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Julia Extra Band 330 - Entführt ins Glück / Süße Sünde / Hochzeit im Paradies / Öffne dein Herz, Ellie! /

Chantelle Shaw, Fiona Harper, Trish Morey, Julia James

 

Verlag CORA Verlag, 2011

ISBN 9783862958566 , 448 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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3,99 EUR

  • Glut der Verheißung - Roman
    Pfade der Sehnsucht - Roman
    Leidenschaft in den Highlands
    Süßes Gift der Liebe - Roman
    Küsse im Mondschein - Roman

     

     

     

     

 

 

1. KAPITEL

Laut dem Detektiv, den er engagiert hatte, sollte er die Geliebte seines Vaters genau hier finden. Raul Carducci stieg aus seiner Limousine und sah den Kai des kleinen englischen Fischerdörfchens hinunter. Nature’s Way – Natürliche Lebensmittel und Kräuterheilkunde. Das Geschäft lag zwischen einer Eisdiele und einem winzigen Geschenkladen, die beide geschlossen hatten. Und dem äußeren Anschein nach würden sie auch bis zum Beginn der Sommersaison geschlossen bleiben …

Vom bleigrauen Himmel nieselte es unablässig herab, und Raul schlug sich mit grimmiger Miene den Mantelkragen hoch. Je eher er nach Italien zurückkehren konnte, wo die Frühlingssonne bereits das tiefblaue Wasser des Lago Bracciano erwärmte, desto besser. Aber er war nach Pennmar gekommen, um Pietro Carduccis letzten Willen zu erfüllen. Darum lenkte er seine Schritte entschlossen in Richtung der einzigen Ladenfassade, die für den Publikumsverkehr geöffnet zu sein schien.

Libby war so in die Jahresbilanz von Nature’s Way vertieft, dass es einige Sekunden dauerte, bis das zarte Klimpern des Windspiels über der Tür an ihr Ohr drang.

Ein eher seltenes Geräusch in der Winterzeit, dachte sie mit leichtem Bedauern und betrachtete die roten Zahlen auf den Abrechnungsbögen. Nach der letzten Saison hatten die Gäste Pennmar recht frühzeitig verlassen, und mittlerweile war das kleine Reformhaus nahezu bankrott.

Einen Laden dieser Art in einem Dorf an Cornwalls Küste zu eröffnen, war eine der haarsträubendsten Ideen von Libbys Mutter gewesen. Das kleine Erbe der Großmutter war schnell aufgebraucht. Libbys Mutter aber hatte standhaft an den Erfolg ihres Geschäfts geglaubt.

Der Gedanke an Liz verursachte den vertrauten, ziehenden Schmerz in Libbys Brust. Aber für Melancholie blieb keine Zeit. Ein Kunde wartete auf sie, also schob sie energisch den Vorhang zur Seite, der den kleinen Büroraum vom Rest der unteren Etage abtrennte.

Der Mann stand mit dem Rücken zu ihr, und seine breiten Schultern kamen in dem edlen hellen Mantel auffallend gut zur Geltung. Er ließ seinen Blick rastlos über die Auslagen schweifen, und bei jedem seiner Schritte befürchtete Libby, er würde mit dem Kopf gegen die niedrige Decke stoßen.

„Kann ich Ihnen behilflich sein?“, erkundigte sie sich fröhlich, doch ihr Lächeln verschwand, als der Fremde sich auf dem Absatz umdrehte und sie finster anblickte. Sofort begriff sie, dass hier kein gewöhnlicher Tourist vor ihr stand. Um genau zu sein, war nichts an dieser maskulinen Erscheinung gewöhnlich!

Seine zurückgekämmten Haare waren so pechschwarz wie die Flügel eines Raben, und die bronzefarbene Haut glänzte im gedämpften Licht des Ladens wie Seide. Fasziniert musterte Libby seine Gesichtszüge: eine hohe Stirn, ausgeprägte Wangenknochen, ein energisches Kinn und sinnlich geschwungene Lippen. Er war ohne Übertreibung der umwerfendste Mann, den sie jemals zu Gesicht bekommen hatte.

