dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Kleine Teufel: Gay Romance

A. Herold

 

Verlag Marianne Abraham, 2018

ISBN 6610000056033 , 174 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

Geräte

4,99 EUR


 

Gay Romance

Ich weiß nicht, aber seit meiner Entlassung kommt es mir so vor, als würde ich etwas in mir tragen, das mich geradezu auffrisst; sich von innen langsam ausbreitet und meinen Körper Stück für Stück verzehrt. Immer und immer wieder denke ich darüber nach, ob ich den Mut gehabt haben sollte, einfach zu sagen, was ich dachte und wie es wirklich in mir aussah. Jetzt, nachdem diese Gelegenheit vorüber zu sein scheint, durchlebe ich erneut die Situationen, in denen mir die richtigen Worte geradezu auf den Lippen liegen, aber mir der Mut fehlt, sie auszusprechen. Ich sehe mich das sagen, was darauf brannte, heraus zu kommen und erlebe dann, wie es ausgesehen haben könnte, mein Leben, nachdem ich die Wahrheit sagte in den finstersten Stunden meines Lebens...

***

Und „finsterste Stunden“ traf es wirklich ganz genau auf den Punkt. Ich meine gut, irgendwie bin ich wohl selbst daran Schuld gewesen, in diese Lage gekommen zu sein. Ein Zyniker hätte sagen können, dass ich vermutlich ins Paradies gekommen wäre. Als schwuler, junger Mann, attraktiv, sportlich und knabenhaft in ein Jugendgefängnis: Eine enorme Auswahl an ebenso jungen Männern, die vermutlich nicht seltener an Sex dachten, als ich selbst es tat. Eine riesige Auswahl an möglichem Spaß, hier war sie an einem Ort versammelt und konzentriert. 

Aber wie gesagt, das hätte ein Zyniker sagen können. Denn weder war ich offen schwul, noch zählte das Schwulsein als Eigenschaft, die man gerade an so einem Ort zeigen sollte. Zählte dort doch nur die pubertierende Männlichkeit und Stärke. Ich glaube, dieser Ort hat es mir im Vergleich zu den anderen Jungs die dort ihre Strafen absaßen noch schwerer gemacht. Denn so viele Jungs direkt vor Augen ließ nicht selten meine Fantasien und Gedanken verrückt spielen.

Ich fragte mich oft, wer von den anderen Jungs, die ich während des Hofgangs oder des Duschens sah, wohl auch schwul sein würden. Irgendwo hatte ich mal gehört, dass jeder dritte Mann eine Neigung dazu hätte und innerlich rechnet eich sogar aus, wie viele potenzielle Jungs so sein könnten wie ich. Aber diesen Gedanken zerschlug ich sehr schnell wieder, denn an diesem Ort war ganz sicher kein repräsentativer Durchschnitt einer wie auch immer gearteten Gesellschaft abgebildet und selbst wenn es andere Jungs gab, die so fühlen und denken würden wie ich, hätten sie nicht ebenso viel zu viel Angst davor gehabt, gerade an diesem Ort diese Neigung zur Schau zu stellen? Stand doch zweifellos fest, dass das als schwäche ausgenutzt werden würde und der Spott und die Häme der anderen Jungs einem damit sicher wäre.

Nein, es blieben Gedankenspiele und nichts weiter. Ohnehin waren die Gedanken, Träume und Fantasien das einzige, das man dort für sich hatte und in die man sich zurück ziehen konnte, ohne sich fürchten zu müssen. Zum Glück war es so, denn ich glaube, hätte man mir ansehen können, was ich manchmal dachte oder träumte, meine schlimmsten Befürchtungen wären wahr geworden.

