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Briefe aus dem Gefängnis - Mit einem Essay von Erich Follath

Briefe aus dem Gefängnis - Mit einem Essay von Erich Follath

Michail Chodorkowski

 

Verlag Knaus, 2011

ISBN 9783641065959 , 288 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,99 EUR

  • Verkehrspolitik - Eine interdisziplinäre Einführung
    Preisbildung von Strom-Forwards - Eine Analyse der Auswirkungen von Schwankungen in Kraftwerksverfügbarkeiten
    Handbuch der sozialwissenschaftlichen Datenanalyse
    Kosten und Nutzen Olympischer Winterspiele in Deutschland - Eine Analyse von München 2018
    Entwürfe des wirtschaftspädagogischen Subjekts - Anders-Konzeption aus poststrukturalistischer Perspektive
    Das Datenerhebungsdilemma in der empirischen Strategieforschung - Methodendiskussion und Handlungsempfehlungen am Beispiel der Lebensmittelindustrie
    Triangulation - Eine Einführung
    Raumorientiertes Verwaltungshandeln und integrierte Quartiersentwicklung - Doppelter Gebietsbezug zwischen 'Behälterräumen' und 'Alltagsorten'
  • Kunst macht Stadt - Vier Fallstudien zur Interaktion von Kunst und Stadtquartier
    Migration, Integration und Sport - Zivilgesellschaft vor Ort
    Kultur und mediale Kommunikation in sozialen Netzwerken
    Historisches Organisationslernen als Wegbereiter zukünftiger Lernprozesse - Double-Loop-Learning in einer Prozessrekonstruktion am Beispiel der Linde AG von 1954-1984
    Studentische Lebensqualität und Lebensstile - Wohnen, Mobilität, Soziales, Freizeit und Berufschancen
    Vermögenskultur - Verantwortung im 21. Jahrhundert
    Der skeptische Blick - Unzeitgemäße Sichtweisen auf Schule und Bildung
    Die Internationale Politische Ökonomie der Weltfinanzkrise
 

 

Unsere Justiz – wie ich sie sehe (S. 167-168)

»Nesawisimaja Gaseta«, 3. März 2010


Meine Sicht unseres Justizsystems wäre allzu schlecht, basierte sie nur auf den Gefühlen und der Erfahrung einer Person, die in seine Mühlen geraten ist. Schließlich bin ich ein etwas anderer Gefangener. Meine Abenteuer laufen unter »spezieller Kontrolle« wie mein Anwalt Juri Schmidt zufällig bei einer Sitzung des Obersten Gerichtshofs der Russischen Föderation festgestellt hat. Und zwar von Anfang an.

Audio, Video und menschliche Kontrolle. Nie wurden normale Obdachlose, die eine Auszeit nehmen vom harten Leben auf der Straße, gemeinsam mit mir in eine Zelle gesteckt. Was ich jetzt erzählen werde, ist das Ergebnis der Analyse eines Menschen (und ist nicht jeder Manager eines großen Unternehmens unweigerlich Analyst?), der sich über einen Zeitraum von fast sieben Jahren immer wieder in dumpfe Ränkespiele unserer Gesetzesvollstrecker verstrickt gefunden hat – in ihre Ränkespiele untereinander und gegen die russischen Bürger.

Die erste und wichtigste Sache, die ich bereits im dritten Monat meiner Gefangenschaft verstanden hatte, war: Die Vorstellungen, die wir uns »draußen« von der Polizei, den Gerichten und der Strafvollzugsbehörde (FSIN) als voneinander unabhängigen Strukturen machen, sind absolut unzutreffend. Wir wissen gar nichts über das System, bis wir selbst in seine Fänge geraten. Das System ist in seinem Wesenskern ein Unternehmen, dessen Geschäft die legalisierte Gewalt ist.

Dieses Unternehmen ist riesig, mit einer unglaublichen Menge interner Konflikte und widerstreitender Interessen. Das Problem dieses Unternehmens, in dem sowohl anständige Menschen als auch zwielichtiger Abschaum arbeiten, ist nicht das Menschenmaterial, sondern seine Organisationsprinzipien. Das System ist das Förderband einer gigantischen Anlage, die einer eigenen Logik folgt und die im Allgemeinen keiner Regulierung von außen unterliegt. Wenn Sie als Rohmaterial auf dieses Förderband gelangen, dann wartet am Ende dieses Bandes immer eine Kalaschnikow, also ein Schuldspruch auf Sie. Jedes andere Ergebnis bei der Verarbeitung des Rohmaterials wird als fehlerhaftes Produkt betrachtet.

Daher sollte man wiederum allgemein den Gedanken aufgeben, dass irgendjemand irgendwo tatsächlich versuchen würde, den Dingen auf den Grund zu gehen, den Fall zu verstehen. Nein – sie werden Sie nicht unbestraft laufen lassen, nur weil Ihre Schuld nicht bewiesen wurde oder gar nicht existiert. Das ist das übergeordnete Prinzip, nach dem das System arbeitet. Sein Ziel ist es nicht etwa, die Wahrheit zu finden, sondern die eigene Agenda umzusetzen. Was ist der Mensch? Nur ein Objekt, Material, notwendig nur für statistische Zwecke. Dieses »Förderband« arbeitet in drei Phasen.