dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Wehret den Anfängen! - Die AfD: Keine Alternative für Deutschland

Anton Latzo

 

Verlag Edition Berolina, 2017

ISBN 9783958415461 , 128 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

7,99 EUR


 

Anton Latzo

Die Partei »Alternative für Deutschland« – woher kommt sie, wohin geht sie?

Bedingungen für die Entstehung

Die »Alternative für Deutschland« ist Bestandteil der reaktionären Entwicklung der ökonomischen, politischen und geistigen Verhältnisse des deutschen Imperialismus in der Gegenwart. Sie ist ein Ergebnis des ununterbrochenen Strebens der nach 1945 wiederhergestellten Macht des deutschen Monopol- und Finanzkapitals nach Restauration und Revanche.

Sie ist ein Ausdruck des Bemühens der restaurativen und reaktionären Kräfte des deutschen Kapitals, die reaktionären und aggressiven innen- und außenpolitischen Ziele des deutschen Imperialismus unter den neuen nationalen und internationalen Verhältnissen wieder zu beleben, die dazu notwendigen geistig-politischen Bedingungen zu schaffen sowie die politischen Kräfte dafür zu formieren.

Nach 1945 war Westdeutschland beziehungsweise die BRD in das Nachkriegssystem, das von den Großmächten kontrolliert wurde, eingebunden und somit bestimmten Restriktionen unterworfen. Ihre Ziele im Prozess der Res­tauration der ökonomischen und politischen Herrschaft des Kapitals konnte die deutsche Bourgeoisie nur erreichen, indem sie auch diesen Gegebenheiten Rechnung getragen hat. Nachdem mit der Konterrevolution, der Einverleibung der DDR und dem Zerfall der Sowjetunion wesentliche Vorhaben des Imperialismus verwirklicht werden konnten, sah man sich auch von den internationalen Verpflichtungen befreit.

Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) erklärte in diesem Sinne in seiner ersten Regierungserklärung als Bundeskanzler für das ganze Deutschland (am 30. Januar 1991) vor dem Parlament: »Deutschland hat mit seiner Geschichte abgeschlossen, es kann sich künftig offen zu seiner Weltmachtrolle bekennen und soll diese ausweiten.«

Und sein Außenminister, Klaus Kinkel (FDP), präzisierte 1993: »Nach außen gilt es, etwas zu vollbringen, woran wir zweimal (Erster und Zweiter Weltkrieg, A. L.) zuvor gescheitert sind: im Einklang mit unseren Nachbarn zu einer Rolle zu finden, die unseren Wünschen und unserem Potential entspricht. Die Rückkehr zur Normalität im Inneren wie auch nach außen entspricht einem tiefen Wunsch unserer Bevölkerung seit Kriegsende. Es ist jetzt auch notwendig, wenn wir in der Völkergemeinschaft respektiert bleiben wollen. (…) Unsere Bürger haben begriffen, dass die Zeit des Ausnahmezustandes (nach dem Zweiten Weltkrieg, A. L.) vorbei ist.«1

Die auf der Grundlage dieser Ausrichtung gestaltete Gesellschaft und Politik der BRD der Gegenwart ist und wird immer stärker dadurch gekennzeichnet, dass der Zusammenhang zwischen einer expansiven und aggressiven Politik nach außen und einer zunehmend autoritären und repressiven politischen Entwicklung im Innern immer deutlicher alle ökonomischen, politischen, sozialen und geistig-kulturellen Prozesse charakterisiert.

Diese Entwicklung wird getragen von einer Zunahme der Konzentration des ökonomischen Potentials und des Einflusses der Macht des Kapitals in Gestalt der Großmonopole. Es wirkt zugleich die Verschärfung der grundlegenden Widersprüche des Kapitalismus, darunter auch der Klassenwidersprüche zwischen Kapital und Arbeit.

Die Widersprüche im Bereich der Arbeits- und Lebensbedingungen der Bevölkerung tragen sichtbar zur Verunsicherung der ökonomisch und politisch Herrschenden über die künftige Entwicklung des Verhaltens der Bevölkerung im gegenwärtigen politischen System bei.

Der Ausbau eines umfassenden staatlichen Überwachungs- und Kontrollarsenals der Organisationen und des Einzelnen findet statt. Bürgerlich-demokratische Prinzipien der Verfassung und Rechte der Menschen werden beschleunigt unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung abgebaut. Das Grundgesetz gilt immer weniger als Maßstab der Politik.

Diese Prozesse führen zu erheblichen Veränderungen im System der politischen Apparate und in der Organisation und Funktion des Staates. Verwerfungen in den staatlich-politischen Strukturen werden zunehmend von restriktiven Formen politischer Konflikt- und Krisenbearbeitung begleitet.

Neben traditionellen Methoden der Machtausübung durch den kapitalistischen Staat wird zunehmend der Einfluss der Militarisierung und der Verbreitung von grundlegenden Bestandteilen der großdeutschen Ideologie wirksam.

Die Gründung und das Wirken der AfD sind eine Reaktion der herrschenden Kreise des deutschen Monopolkapitals auf die komplizierter und widersprüchlicher werdenden Bedingungen, die für ihre Politik und für die Stabilität der politischen Ordnung aus den sich vollziehenden ökonomischen und politischen, nationalen und internationalen Entwicklungen erwachsen. Sie sind ein Ergebnis der bisherigen Zuspitzung der Widersprüche in der Gesellschaft der BRD und in der Politik der Herrschenden.

