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Sich verständlich ausdrücken - Trainingsprogramm - Leserorientiert schreiben lernen

Katrin Baum, Cornelia Deeg

 

Verlag ERNST REINHARDT VERLAG, 2018

ISBN 9783497606825 , 167 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz DRM

Geräte

18,99 EUR


 

2   Kommunikationspsychologische Modelle – Die Praxis

Sie haben nun für das Schreiben die beiden wichtigsten kommunikationspsychologischen Modelle kennengelernt: Das Kommunikationsquadrat und die vier Verständlichmacher. Was nützt Ihnen dieses Wissen nun in der Praxis? Wie können Ihnen die Modelle dabei helfen, gute Texte zu verfassen? Dies werden wir jetzt genauer untersuchen. In diesem Kapitel sind Sie gefragt. Zunächst lesen Sie ein paar Erläuterungen, um sich auf das Thema einzustimmen. Im Anschluss finden Sie Übungen, in denen Sie sich praktisch ausprobieren können. Viel Spaß!

2.1  Das Kommunikationsquadrat

Sie erinnern sich: Jede meiner – schriftlichen wie mündlichen – Äußerungen enthält, ob ich will oder nicht, vier Botschaften gleichzeitig:

1  Eine Sachinformation: worüber ich informiere

2  Eine Selbstkundgabe: was ich von mir zu erkennen gebe

3  Einen Beziehungshinweis: was ich von meinem Gegenüber halte und wie ich zu ihm stehe

4  Einen Appell: was ich bei meinem Gegenüber erreichen möchte

Diese vier Ebenen der Kommunikation werden Sie auf den folgenden Seiten besser kennenlernen. Wir laden Sie zu Übungen ein, damit Sie sich gleich ausprobieren können. Frei nach dem Motto:

„Sage es mir, und ich werde es vergessen.

Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten.

Lass es mich tun, und ich werde es können“

(Konfuzius).

Die Sachebene

Die Sachebene besagt, worüber Sie (in der Sache) informieren. Wenn Sie einen sachlichen Text verfassen, sollten Sie den Leser mit fachlichen Informationen versorgen und Ihre Formulierungen sachlich wählen. Zweideutigkeiten, Anspielungen oder missverständliche Ironie sind hier fehl am Platz. Die Sachinformation ist das, worüber ich informiere. Meist ist der Sachinhalt direkt – oder explizit – ausgesprochen.

Im beruflichen Umfeld sollte die Kommunikation überwiegend auf der Sachebene stattfinden, ebenso bei der Expertenberatung. Auf der Sachebene gelten drei Kriterien:

1  Wahrheitskriterium: wahr oder unwahr; zutreffend oder nicht zutreffend

2  Kriterium der Relevanz: von Belang oder nicht von Belang

3  Kriterium der Hinlänglichkeit: Informationen ausreichend oder nicht ausreichend

Die Sachebene behandeln wir ausführlich im Kapitel „Die vier Verständlichmacher“. Denn wenn Sie die vier Verständlichmacher beherzigen, ist Ihr Text auf der Sachebene gut formuliert. Daher finden Sie alle Übungen, die wichtig für eine gute Sachebene sind, im entsprechenden Kapitel.

Die Selbstkundgabeebene

Selbstkundgabe ist das, was ich durch meine Kommunikation von mir zu erkennen gebe. Überlegen Sie sich, was Ihr Empfänger von Ihnen und über Sie erfahren sollte, damit er sich zum einen verstanden und ernst genommen fühlt und zum anderen zu Ihnen Vertrauen hat. Ist Ihr Ziel, kompetent zu wirken, könnten Sie Dinge erwähnen, die Ihre Kompetenz unterstreichen. Ist es Ihr Ziel, Gemeinsamkeiten hervorzuheben, damit Ihr Gegenüber Vertrauen gewinnt, könnten Sie explizit die Dinge hervorheben, die Sie mit Ihrem Leser verbinden.

Wir empfehlen grundsätzlich, weniger von sich zu schreiben als aus Sicht des Lesers. Denn:

Welche Ideen findet mein Gegenüber am besten? Seine eigenen!

Daher gilt auch hier: Nutzen Sie den Sie-Stil, wenn immer möglich, anstatt zu viel von sich selbst zu schreiben. Ausnahme: Wenn Sie sich persönlich präsentieren oder vorstellen, dann sind Sie herzlich dazu eingeladen, so viel auf der Selbstkundgabeebene zu senden, wie Sie mögen. Eine gute Formel ist auch an dieser Stelle:

„Alles, was du sagst, sollte wahr sein.

Nicht alles, was wahr ist, solltest du sagen“

(Voltaire).

