dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Und dennoch... - Nachdenken über Zeitgeschichte, Erinnern für die Zukunft

Und dennoch... - Nachdenken über Zeitgeschichte, Erinnern für die Zukunft

Hildegard Hamm-Brücher

 

Verlag Siedler, 2011

ISBN 9783641064242 , 176 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

9,99 EUR

  • Feuertanz - Roman
    Das Buch der Snobs
    Der im Dunkeln wacht - Roman
    Briefe aus dem Gefängnis - Mit einem Essay von Erich Follath
    Wildes Leben - Späte Einsichten und verblüffende Aussichten
    Dicker Hals und kalte Füße - Was Redensarten über Körper und Seele verraten - Eine heitere Einführung in die Psychosomatik
    Muttersöhnchen - Vom Schaden weiblicher Erziehung
    Zwei Schultüten für Lissi
 

 

6 Über Bildung als Bürgerrecht: Versäumnisse, Verspätungen, Aufbrüche (S. 93-94)

Nach 1945 ging es darum, den Übergang von der Diktatur zur Demokratie nicht nur in allen Bereichen des öffentlichen Lebens und Zusammenlebens auf den Weg zu bringen, sondern zuerst und vor allem im Bildungs- und Erziehungswesen. Erst wenn die bildungspolitischen Ziele auf der Basis demokratischer Bedingungen erneuert wären, könnten der Bazillus der NS-Ideologie und die konservativen Verkrustungen überwunden werden.

Davon war ich jedenfalls überzeugt, und deshalb machte ich mich gleich nach meiner Wahl 1950 in den Bayerischen Landtag mit Feuereifer an die Bildungspolitik. Ich wollte alles auf einmal: neue Lehrpläne, neue Bücher, neue Lehrer und insbesondere neue schulische Arbeits- und Verhaltensformen. Die Amerikaner hatten zwar auf demokratische Bildungsreformen gedrängt, die aber von deutscher Seite strikt abgelehnt worden waren. Vieles davon tauchte jedoch noch fünfzig Jahre später in der ersten PISA-Studie als gravierende Defizite wieder auf.

Nichts davon war in der Nachkriegszeit vorhanden, und was angeboten wurde, waren allenfalls grob überarbeitete Lehrpläne, Lesebücher aus den zwanziger Jahren und Lehrer, die kaum imstande waren, ihre Mentalität und Lehrweise abzulegen, die sie sich unter der Hitler-Diktatur angeeignet hatten. Besonders die Schulbuchtexte waren offenkundig völlig antiquiert, meist sentimental-betulich oder schlicht falsch. Hierfür ein paar Beispiele, die ich in den Schulbüchern meiner Kinder Anfang der sechziger Jahre fand. Man bedenke: mehr als fünfzehn Jahre nach Kriegsende!

Kaum eines von etwa zweihundert Stücken in einem Lesebuch handelte von der Gegenwart, stattdessen wimmelt es darin von barfüßigen Hirtenknaben, duldsamen Mägden, abgerackerten Mütterchen, frommen Bauern, von Holzpflügen und Ochsenwagen: Seit tausend Jahren gedeiht das Korn des Urvaters auf dem ewigen Acker und hat seitdem Tausende unseres Namens gesättigt und gesegnet. Ja, es ist ein ewiger Acker, denn er wird auch fernerhin die Frucht des Urvaters tragen … heiliges Brot vom ewigen Acker. Mein Achtjähriger stotterte sich gelangweilt durch den Text. Die Mutter auch. Immer wurde das Landleben als allein seligmachende Lebensform und Lebensinhalt gepriesen: