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Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien? Weltgeschichte - alles, was man wissen muss

Wolfgang Seidel

 

Verlag Eichborn AG, 2010

ISBN 9783821885438 , 448 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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15,99 EUR

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Merowinger und Karolinger (S. 155-156)

Um 500 gab es in Westeuropa zwei Großmächte: Das Gotenreich Theoderichs und das Frankenreich des Merowingers Chlodwig. Nach Theoderichs Tod verfiel das Ostgotenreich, und ab 560 rückten in Italien die Langobarden ein. Nun gab es nur noch eine Großmacht: die Merowinger. Chlodwig hatte Paris zur Hauptstadt des Frankenreiches bestimmt. Die wichtigsten Reichsteile wurden damals »Neustrien« (Champagne, Paris, Westfrankreich), »Austrien« (Belgien, Lothringen, Rhein- und Maingebiet) und »Aquitanien« (Südwestfrankreich) genannt. Nach salfränkischem Erbrecht fiel jeglicher Besitz immer zu gleichen Teilen an die Söhne.

Und zwar nur an die Söhne, nicht an die Töchter. (Das hatte sogar noch Auswirkungen bei der Thronfolge Maria Theresias!) Dieser germanische Rechtsgrundsatz galt natürlich auch bei der Thronfolge der Merowinger: Weil die Söhne nach salischem Gesetz zu gleichen Teilen erbten, kam es immer wieder zu Reichsteilungen und mannigfachem Zwist, wobei man vor Intrigen und Verwandtenmorden nicht zurückschreckte. Das so entstehende Machtvakuum ermöglichte den Aufstieg der »Hausmeier« und führte im 7. Jahrhundert die direkten Vorfahren Karls des Großen an die Spitze des Frankenreiches. Karls Vorfahren, der ältere Pippin und Bischof Arnulf von Metz, waren die einflussreichsten Männer im Umkreis des letzten bedeutenden Merowingers Dagobert I., Pippin bereits als Hausmeier oder »Haushofmeister«, was einem Regierungschef gleichkam.

Feudalismus  

Einen Höhepunkt innermerowingischer Auseinandersetzungen bildeten die Reichsteilungen nach dem Tod König Chlotars I. im Jahr 561. Um das Frankenreich nach jahrzehntelangem Bürger- und Bruderkrieg wiederzuvereinigen, machte Chlotar II. etliche Zugeständnisse. Im Edictum Chlotarii verzichtete der König auf das Recht, Grafen nach seinem Gutdünken mal da, mal dort einzusetzen. Sie mussten von nun an aus der Region stammen, in der sie amtierten. Das war eine wesentliche Grundlage für die Entstehung des mittelalterlichen Feudalismus. Jetzt konnten die Adligen eine Hausmacht aufbauen, Besitz anhäufen und ihre politische Stellung innerhalb der Familie weitergeben. Wesentliche Autoren dieses Edikts waren Pippin und Arnulf.

Im Mittelalter sprach man nicht von »Feudalismus«. Das ist ein neuzeitlicher Begriff, den Karl Marx zwar nicht erfunden, aber in Umlauf gebracht hat. Im Mittelalter sprach man von »Vasall«, dem Gefolgsmann, der ein Treuegelübde abgelegt hatte. Dieses persönliche Schutz- und Trutzversprechen zwischen Herr und Vasall bildete den Kern der mittelalterlichen Herrschaftssysteme. Seit karolingischer Zeit erhielten die Vasallen ein Lehen (ursprünglich etwas »Geliehenes«). Diese Güter, meist Grundbesitz, wurden erblich und als Hoheitsgebiete auch mit Hoheitsrechten verbunden. So entstand das feudale Herrschaftssystem.

»Schottisch«-irische Mission
  

Bis in die Jahre 650/700 war das rechtsrheinische Austrien noch stockheidnisch. Zustände wie in Gallien, wo sich das Christentum schon seit 250 ausbreitete und ein römischer Offizier wie der heilige Martin 372 Bischof von Tours wurde, waren dort undenkbar. Nun kamen aus England und Irland, wo das Christentum tiefe Wurzeln geschlagen hatte, Wanderprediger ins Fränkische Reich. Columban gründete um 590 ein Kloster in den Vogesen. Sein Gefährte Gallus missionierte im Bodenseeraum. Der Westfranke Emmeram wurde erster Bischof in Regensburg. Im Auftrag von Karl Martell, dem Großvater Karls des Großen, wanderte der Ire oder Westfranke Pirmin durch Bodenseeraum, Schwarzwald und Elsass, während Willibrord (ca. 660–739) als »Friesenapostel« schon vor Bonifatius bei den wirklich widerspenstigen Friesen missionierte. Obwohl kein einziges dieser Klöster von einem Schotten gegründet wurde, fasst man sie unter dem Begriff »Schottenklöster« zusammen, denn Irland hieß im Mittelalter auf Lateinisch Scotia maior. Die Iren waren also dem Namen nach »Schotten«. Die Wandermönche hegten übrigens die Vorstellung, je weiter sie sich von ihrer lieblichen irischen oder westfränkischen Heimat in damals unbekannte und fremde germanische Territorien vorwagten, desto näher seien sie dem Himmelreich. Ihre Erwartung erfüllte sich: Fast alle endeten als Märtyrer.