Wählen Sie aus, was Ihr Leser unbedingt von Ihnen wissen sollte. Lassen Sie Überflüssiges weg – ebenso wie Informationen, die Ihrem Ziel entgegenwirken. So überlegen wir zum Beispiel immer sehr genau, bei welcher Zielgruppe wir betonen, dass wir Psychologinnen sind – um zum Beispiel unsere Kompetenz zu unterstreichen – oder wo wir diese Ausbildung komplett verschweigen, weil sonst die Reaktion des Gegenübers reflexartig lautet: „Oh Gott, da muss ich ja ab jetzt aufpassen, was ich sage. Da durchschauen Sie mich ja jetzt mit Ihrem Röntgenblick“. Zwei Stilmittel möchten wir Ihnen an dieser Stelle noch an die Hand geben:

1  Ich-Botschaften formulieren

2  Glaubwürdigkeit und eigener Bezug zum Thema

ich-Botschaften formulieren

Wie Sie im Abschnitt über die Beziehungsebene noch ausführlich lesen werden, unterscheiden wir zwischen Ich-Stil und Sie-Stil. Sie verwenden den Sie-Stil, damit sich Ihr Leser direkt angesprochen fühlt und merkt, dass Sie ihn in den Mittelpunkt stellen. In diesem Abschnitt verdeutlichen wir, wie Sie den Ich-Stil durch sogenannte Ich-Botschaften leserorientiert anwenden können.

Gerade in kritischen Situationen neigen wir zu Vorwürfen und Anschuldigungen. Schnell schreiben wir zum Beispiel: „Sie haben das Geld noch nicht überwiesen.“ oder „Du kommst immer zu spät!“. Solche Vorwürfe produzieren Abwehr und Widerstand auf der anderen Seite. Eine konstruktive Kommunikation wird dadurch erschwert. Eine Ich-Botschaft löst Vorwürfe in drei Schritten auf: Unsere Eselsbrücke lautet „WWW“ – diese drei „W“ stehen für: Wahrnehmung – Wirkung – Wunsch.

Was bedeutet das für Ihre Kommunikation? Wir trennen in der Ich-Botschaft unser Gefühl von den objektiv wahrnehmbaren Fakten:

1  Was habe ich gesehen / gehört / gespürt? Das ist das erste W, die Wahrnehmung.

2  Im zweiten Schritt einer Ich-Botschaft verweisen wir auf die Wirkung, die das Verhalten des anderen hatte: für mich und für andere.

3  Im dritten Schritt der Ich-Botschaft formulieren wir einen Wunsch, den wir an unser Gegenüber haben.

Nehmen wir Bezug auf das Beispiel aus Kapitel 1.1.3: die Mitarbeiterin der Firma Flower Charme, die so enttäuscht und verärgert über ihren Kunden war, weil dieser (angeblich) die Versandkosten eigenmächtig abgezogen hat. Sie erinnern sich, die E-Mail im Wortlaut:

BEISPIEL

Sehr geehrte Frau Maier,

wir konnten heute Ihre Zahlung verbuchen. Dabei mussten wir feststellen, dass Sie selbstständig den Betrag der Lieferkostenpauschale von 3,95 € von der Rechnung abgezogen haben. Das ist sehr enttäuschend für uns als Firma, die sich jahrelang stets um Kundenfreundlichkeit und schnelle Lieferungen bemüht hat. Bei tatsächlichen Lieferkosten von 25 € für einen Rosenbogen ist der Ihnen berechnete Betrag wirklich nicht viel! Wir werden Ihnen aus Kulanz den Betrag nicht noch einmal in Rechnung stellen, da der Aufwand hierfür größer wäre als das Ergebnis, aber ungesagt sollte es deswegen trotzdem nicht bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

Mathilde Burger

Firma Flower Charme

Zunächst fragen wir Sie: Wie können Sie das WWW-Modell hier sinnvoll anwenden? Bitte finden Sie eine günstige und authentische Formulierung aus der Sicht der Mitarbeiterin der Firma Flower Charme:

Wahrnehmung:

Wirkung:

Wunsch:

Eine mögliche Formulierung – sicher eine unter vielen – lautet:

Wahrnehmung:

Wir haben festgestellt, dass Sie das Geld für den Rosenbogen überwiesen haben, die Portokosten jedoch noch nicht.

Wirkung:

Das irritiert / verwundert uns.

Wunsch:

Bitte teilen Sie uns mit, warum Sie die Portogebühren noch nicht überwiesen haben oder überweisen Sie die ausstehenden 3,95 € bitte bis zum … Vielen Dank.

Was ist der größte Unterschied zwischen der Original-E-Mail und Ihrem WWW-Vorschlag? Wir haben uns in unserer WWW-Formulierung um Folgendes bemüht:

1  Trennung von Wahrnehmung und Interpretation: Feststellung, dass ein Betrag überwiesen wurde, ein anderer Anteil noch nicht.

2  Betonen der Wirkung anstatt Formulieren eines Vorwurfs: Irritation statt Unterstellung.

3  Klarer Appell und Wunsch am Ende des Satzes.

Erkennen Sie den Unterschied in den Formulierungen? Aus dem ursprünglichen Vorwurf an den Adressaten wird ein Gefühl des Senders. Die Wirkung ist eine ganz andere. Denn: Vorwürfe, Angriffe und Unterstellungen rufen bei dem Empfänger naturgemäß Widerstand und Ablehnung hervor. Sie kommen (meist) nicht mehr an ihn heran. Die Kommunikation ist in einer Sackgasse. Wenn Sie von der objektiven Wahrnehmung (was Sie hören, sehen, riechen, schmecken, anfassen können) und Ihren Gefühlen schreiben oder sprechen, kann der Empfänger dies besser so stehen lassen. Die Folge: Er wird Ihnen zuhören, wird sich der Wirkung seines Verhaltens auf Sie bewusst und am Ende des Tages womöglich auf Ihren Wunsch eingehen. Dann haben Sie Ihr Ziel erreicht.

Damit Sie gleich die Möglichkeit...