dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Zeit des Glücks - Roman

Nora Roberts

 

Verlag Blanvalet, 2009

ISBN 9783641021337 , 384 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

9,99 EUR

  • Ein gefährliches Geschenk - Roman
    Der verborgene Garten - Roman
    Abendstern - Roman
    Die Chirurgin - Ein Rizzoli-&-Isles-Thriller
    Mitten in der Nacht - Roman

     

     

     

     

 

 

1
Mit sechzehn begegnete Zoe McCourt dem Jungen, der ihr Leben verändern sollte. Sie war als Älteste von vier Kindern in den Bergen von West Virginia aufgewachsen. Als sie zwölf war, war ihr Vater bereits mit der Frau eines anderen Mannes abgehauen.
Eigentlich hatte Zoe es nicht als großen Verlust empfunden. Ihr Daddy war ein aufbrausender, mürrischer Mann, der lieber mit seinen Kumpels Bier trank oder die Frau seines Nachbarn vögelte, statt sich um seine Familie zu kümmern. Aber sein Verschwinden war doch schwer für sie gewesen, weil er zumindest seinen Lohn zu Hause abgeliefert hatte.
Ihre Mutter war eine dünne, nervöse Frau, die zu viel rauchte, und sich, nachdem sie verlassen worden war, mit hartnäckiger Regelmäßigkeit Freunde zulegte, die vom gleichen Kaliber waren wie Bobby Lee McCourt. Sie machten sie für kurze Zeit glücklich, auf lange Sicht wütend und traurig, aber sie hielt es nie länger als einen Monat ohne Mann aus.
Crystal McCourt hatte ihre Brut in einem Doppelwohnwagen im Hillside Trailer Park großgezogen. Als ihr Ehemann das Weite gesucht hatte, betrank sie sich sinnlos und fuhr ihm in ihrem gebrauchten Camaro hinterher. Sie ließ Zoe mit ihren Geschwistern bedenkenlos allein.
Drei Tage blieb Crystal weg. Bobby, den »gottverdammten Hurensohn«, hatte sie nicht gefunden, aber sie kam wenigstens nüchtern zurück. Die Jagd nach ihm hatte sie ihre Selbstachtung und ihre Stelle in Debbies Schönheitssalon gekostet. Der Salon war zwar nicht mehr als eine Hütte, aber er hatte ihr wenigstens ein dauerhaftes Einkommen garantiert.
Der Rausschmiss machte Crystal nur noch härter. Sie setzte sich mit ihren Kindern zusammen und erklärte ihnen, es würde zwar ein steiniger Weg werden, aber sie würden es schon schaffen.
Dann hängte sie ihr Kosmetikerdiplom in die Küche des Wohnwagens und eröffnete ihren eigenen Salon. Sie unterbot Debbies Preise und hatte zudem ein geschicktes Händchen für gute Haarschnitte.
Und sie hatten es geschafft. Der Wohnwagen stank zwar ständig nach Peroxyd, Dauerwellen und Zigaretten, aber sie waren klargekommen.
Zoe wusch den Kundinnen den Kopf, fegte die Haare auf und kümmerte sich um ihre drei Geschwister. Als sich herausstellte, dass sie nicht unbegabt war, durfte sie auskämmen oder ab und zu tatsächlich schon mal schneiden.
Dabei träumte sie unentwegt von einem besseren Leben außerhalb des Wohnwagenparks.
In der Schule war sie gut, vor allem in Mathematik. Deshalb führte sie ihrer Mutter auch die Bücher. Schon lange vor ihrem vierzehnten Geburtstag war sie erwachsen, aber das Kind in ihr sehnte sich nach etwas anderem.
So war es keine Überraschung, dass sie im Alter von 16 Jahren auf James Marshall flog. Er war ganz anders als die anderen Jungen, die sie kannte, und nicht nur, weil er drei Jahre älter war als sie, also neunzehn. Nein, er war herumgekommen und hatte vieles gesehen. Und er sah aus wie ein Märchenprinz.
Sein Urgroßvater hatte im Bergwerk gearbeitet, aber an James haftete kein Kohlenstaub. Den hatten die späteren Generationen gründlich weggeschrubbt. Mittlerweile besaß seine Familie Geld. Ihnen gehörte das größte und prächtigste Haus in der Stadt, und James und seine jüngere Schwester gingen beide auf Privatschulen.
Die Marshalls gaben gerne große, rauschende Feste, und dann ließ Mrs. Marshall Crystal immer ins Haus kommen, damit sie sie frisierte. Oft begleitete Zoe sie, um Mrs. Marshall zu maniküren.
Zoe träumte von diesem Haus. Es war so sauber und voller Blumen und hübscher Dinge. Für sie war es ein tröstlicher Gedanke zu wissen, dass man wahrhaftig so wohnen konnte – und nicht alle Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht in einem Wohnwagen lebten, in dem es nach Chemie und kaltem Rauch roch.
Eines Tages wollte sie in genau so einem Haus wohnen, gelobte sie sich. Es brauchte ja nicht unbedingt so groß und prächtig wie das der Marshalls zu sein, aber auf jeden Fall sollte es ein richtiges Haus mit einem kleinen Garten sein.
Und eines Tages würde sie in all die Orte reisen, von denen Mrs. Marshall ständig erzählte – nach New York, nach Paris oder Rom.
