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Den Himmel gibt's echt - Die erstaunlichen Erlebnisse eines Jungen zwischen Leben und Tod

Todd Burpo, Lynn Vincent

 

Verlag SCM Hänssler im SCM-Verlag, 2011

ISBN 9783775170598 , 160 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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13,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Krabbeltiere


Mit dem Familienausflug, bei dem unser Albtraum begann, wollten wir eigentlich etwas feiern. Anfang März 2003 stand bei mir eine Dienstreise nach Greeley, Colorado, auf dem Plan, zu einem Bezirksvorstandstreffen der Wesleyan Church. Seit dem vorigen August war das Leben für unsere Familie recht schwierig verlaufen: Sieben Monate Krankheit am Stück (darunter ein Beinbruch, zwei Operationen und eine zweifelhafte Tumordiagnose) hatten unser Bankkonto so stark geplündert, dass ich die »gähnende Leere«, die sich mir beim Blick auf unsere Kontoauszüge offenbarte, beinah hören konnte. Mein kleines Pastorengehalt war davon nicht betroffen, doch unsere Haupteinnahmequelle bestand in der Garagentürfirma, die wir betrieben. Unsere gesundheitlichen Probleme hatten einen hohen Tribut gefordert.

Im Februar schienen wir all das jedoch überwunden zu haben. Da ich sowieso verreisen musste, beschlossen wir, die Dienstreise zu einem Höhepunkt für unser Familienleben zu machen. Wir wollten ein paar Tage Spaß haben, Kopf und Geist auftanken und anschließend mit neuer Kraft weitermarschieren.

Sonja hatte von einem tollen Ausflugsziel für Kinder gehört, das ganz in der Nähe von Denver lag: dem Schmetterlingspavillon. Unter dem Namen »Zoo der wirbellosen Tiere« war der Schmetterlingspavillon 1995 als Bildungsprojekt eröffnet worden, das die Menschen mit den Wundern der Insektenwelt und der Meereskriechtiere, wie sie in Gezeitenbecken leben, vertraut machen sollte. Heute werden die Kinder vor dem Zoo von der großen bunten Metallskulptur einer Gottesanbeterin begrüßt. Im Jahr 2003 allerdings gab es dieses Rieseninsekt dort noch nicht, sodass das niedrige, etwa fünfzehn Autominuten vom Stadtzentrum Denvers entfernt gelegene Backsteingebäude nicht förmlich »Kinderattraktion« schrie. Dennoch wartete darin eine Welt voller Wunder, besonders für Kinder in Coltons und Cassies Alter.

Unsere erste Station war der Raum mit den »Krabbeltieren«, ein Raum voller Terrarien, in denen lauter schaurig-schöne vielbeinige Insekten hausten, von Käfern über Kakerlaken bis hin zu Spinnen. Ein Exponat darin, der Turm mit den Vogelspinnen, zog Cassie und Colton wie ein Magnet an. Dieser Terrarienturm war, genau wie es im Prospekt stand, ein Turm aus verglasten Biotopen für jene Art haariger, dickbeiniger Spinnen, von denen man entweder fasziniert ist oder Zustände bekommt.

Cassie und Colton kletterten abwechselnd auf eine dreistufige Trittleiter, um sich die Bewohner der oberen Geschosse des Spinnenturms anzuschauen. In einem Terrarium hockte in einer Ecke eine beigefarbene Vogelspinne, deren Hautpanzer bedeckt war mit, wie das Schild am Terrarium verriet, Haaren in einer »hübschen« hellen Farbe. In einem anderen verglasten Biotop wohnte eine rot-schwarze Vogelspinne, die eigentlich in Indien beheimatet ist. Einer der gruseliger aussehenden Terrarienbewohner war eine »Skelettvogelspinne«, die ihren Namen von den weißen Streifen hat, die sich über ihre schwarzen Beine ziehen, sodass die Spinne ein bisschen wie ein Röntgenbild aussieht. Später hörten wir, dass diese spezielle Skelettvogelspinne eine kleine Rebellin war: Einmal hatte sie es irgendwie geschafft auszubrechen, war in das benachbarte Terrarium eingedrungen und hatte ihren Nachbarn zum Mittagessen verspeist.