Libby konnte den Blick gar nicht mehr von ihm abwenden und errötete, als seine Augen sich verengten und er seinerseits ihre Erscheinung abschätzend musterte. Ein purpurner, gemusterter Rock und ein giftgrünes Top schienen nicht zu seinen bevorzugten modischen Kombinationen zu gehören – der Fremde schüttelte sich praktisch innerlich vor Abscheu. Jedenfalls war das Libbys Eindruck.

Und sie lag vollkommen richtig. Raul bevorzugte tatsächlich stilvolle, elegante Frauen und hatte für exzentrischen Hippieschick nicht das Geringste übrig. Allerdings war das Mädchen, das hinter dem Verkaufstisch stand, ausgesprochen hübsch. Ihr zartes, strahlend schönes Gesicht wurde von einer leuchtend roten Lockenmähne umrahmt, und Nase und Wangen zierten hübsche kleine Sommersprossen.

Doch am meisten beeindruckten ihn die strahlenden blaugrünen Augen, von langen, dunklen Wimpern umrahmt, die ihn intelligent und aufmerksam ansahen. Ihr rosaroter Kussmund war leicht geschürzt, so als fragte sie sich im Stillen, warum Raul sich wohl in ihren Laden verirrt hatte.

Solche Lippen muss man küssen, dachte er automatisch und wunderte sich über seine eigenen Gedanken. Wahrscheinlich erfasste er nur, wie attraktiv diese junge Frau aussehen könnte, würde sie ein vernünftiges Designerkleid tragen.

Raul biss die Zähne zusammen. Er musste sich mit der Geliebten seines Vaters beschäftigen, nicht mit diesem fremden Mädchen. Ganz gleich, wie einladend ihr Schmollmund auf ihn wirkte! „Ich bin auf der Suche nach Elizabeth Maynard“, erklärte er knapp.

Die Stimme des Mannes klang angenehm tief, etwas rau und so sexy wie dunkle, geschmolzene Schokolade auf nackter Haut! An seinem Akzent erkannte Libby die unverkennbar italienische Herkunft. Es passierte nicht jeden Tag, dass ein so hinreißender Frauenmagnet ihr Geschäft betrat. Heute war er sogar der allererste Kunde überhaupt.

Die Höflichkeit gebot, ihm umgehend zu antworten. Andererseits war sie Fremden gegenüber extrem misstrauisch und äußerst vorsichtig. Immerhin hatte sie ihre unkonventionelle Kindheit damit verbracht, sich vor Kredithaien zu verstecken oder aber mit Gläubigern nur durch den Briefschlitz zu sprechen, während ihre Mutter durch das Badezimmerfenster floh.

Und wenn er nun wegen Gino hier ist? überlegte sie erschrocken und kämpfte mit aufsteigender Panik.

„Wer sind Sie?“, wollte Libby wissen, und ihr Tonfall war wesentlich schärfer als gewöhnlich.

Verärgert zog Raul die Stirn in Falten. Die meiste Zeit seines Lebens hatten Angestellte sich darum bemüht, seine Wünsche und Anordnungen bedingungslos auszuführen. Er sah keine Veranlassung, einer Verkäuferin gegenüber seine Motive offenzulegen. Bei dem Versuch, seine wachsende Ungeduld zu verbergen, kniff er die Augen leicht zusammen.

„Mein Name ist Raul Carducci.“

Die junge Frau sog scharf den Atem ein, und ihre Augen wirkten plötzlich unnatürlich groß. „Pietro Carduccis Sohn?“, stieß sie hervor.

