Ja, aber ich tue es nicht, wenn ich so armselig aussehe«, wandte Arabella ein. »Und solange es Pflicht ist, Diamantenknöpfe am Mieder zu tragen, weißt du ganz gut, dass ...«

»Ach, Unsinn! Das ist gewiss irgendeine ausgefallene Mode, oder die Knöpfe sind vielleicht aus Strass. Und überhaupt, das ist eine alte Ausgabe. In einer anderen habe ich gelesen, dass man jetzt am Vormittag überhaupt keinen Schmuck mehr trägt. Und so kannst du aller Wahrscheinlichkeit nach – wo ist denn der Band? Margaret, du hast ihn! Gib ihn mir mal! Du bist noch viel zu jung und interessierst dich noch nicht für solche Dinge!«

Margaret zog die Finger aus den Ohren und hielt den Band fest, nach dem die Schwester greifen wollte. »Nein, ich lese den Fortsetzungsroman!«

»Gerade das solltest du nicht. Du weißt, Papa sieht es nicht gern, wenn wir Romane lesen!«

»Wenn es darum geht«, erwiderte Margaret spöttisch, » kann ich nur sagen: Ihm gefiele es ebenfalls nicht, dass du nichts Besseres studierst als die letzten Moden.«

Sie sahen einander an; Sophys Lippen bebten. »Liebe Meg, bitte gib mir den Band, nur für einen Augenblick!«

»Schön, ich gebe ihn dir, wenn ich mit der Geschichte von Augustus Waldstein fertig bin. Aber nur für einen Augenblick!«

»Warte, da ist etwas Interessantes«, sagte Arabella, legte ihre Arbeit weg und blätterte in dem Band, den Sophia losgelassen hatte. » Hör zu, Meg! ›Wenn ein Frauenzimmer frühzeitig dem Romanlesen fröhnt, so ist es ungeeignet, Gefährtin eines vernünftigen Mannes zu werden oder einer Familie mit Anstand und Würde vorzustehen.‹

Da hast du es!« Sie blickte auf. Doch die Art, in der sie pfiffig den Mund spitzte, strafte ihre Augen Lügen.

»Ich meine, Mama ist nicht ungeeignet, die Gefährtin eines vernünftigen Mannes zu sein«, antwortete Margaret empört. »Und sie liest Romane! Und sogar Papa findet am Wanderer oder an Mrs. Edgeworths Erzählungen nichts auszusetzen!«

»Das nicht, aber es war ihm gar nicht recht, als er Bella dabei erwischte, als sie Die ungarischen Brüder oder Die Kinder der Abtei las«, sagte Sophia. Schnell nahm sie die Gelegenheit wahr, The Ladies’ Monthly Museum aus dem gelockerten Griff ihrer Schwester zu reißen. »Er hat ausdrücklich gesagt, dass in solchen Büchern viel Unsinn steht und dass ihre Moral auf betrübliche Weise zu wünschen übrig lässt.«

»In dem Fortsetzungsroman, den ich gerade lese, fehlt die Moral ganz und gar nicht«, erklärte Margaret aufgebracht. »Schau nur, was da steht, hier unten auf der Seite!

›Albert! Reinheit des Charakters ist deine höchste Pflicht!‹ Das kann er doch nicht missbilligen!«

Arabella rieb sich die Nasenspitze.

»Er würde vermutlich sagen, dass das schwülstiger Unsinn ist«, bemerkte sie. »Gib ihr das Buch schon zurück, Sophy!«

»Ich tue es, wenn ich gefunden habe, was ich hier suche. Übrigens bin ja gerade ich auf die Idee gekommen, diese Bände von Mrs. Caterham zu entleihen, also – ah, da ist es! Hier steht, dass vormittags nur Schmuck sehr schlichter Art getragen wird.« Und mit einem Unterton des Zweifels fügte sie hinzu: »Gar so schnell wechseln die Moden doch sogar in London nicht. Die Nummer ist erst drei Jahre alt.«

Die leidend auf dem Sofa liegende Elisabeth setzte sich behutsam auf. »Aber Bella hat doch überhaupt keinen Schmuck, nicht wahr?«

Diese Bemerkung, mit der natürlichen Unbefangenheit eines Mädchens von erst neun Jahren vorgebracht, wirkte wie ein Eimer eiskalten Wassers.

»Ich habe das goldene Medaillon mit den Locken von Papa und Mama an dem Kettchen«, verteidigte sich Arabella.

»Wenn du eine Tiara, einen ... Cestus – und ein Armband hättest, das könnte ausreichen«, sagte Sophy. »Hier ist ein Kleidungsstil beschrieben, zu dem das als angemessener Schmuck angegeben wird.« Die drei Schwestern betrachteten sie mit maßlosem Staunen.

»Was ist ein Cestus?«, fragten sie einstimmig.

Sophy schüttelte den Kopf. »Ich weiß es ja auch nicht«, gestand sie.

»Nun, Bella hat auf jeden Fall keinen Cestus«, rief Elisabeth vom Sofa herüber.

»Wenn sie so arm an Verstand wäre, aus einem so lächerlichen Grund nicht nach London zu fahren, würde ich sie nie mehr anschauen«, entschied Sophy.

»Natürlich würde ich mich deshalb nicht weigern«, rief Arabella zornig. »Aber es besteht nicht die geringste Aussicht, dass Lady Bridlington mich einlädt. Warum sollte sie auch? Bloß weil ich ihr Patenkind bin? Ich habe sie in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.«

»Sie hat dir als Taufgeschenk einen sehr schönen Schal geschickt«, meinte Margaret hoffnungsvoll.

»Außerdem ist sie Mamas beste Freundin«, fügte Sophy hinzu.

»Aber auch Mama hat sie seit ... seit unzähligen Jahren nicht mehr gesehen.«

»Und sie hat Bella nie wieder etwas geschickt, nicht einmal zur Konfirmation!«, erklärte Betsy, zog die Zwiebel aus dem Ohr und warf sie ins Feuer.

»Wenn du keine Ohrenschmerzen mehr hast«, bemerkte Sophy mit skeptischem Blick, »kannst du das für mich fertigsäumen. Ich möchte ein Muster für die Falbeln entwerfen.«

»Mama hat gesagt, dass ich ganz still beim Feuer sitzen soll«, erwiderte die Patientin und setzte sich behaglicher zurecht. »Sind vielleicht Namensgedichte in diesen verstaubten alten Schmökern?«

»Nein. Und wenn welche darin wären, so würde ich die Bücher doch einem so ungehobelten Geschöpf wie dir nicht geben, Betsy«, erwiderte...