Als Colton auf die Trittleiter sprang, um zu schauen, wie diese rebellische Vogelspinne aussah, warf er mir über die Schulter ein Lächeln zu, von dem mir ganz warm ums Herz wurde. Ich spürte, wie sich meine Nackenmuskeln entspannten, und irgendwo in mir ging ein Druckventil auf – so ähnlich wie ein langer Seufzer der Seele. Zum ersten Mal seit Monaten hatte ich das Gefühl, ich könnte einfach meine Familie genießen.

»Wow, schau dir die hier an!«, sagte Cassie und zeigte mit dem Finger in eines der Terrarien. Meine Tochter, eine etwas schlaksige Sechsjährige, ist blitzgescheit. Das hat sie von ihrer Mutter. Cassie deutete auf ein Schild, auf dem stand: »Goliath-Vogelspinne … ein Weibchen kann knapp dreißig Zentimeter lang werden.«

Die Spinne in dem Terrarium war nur etwa fünfzehn Zentimeter lang, aber ihr Körper war so dick wie Coltons Handgelenk. Er starrte mit großen Augen durch die Glasscheibe. Ich schaute mich um und sah, wie Sonja die Nase rümpfte.

Ich schätze, einer der ehrenamtlichen Tierpfleger sah ihren Gesichtsausdruck ebenfalls, denn er beeilte sich, die Riesenvogelspinne in Schutz zu nehmen. »Die Goliath-Vogelspinne ist aus Südamerika«, erklärte er in einem freundlichen, informativen Ton, der sagte: Sie ist nicht so eklig, wie Sie denken. »Vogelspinnen aus Nord- und Südamerika sind sehr gutmütig. Da drüben können Sie sogar eine auf die Hand nehmen.« Er deutete in eine Ecke des Raumes, wo ein anderer Tierpfleger eine kleinere Vogelspinne auf der Handfläche hielt, sodass eine Gruppe von Kindern sie sich näher anschauen konnte.

Cassie schoss durch den Raum, um zu sehen, was da los war. Sonja, Colton und ich bildeten die Nachhut. In einer Ecke des Raumes, die wie eine Bambushütte zurechtgemacht war, zeigte der Pfleger den konkurrenzlosen Star der Krabbeltierausstellung – die Spinne Rosie. Rosie war eine Rote Chile-Vogelspinne. Diese Spinne aus Südamerika hatte dicke Haare, einen pflaumengroßen Körper und fünfzehn Zentimeter lange Beine, die so dick wie Bleistifte waren. Doch das Beste an Rosie – zumindest aus der Sicht eines Kindes – war: Wenn man mutig genug war, sie auf die Hand zu nehmen, wenn auch nur für einen Moment, bekam man als Belohnung einen Sticker vom Tierpfleger.

Wenn Sie kleine Kinder haben, dann wissen Sie, dass manchmal ein cooler Sticker besser ist als eine Handvoll Geld. Und dieser Sticker war etwas ganz Besonderes: Auf weißem Untergrund war eine gelbe Vogelspinne zu sehen, und darüber stand: »Ich habe Rosie gehalten!« Das war nicht einfach irgendein Sticker, das war ein Tapferkeitsabzeichen!