Charakteristisch für die politische Restauration in der BRD seit den 1960er Jahren ist, dass sie unter direkter sozialdemokratischer Regierungsführung beziehungsweise Regierungsbeteiligung erfolgt und von den Gewerkschaften gedeckt wird. In den bisher 67 Jahren Existenz der BRD war die SPD-Führung 31 Jahre lang in einer Regierungskoalition mit der CDU/CSU, mit der FDP oder den Grünen. 20 Jahre lang stellte sie den Bundeskanzler (Willy Brandt, Helmut Schmidt, Gerhard Schröder).

Das Regieren beziehungsweise Mitregieren der SPD hat stets dazu beigetragen, das Funktionieren des in der Krise befindlichen Kapitalismus und seines Staates zum Zwecke der Erzielung von Profit durch Ausbeutung im Innern und schrittweisen Ausbau der Expansionspolitik abzusichern. Während der (Mit-)Regentschaft von SPD-Führern wurden in der ersten Periode (1966–1982) die »neue Ostpolitik« eingeleitet und die Notstandsgesetze verabschiedet. In der zweiten Regierungsphase (1998–2009) beteiligte sich die BRD aktiv an der Aggression gegen Jugo­slawien. Der damalige SPD-Bundeskanzler (1998–2005), Gerhard Schröder, verkündete die »Enttabuisierung des Militärischen« und die sogenannten »Hartz-Gesetze«. Und schließlich wurde in der jetzigen Regierungsphase (2013–2017) die erneute Wiederbelebung der »Weltpolitik« des deutschen Imperialismus verkündet und in Angriff genommen sowie der Einsatz des Militärischen als Instrument der Politik, die Militarisierung, praktiziert. Aufgrund der Verschärfung der Widersprüche in der Gesellschaft und in der Politik geraten die SPD-Führer immer mehr unter Druck, wird ihr Manövrierraum immer enger, und ihr Einsatz für die Belange des Kapitals kann nicht mehr so offen und direkt erfolgen, wie es auch das Auftreten des Spitzenkandidaten der SPD, Martin Schulz, im laufenden Wahlkampf zeigt.

Das Aufkommen und die Erfolge der AfD sind nur dann zu verstehen, wenn man sie im Zusammenhang mit dem Verlauf der allgemeinen Krise des Kapitalismus in der gegenwärtigen Phase und mit der auf dieser Grundlage verlaufenden Entwicklung der Gesellschaft und der Politik der BRD betrachtet. Zur Sicherung der Herrschaft und zu ihrer internationalen Ausweitung beginnt man, die Kräfte neu zu formieren und perspektivisch Absicherungen aufzubauen. Die Gründung und das Wirken der AfD sind Bestandteil dieses Prozesses.

Gründung und Entwicklung der AfD

Die Entstehung der AfD ist also keine spontane und keine kurzfristige Antwort, die nur aus einer bestimmten Situation heraus oder gar zufällig aufgetaucht ist. Um sie zu rechtfertigen, wurde zwar auf die zunehmende Unzufriedenheit wachsender Kreise der Bevölkerung mit ihren Arbeits- und Lebensbedingungen und mit dem Zustand der Gesellschaft Bezug genommen. In Wirklichkeit folgte man aber mit der Gründung der AfD und ihrem Wirksamwerden der Entwicklung der inneren und äußeren Interessen des Kapitals.

Als Probelauf wurde im Herbst 2012 eine »Wahlalternative 2013« für die Bundestagswahl 2013 gegründet. Sie brachte zwar keine Bundestagsmandate, aber für die Initiatoren und ihre führenden Köpfe, die langjährigen CDU-Mitglieder Alexander Gauland, Bernd Lucke, Konrad Adam und Gerd Robanus, die Möglichkeit, die günstigsten Methoden ausfindig zu machen, mit denen man hohe Wirkung erzielen und erfolgreich »Fußtruppen« mobilisieren kann.

So konnte schon am 6. Februar 2013 vom gleichen Personenkreis, verstärkt mit Leuten wie Hans-Olaf Henkel, in Berlin die Partei »Alternative für Deutschland« gegründet werden. Nur kurze Zeit später, Anfang Mai 2013, waren in allen Bundesländern entsprechende Landesverbände der AfD konstituiert. Seit 2014 erreichte die Partei bei allen Landtagswahlen Ergebnisse, die zum Teil bei weit über 5 Prozent lagen, und platzierte unterdessen ihre Abgeordneten in 13 von insgesamt 16 Landtagen.

Trotz des Austritts exponierter Führungspersonen wie Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel – im Juli 2015 –, verbunden mit einem vorübergehenden Einbruch der Mitgliederzahl, verzeichnet die AfD einen stetigen Mitgliederzuwachs. Vor dem Parteitag Ende November 2015 hatte die AfD wieder knapp 20.000 Mitglieder, was in etwa dem Stand vor dem Austritt Luckes und seiner Anhänger entsprach. Für Mai 2016 wird eine Mitgliederzahl von 23.400 angegeben.2 In den Medien sprach man Ende 2016 davon, dass die AfD im Dezember 2016 rund 26.000 Mitglieder zählen würde.3 Bemerkenswert ist, dass die Mitgliederentwicklung der AfD eine deutliche Sprache gegen diejenigen spricht, die die AfD besonders in den ostdeutschen Bundesländern verorten wollen. Von den 19.920 Mitgliedern, die im Oktober 2014 in der AfD organisiert waren, waren 16.603, das heißt 83 Prozent, in den alten Bundesländern sesshaft. Aus den östlichen Ländern stammten 3.317 Mitglieder, also rund 17 Prozent.4 Nimmt man die Zahlen...