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Mein Gartenjahr

Karel Capek, Norbert Lechleitner

 

Verlag Bassermann, 2011

ISBN 9783641565770 , 143 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR


 

"Der Gärtner im September (S. 103-104)

Auf seine art – vom Standpunkt des Gärtners – ist der September ein dankbarer und ausgezeichneter Monat. Nicht nur deshalb, weil die Goldruten, die Herbstastern und die indischen Chrysanthemen blühen, nicht nur euretwegen, schwere und bezaubernde Dahlien. So wisset denn, ihr Ungläubigen: Der September ist der auserlesene Monat für alles, was zum zweiten Mal blüht; er ist der Monat der zweiten Blüte, der Monat der reifenden Rebe.

Das sind die geheimnisvollen Vorzüge dieses Monats September, die einen tieferen Sinn haben. außerdem ist er der Monat, in dem sich die Erde wieder öffnet, so dass wir wieder einpflanzen können! Jetzt muss das in die Erde kommen, was bis zum Frühjahr Wurzeln fassen soll; wieder eine Gelegenheit für uns Gärtner, alle Gärtnereien abzuklappern, ihre Kulturen zu begutachten und neue Schätze für das kommende Frühjahr auszusuchen. Das bietet auch die Möglichkeit, gleichsam den Jahreskreis zu unterbrechen und den Fachleuten unser Lob auszusprechen.

Der Großgärtner oder Züchter ist gewöhnlich ein Mann, der weder trinkt noch raucht, mit einem Wort ein Mann der tugend. In der Geschichte ist er weder durch hervorragende Verbrechen noch durch kriegerische oder politische taten berühmt geworden. Sein Name wird durch irgendeine neue Rose, Dahlie oder eine neugezüchtete apfelsorte verewigt. Dieser Ruhm – der für gewöhnlich anonym bleibt oder sich hinter einem andern Namen verbirgt – genügt ihm.

Durch ein seltsames Spiel der Natur pflegt er gewöhnlich ein dicker und kräftiger Mensch zu sein, vielleicht um dadurch einen auffälligeren Gegensatz zur zarten, filigranen anmut der Blumen zu bilden; oder hat ihn die Natur zum Ebenbild der Kybele gemacht, um seine freigebige Vaterschaft zu veranschaulichen? Wenn so ein Züchter mit dem Finger in seinen Blumentöpfen herumwühlt, ist es fast so, als ob er seinen kleinen Pfleglingen die Brust reiche. Er verachtet die Gartenarchitekten, die ihrerseits wiederum die Züchter für Kohlgärtner halten. Ihr müsst wissen, dass die Züchter ihre arbeit nicht als ein Gewerbe betrachten, sondern als eine Wissenschaft oder Kunst.

Es ist geradezu niederschmetternd, wenn sie von einem Konkurrenten behaupten, er sei ein guter Geschäftsmann. Zum Blumenzüchter geht man nicht wie zu einem Kurzwaren oder Eisenwarenhändler, um ihm zu sagen, was man kaufen wolle, zu bezahlen und wieder seines Weges zu gehen. In die Gärtnerei geht man auf einen Plausch, um zu fragen, wie dieses und jenes heißt, um mitzuteilen, dass die Hutchinsia, die man im Vorjahr gekauft hat, gut gedeihe; zu jammern, dass die Mertensia sehr gelitten habe, und zu betteln, der Gärtner möge zeigen, was er Neues habe. Man soll mit ihm debattieren, ob die Rudolf Göthe oder die Emma Bedau (das sind kleine astern) besser seien, und auch mit ihm streiten, ob die Gentiana clusii lieber Lehm oder torf mögen.