Cassie beugte sich dicht über die Hand des Tierpflegers. Colton schaute zu mir auf, die blauen Augen ganz groß. »Darf ich einen Sticker haben, Papa?«

»Du musst Rosie auf die Hand nehmen, um einen Sticker zu kriegen, Kumpel.«

In diesem Alter hatte Colton diese einmalige Art zu sprechen an sich, halb ernsthaft, halb atemlos vor Staunen. Er war ein schlauer, lustiger kleiner Kerl, der das Leben in Schwarz-Weiß sah. Entweder machte etwas Spaß (Lego) oder nicht (Barbies). Entweder mochte er ein Essen (Steaks) oder er hasste es (grüne Bohnen). Die Welt war eingeteilt in Gute und Böse, und sein Lieblingsspielzeug waren Superheld-Figuren. Superhelden waren superwichtig für Colton. Er nahm seinen Spiderman, Batman und Buzz Lightyear überall mit hin. So konnte er, ob er nun in seinem Kindersitz im Auto, in einem Wartezimmer oder in der Gemeinde auf dem Fußboden saß, immer Szenen gestalten, in denen die Guten die Welt retteten. Dazu gehörte meistens auch ein Schwert – Coltons Lieblingswaffe zum Vertreiben des Bösen. Zu Hause konnte er der Superheld sein. Mehr als einmal kam ich nach Hause und fand Colton bis an die Zähne bewaffnet vor, je ein Spielzeugschwert rechts und links in den Gürtel geschoben und eins in jeder Hand: »Ich spiele Zorro, Papa! Willst du mitspielen?«

Jetzt richtete Colton den Blick auf die Spinne, die auf der Hand des Tierpflegers saß, und ich hatte den Eindruck, er hätte gern ein Schwert bei sich, wenigstens zur moralischen Unterstützung. Ich versuchte mir vorzustellen, wie riesig die Spinne für so einen kleinen Kerl aussehen musste, der kaum einszwanzig groß war. Unser Sohn war ein richtiger Junge – ein robustes Kind, das schon zur Genüge Bekanntschaft mit Ameisen und Käfern und anderen Krabbeltieren gemacht hatte. Aber keines dieser schaurig-schönen Krabbeltiere war so groß gewesen wie sein Gesicht und hatte Haare gehabt, die beinahe so lang waren wie seine eigenen.

Cassie richtete sich auf und lächelte Sonja an. »Ich werd sie auf die Hand nehmen, Mami. Darf ich Rosie auf die Hand nehmen?«

»Okay, aber du musst warten, bis du dran bist«, sagte Sonja.

Cassie stellte sich hinter einigen anderen Kindern in die Reihe. Colton wandte den Blick keine Sekunde von Rosie ab, als zuerst ein Junge und dann ein Mädchen die riesige Spinne auf die Hand nahm und der Tierpfleger die begehrten Sticker austeilte. Im Handumdrehen war für Cassie der Augenblick der Wahrheit gekommen. Colton hielt sich an meinen Beinen fest. Nah genug, um seine Schwester zu sehen, und gleichzeitig in Fluchtposition, drückte er sich gegen meine Knie. Cassie streckte die Handfläche aus und wir alle schauten zu, wie Rosie, ein alter Hase im Umgang mit kleinen, neugierigen Menschen, ein haariges Bein nach dem anderen hob und über die Hand des Tierpflegers auf Cassies Hand huschte und wieder zurück.

»Du hast’s geschafft!«, sagte der Pfleger, während Sonja und ich klatschten und Cassie zujubelten. »Gut gemacht!« Dann erhob sich der Tierpfleger, zog einen weiß-gelben Sticker von einer großen Rolle und gab ihn Cassie.

Das machte es natürlich noch schlimmer für Colton, der nicht nur von seiner Schwester übertrumpft worden war, sondern jetzt auch das einzige Burpo-Kind ohne Sticker war. Er schaute sehnsüchtig auf Cassies Preis und dann wieder zu Rosie, und ich konnte sehen, wie er versuchte, seine Angst niederzuringen. Endlich schürzte er die Lippen, wandte den Blick widerstrebend von Rosie ab und schaute zu mir hoch. »Ich will sie nicht halten.«

»Okay«, sagte ich.

»Aber kann ich einen Sticker haben?«

»Nein. Einen Sticker kriegst du nur, wenn du sie auf die Hand nimmst. Cassie hat es gemacht. Du kannst das auch,...