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Engendering der Makroökonomie und Handelspolitik - Potenziale transnationaler Wissensnetzwerke

Gülay Caglar

 

Verlag VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN 9783531914480 , 254 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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42,25 EUR


 

4 Praktiken des Engendering: Gender Budgeting &, Gender and Trade (S. 115-116)

Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt wurde, ist die Forderung nach einem Engendering der Makroökonomie und der Handelspolitik seit den 1990er Jahren auf internationaler Ebene sichtbar. Nun stellt sich die Frage, wie diese Forderung in der Praxis konkretisiert und umgesetzt wird? Welche Politikansätze werden mit der Forderung nach einem Engendering der Makroökonomie und der Handelspolitik jeweils verbunden? Wie deutlich geworden ist, wird im internationalen Diskurs ein Bezug zwischen Gender Budgeting und makroökonomischen Fragen hergestellt. Gender Budgeting erscheint hier als ein geeigneter Politikansatz für ein Engendering der Makroökonomie.

Im Bereich der Handelspolitik hingegen existiert keine Klarheit darüber, welche Politikansätze unter Engendering zu fassen sind. Es wird um die Bedeutung dessen, was Engendering im handelspolitischen Bereich heißen könnte, gerungen. Bei einer näheren Betrachtung der Umsetzungspraxis von Gender Budgeting- Projekten in multilateralen Organisationen zeigt sich jedoch, dass der Bezug von Gender Budgeting zu makroökonomischen Fragen längst nicht so eindeutig ist, wie es im ersten Moment scheint.

Es besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen der wirtschaftspolitischen Reichweite, die durch die Thematisierung von Gender Budgeting als Engendering der Makroökonomie suggeriert wird, und der tatsächlichen Projektpraxis in multilateralen Organisationen. Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht dementsprechend, die verschiedenen Handlungsansätze und -praktiken im Kontext von Gender Budgeting und Gender and Trade näher in den Blick zu nehmen. Im ersten Abschnitt zeige ich, welche Handlungsansätze in der Projektpraxis der multilateralen Organisationen unter Gender Budgeting gefasst werden.

Mich interessiert dabei, wie Gender Budget-Projekte konzipiert werden: ob Gender Budgeting als makroökonomisches Steuerungsinstrument konzipiert wird, welche Bereiche des Haushalts vornehmlich im Mittelpunkt stehen und wer die zentralen Kooperationspartner bei der Realisierung sind. Im zweiten Abschnitt untersuche ich, welche Forderungen verschiedene Frauenorganisationen und -netzwerke im Themenbereich Gender and Trade formulieren und welche Handlungsansätze handelspolitische Akteure daraus ableiten. In diesem Zusammenhang interessiert mich die Frage, ob sich Handlungsmuster erkennen lassen, aus denen zu schließen ist, was im Bereich der Handelspolitik als Engendering gilt.

4.1 Gender Budgeting: Ziele und Projektpraxis

Auf der internationalen Ebene ist es unter Wissenschaftlerinnen, Aktivistinnen und multilateralen Geberorganisationen kaum umstritten, worum es bei Gender Budgeting geht: Gender Budgeting wird als ein Gender Mainstreaming-Ansatz im Bereich der Finanzpolitik verstanden. Folglich wird angestrebt, finanzpolitische Entscheidungen systematisch aus einer Geschlechterperspektive zu reflektieren und diese unter Berücksichtigung von geschlechterpolitischen Zielen zu reformulieren.

Gender Budgeting zielt letztlich auf die geschlechtergerechte Ausgestaltung der Finanzpolitik. Ausgangspunkt ist die These, dass finanzpolitische Entscheidungen nicht geschlechtsneutral sind, sondern ein Resultat gesellschaftlicher (und geschlechtsspezifischer) Kräfteverhältnisse. Der Staatshaushalt reflektiert demzufolge die gesellschaftspolitische Prioritäten einer Regierung hinsichtlich der Fragen, von wem Einnahmen erhoben und für welche Zwecke bzw. für wen die Ausgaben speziell getätigt werden (z. B. Budlender 2000, Çagatay et al. 2000). Im finanzpolitischen Entscheidungsprozess wird jedoch nicht nur über die Einnahmen- und Ausgabenstruktur des Haushalts befunden, sondern auch über die makroökonomische Ausrichtung bzw. konjunkturpolitische Zielrichtung insgesamt (vgl. Budlender et al. 2002: 27ff.).

Diane Elson betont, dass vor der Entscheidung, wie die Mittel zwischen den Ressorts verteilt und innerhalb der Ressorts verausgabt werden, die mittelfristige Finanzplanung ansteht (Mediumterm Expenditure Framework) – also die Entscheidung darüber, ob eine Sparpolitik oder eher eine expansive Politik zur konjunkturellen Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung verfolgt werden soll (Elson 1998b: 930). Das heißt, dass die politische Entscheidung auf der Ebene der makroökonomischen bzw. konjunkturpolitischen Steuerung den Entscheidungen zur Haushaltsstruktur vorausgeht. Aus diesem Grund bringt Diane Elson (wie andere feministische Ökonominnen) Gender Budgeting mit Fragen der makroökonomischen Steuerung in Verbindung (u. a. Çagatay/Ertürk 2004).