Bei dieser Frage erstarrte Raul vor Wut. Hatte die Mätresse seines Vaters etwa mit ihren Angestellten über seine Familie geredet? Hatte sie damit angegeben, eine Affäre mit einem reichen italienischen Aristokraten zu haben, und es vor dem ganzen Dorf breitgetreten?

Er warf einen Seitenblick auf den schweren Vorhang und überlegte, ob Elizabeth Maynard sich wohl dahinter verbarg. Vor dem Stoff hingen unzählige klirrende Perlenketten herab.

Si, Pietro Carducci war mein Vater“, sagte er achselzuckend. „Und ich muss mit Miss Maynard sprechen. Also wenn Sie ihr bitte umgehend mitteilen würden, dass ich hier bin?“ Seine Stimme wurde zunehmend schärfer. Es gelang Raul nicht, die Bitterkeit zu verbergen, die er seit der Testamentseröffnung verspürte. „Zweifellos wird sie begeistert sein zu hören, dass es ihr eine lebenslange Essensmarke eingebracht hat, den illegitimen Sohn meines Vaters auszutragen. Sie wird nicht länger am Hungertuch nagen müssen, indem sie sich mit einer Bruchbude wie dieser hier abmüht.“ Abfällig betrachtete er die Auslagen mit Bioprodukten, Kräutertees, Duftkerzen und Räucherstäbchen. „Sie, Signorina, werden sich allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit einen neuen Job suchen müssen.“

Schweigend starrte Libby Raul Carducci an. Ihre Mutter hatte zwar von Pietros Sohn gewusst, aber die Affäre mit dem heißblütigen Italiener war nur von kurzer Dauer gewesen. Libbys Mutter hatte nicht einmal geahnt, dass ihm die weltberühmte Firma Carducci Cosmetics gehörte, bis sie zufällig einen Artikel über ihn las.

Liz hatte damals mit sich gerungen, ob sie ihrem ehemaligen Liebhaber überhaupt von der Schwangerschaft erzählen sollte. Als sie Pietro schließlich darüber informierte, dass sie sein Kind zur Welt gebracht hatte, meldete sich dieser nicht einmal.

Doch auch wenn Pietro Carducci seinen illegitimen Nachwuchs nicht anerkannte, musste er offenbar seinem älteren Sohn von Gino erzählt haben. Bei diesem Gedanken wurde Libby schlecht, und sie versuchte, in Rauls Gesicht abzulesen, wie er zu dieser Tatsache stand. Erfreut war er sicherlich nicht. Doch bevor Libby Näheres erfahren konnte, erklang das Windspiel über der Tür.

Raul drehte den Kopf und sah eine Frau hereinkommen, die einen Buggy vor sich herschob. „Da sind wir, Gino, wieder zurück im Warmen“, sagte sie vergnügt und übertönte damit die Schreie des Kindes, das kurz darauf unter einer durchsichtigen Regenhaube zum Vorschein kam. „Schon gut, mein Süßer! Gleich habe ich dich aus deiner Karre befreit.“

Ein beklemmendes Gefühl überfiel Raul, als er die getönte Haut und die schwarzen Locken des Jungen sah. Die Frau hatte ihn Gino genannt, und auch wenn der Kleine noch kein Jahr alt war, war die verblüffende Ähnlichkeit mit seinem Vater unverkennbar. Das machte jeden DNA-Test überflüssig!

Dann fiel Rauls Blick auf die ältere Dame, auf die geröteten Wangen, die wüsten braunen Haare und ihre kräftige Figur. Kaum zu glauben, dass Pietro, der als Liebhaber ausgesuchter klassischer Schönheit gegolten hatte, diese Frau zu seiner Geliebten gemacht hatte. Noch unwahrscheinlicher, dass sie tatsächlich in einem Stripclub gearbeitet haben sollte!

Mit finsterer Miene rief er sich den Termin mit dem Anwalt und Testamentsvollstrecker seines Vaters in Erinnerung …

„Dies ist das Testament und der letzte Wille von Pietro...