Sie sparte jeden Penny von ihrem Trinkgeld und der Bezahlung, die sie für ihre Nebenjobs bekam, und da sie gut mit Geld umgehen konnte, hatte sie mit sechzehn bereits vierhundertvierzehn Dollar auf einem geheimen Sparkonto angesammelt.
Als sie im April sechzehn wurde, verdiente sie sich zusätzlich etwas, indem sie auf einer der Partys, die die Marshalls gaben, servierte.
Damals trug sie ihre dicken, schwarzen Haare lang und offen. Sie war zwar immer schlank gewesen, entwickelte jetzt jedoch darüber hinaus weibliche Kurven, sodass ihr die Jungen in Scharen hinterherliefen. Aber sie hatte keine Zeit für Jungen – jedenfalls nicht viel.
Sie hatte große, goldbraune Augen, die nachdenklich und forschend blickten, und volle Lippen, die sich nur selten zu einem Lächeln verzogen. Ihre Gesichtszüge waren klar und leicht exotisch, was einen interessanten Kontrast zu ihrer angeborenen Schüchternheit bildete.
Was man ihr auftrug, erledigte sie perfekt, aber sie war äußerst zurückhaltend.
Vielleicht hatten es ja ihre Schüchternheit, ihr verträumter Blick oder ihre ruhige, kompetente Art James angetan. Auf jeden Fall flirtete er an jenem Vorfrühlingsabend mit ihr und brachte sie so durcheinander, dass sie schließlich einwilligte, sich wieder mit ihm zu treffen.
Sie trafen sich heimlich, was den romantischen Reiz erhöhte. Dass jemand wie James ihr seine Aufmerksamkeit schenkte, überwältigte Zoe. Er hörte ihr zu, und nach und nach verlor sie ihre Schüchternheit und vertraute ihm ihre Träume und Hoffnungen an.
Er war lieb zu ihr, und wann immer sie sich wegstehlen konnte, unternahmen sie lange Autofahrten oder saßen einfach nur unter dem Sternenhimmel und redeten.
Dabei blieb es natürlich nicht.
Er sagte, er liebe sie. Er sagte, er brauche sie.
Und in einer warmen Juninacht nahm er ihr auf einer roten Decke, die sie auf dem weichen Waldboden ausgebreitet hatten, ihre Unschuld.
Auch danach blieb er lieb und aufmerksam und versprach, sie würden ewig zusammenbleiben. Sie glaubte ihm, und er glaubte wahrscheinlich selber daran.
Alles jedoch hat seinen Preis, und so musste Zoe dafür bezahlen, dass sie jung und naiv gewesen war. Allerdings wurde James gleichfalls nicht geschont, und vielleicht kostete ihn das sogar mehr als sie. Sie hatte zwar ihre Unschuld verloren, er jedoch einen viel größeren Schatz.
Sie warf dem Schatz einen Blick zu. Ihr Sohn.
Simon hatte ihrem Leben eine völlig neue Richtung, einen neuen Sinn gegeben. Das Kind hatte eine erwachsene Frau aus ihr gemacht.
Sie hatte ihr Haus bekommen – ein kleines Haus mit einem kleinen Garten -, und das hatte sie ganz alleine geschafft. An all die wundervollen Orte war sie zwar nicht gereist, von denen sie geträumt hatte, aber sie hatte alle Wunder der Welt durch die Augen ihres Sohnes gesehen.
Und jetzt, fast zehn Jahre nachdem sie ihn zum ersten Mal im Arm gehalten und ihm versprochen hatte, dass sie ihn nie im Stich lassen würde, sorgte sie dafür, dass ihr Sohn mehr vom Leben zu erwarten hatte.
Zoe McCourt, das schüchterne Mädchen aus den Hügeln von West Virginia, war dabei, ihr eigenes Geschäft in dem hübschen Städtchen Pleasant Valley in Pennsylvania zu eröffnen, zusammen mit zwei Frauen, die in nur zwei Monaten für sie zu Schwestern und Freundinnen geworden waren.
»Luxus«. Ihr gefiel der Name. Genau das sollte es für die Kunden sein. Zwar würden sie und ihre Freundinnen hart arbeiten müssen, aber auch das war in gewisser Weise Luxus, weil sie es durften und stets davon geträumt hatten, selbständig zu sein.
Malory Prices Galerie für Kunst und Kunsthandwerk würde auf einer Seite im Parterre ihres gemeinsamen Hauses eingerichtet werden, Dana Steeles Buchhandlung auf der anderen. Und ihr eigener Salon würde sich im ersten Stock befinden.
Nur noch ein paar Wochen, dachte Zoe. In ein paar Wochen war alles fertig, und sie konnten eröffnen.
Bei dem Gedanken daran krampfte sich ihr der Magen zusammen, aber nicht nur aus Angst, sondern gleichzeitig vor Aufregung.
Sie wusste genau, wie ihr Salon aussehen würde. Kräftige Farben und viel Licht im eigentlichen Salon, weichere, entspannendere Töne in den Behandlungsräumen. Kerzen würden Duft und Atmosphäre verbreiten, und an den Wänden würden interessante Bilder hängen. Und die Beleuchtung würde erstklassig und schmeichelhaft sein.
Luxus für Kopf, Körper und Geist, das wollte sie ihren Kunden geben.
 
Heute Abend fuhr sie vom Valley, wo sie wohnte und wo sie auch ihr Geschäft eröffnen würde, in die Hügel, um sich ihrem Schicksal zu stellen. Simon starrte leicht mürrisch aus dem Fenster. Er war nicht glücklich, weil sie ihn gezwungen hatte, seinen Anzug anzuziehen.
Aber wenn man in einem Haus wie Warrior’s Peak zum Abendessen eingeladen...