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Biblische Geschichten lebendig erzählen - Anregungen - Beispiele - Übungen
Jochem Westhof
Verlag Gütersloher Verlagshaus, 2011
ISBN 9783641065935 , 96 Seiten
Format ePUB
Kopierschutz Wasserzeichen
"ZUR ERZÄHLPRAXIS - BESONDERHEITEN UND TIPPS (S. 31-32)
4. WÄHREND DES ERZÄHLENS – BESONDERHEITEN UND TIPPS
Beim Erzählen passieren leicht »Zwischenfälle«, die ich zum Teil selber provoziere oder die von außen kommen. Ich möchte im Folgenden solche Besonderheiten vorstellen, kommentieren und Tipps zu deren Überwindung geben. Ich benutze dazu noch einmal Ausschnitte aus der Erzählung von der Heilung der verkrümmten Frau, die auch bisher als Beispiel diente.
FRAGEN DES ERZÄHLERS
Stell dir vor – ein Dorf, damals in Israel. Ein Haus am Rande des Dorfes, klein und unscheinbar. Die Tür öffnet sich, eine Frau tritt heraus. Ihr Rücken ist ganz krumm, sie kann sich nicht gerade aufrichten. Mühsam geht sie, auf einen Stock gestützt, den Weg in das Dorf. Es ist Sabbat, die Menschen arbeiten heute nicht, sie versammeln sich in der Synagoge zum Beten. Sie sind vornehm gekleidet. Die Frau hat keine gute Kleidung. Sie sieht ärmlich aus. Nur langsam kommt sie voran. Der Rücken tut ihr so weh! Sie hält inne, stützt sich auf den Stock. Dann geht sie weiter, Schritt für Schritt. Kennt ihr das auch, das jemand ganz krumm ist am Rücken? Kennt ihr das, dass jemand nicht gerade gehen kann und sich immer auf einen Stock stützen muss? Erzählt mal davon!
Der letzte Satz tut weh! Gerade habe ich meine inneren Bilder aufgebaut, gehe mit der Frau zur Synagoge, da werde ich herausgerissen und soll überlegen. Natürlich fallen mir Beispiele ein und ich könnte sie nennen, alte Menschen mit Rollwagen, neulich im Supermarkt habe ich sie gesehen … aber wie komme ich vom Supermarkt wieder in das Dorf in Israel? In vielen Erzählbüchern werden Zwischenfragen als »Zuhörerbeteiligung« propagiert, in manchen schriftlichen Erzählungen der Kindergottesdienstliteratur werden Fragen der Art »Und wie könnte es jetzt weitergehen? « vorgeschlagen.
Ich finde diese Zwischenfragen fürchterlich. Sie nehmen den Zuhörer nicht hinein in die Geschichte, sie führen ihn hinaus. Erzählungen sind etwas anderes als ein Gespräch. Erzählungen leben davon, dass ich in ihren Bildern bleibe. So wertvoll es auch sonst sein mag, Menschen in ein Gespräch zu ziehen und von sich erzählen zu lassen – meine eigene Erzählung geht dabei kaputt. Die inneren Bilder sind empfindlich. Vermeiden wir daher, sie von uns aus durch Fragen zu zerstören."