Doch ich konnte mich nicht dagegen wehren, diese Vorstellungen kamen wie von selbst und manchmal reichte ein ganz kleiner Anlass aus, um die Bilder vor meinen Augen zu verselbstständigen und mich in eine Traumwelt hinein zu führen, die mir selbst an diesem trostlosen Ort alles zu geben schien, was ich verlangte. Ja, es war, als wäre ich in zwei Welten zugleich. In der einen, die meinen Körper gefangen hielt und in einer ganz anderen, in der ich alles erleben konnte, was ich mir schon immer herbei gesehnt hatte. Jetzt, mit dem Blick zurück in diese Zeit, würde ich mir wünschen, wenigstens einmal den Mut gehabt zu haben, in bestimmten Momenten das zu sagen, was mir selbst heute noch durch den Kopf geht, wenn ich an diese Augenblicke zurück denke. Denn wer weiß, vielleicht hätte sich die eine oder andere Situation ganz anders entwickelt...

***

Am Tag meiner Ankunft im Jugendgefängnis wurde ich zunächst in einer Einzelzelle untergebracht. Ich weiß noch allzu gut, wie ich dort auf dem harten Bett lag und mich fürchtete vor dem Ungewissen, was mich erwartete. Über meinem Kopf das vergitterte Fenster, vor mir, wenn ich meinen Kopf etwas anhob und nach vorn spähte, die stählerne Tür, in der ein kleines Loch war, das sich regelmäßig verdunkelte und mir sagte, dass einer der Wärter gerade hindurch sah. Als ich mich einmal aus Klo setzte, das direkt neben der Tür war, stopfte ich etwas Klopapier in die Aussparung für das Loch, da es mir unangenehm vorkam, wenn ich beim Scheißen beobachtet werden würde. Doch wie der Zufall es wollte, ausgerechnet dann kam die Kontrolle und als sie merkte, dass ich den Spion verdeckt hatte, hörte ich das Schloss klirren und die Tür wurde aufgerissen. Der uniformierte Wärter sah auf mich herab, immer noch auf dem Klo sitzend und vor Verlegenheit mit hochrotem Kopf und zusammen gepressten Knien, und fauchte mich an, dass es unter keinen umständen erlaubt sei, den Spion zu verdecken. Dann riss er das Klopapier aus dem Loch und knallte die Tür wieder zu, nicht ohne vorher noch einmal zu mir zu blicken und verächtlich zu sagen: „Guten Schiss noch, haha.“

Ich fühlte mich so erniedrigt und gedemütigt, dass ich spürte, wie mir Tränen in die Augen schossen in diesem Moment. Und doch, ich wusste, dass ich selbst daran die Schuld trug und nun damit leben musste, einige Zeit meines junges Lebens hier bleiben zu müssen.

An meinem ersten Abend wurde das bedrückende Gefühl der Einsamkeit noch stärker. Sicher, ich war nicht wirklich allein in dieser Anstalt. Allzu deutlich hörte ich die Stimmen der anderen Gefangenen durch das Fenster hindurch. Sie brüllten und schrien sich an, redeten über Tauschgeschäfte mit Zigaretten und stießen hin und wieder Bedrohungen aus. Durch die geschlossene Tür hörte ich regelmäßig die schweren Schritte der diensthabenden Aufseher und die klappernden Schlüsselbunde, als würden sie damit lautstark verkünden, dass sie mit diesen Schlüsseln die Macht hätten....

Als ich es schaffte, meine Resignation zur Seite zu schieben und müde zu werden, glitt ich, wie ich es eigentlich von meinem bisherigen Leben gewohnt war, mit einer Hand unter die Decke und fing an, mir meine Unterhose an der Stelle zu streicheln, wo meine Männlichkeit hinter dem Stoff verborgen war. Es fühlte sich gut an und ich merkte, wie ich einen Ständer bekam, den ich nur noch hätte befreien müssen, um mich zu wichsen. Aber irgendwie traute ich mich nicht und musste immer wieder daran denken, wie es war, als mich der Wärter auf dem Klo erwischte. Obwohl ich erregt war, holte ich mir keinen runter. Es war vermutlich das erste Mal überhaupt, dass ich, seit dem ich wusste, wie es ging, mir keinen vor dem einschlafen runter holte.

Auch am folgenden Tag unterdrückte ich das Verlangen, mich zu befriedigen und auch am Tag darauf, an dem ich schon aufwachte und der enorme Druck, es mir nicht selbst gemacht zu haben, mich mit einer Latte aufwachen ließ, die auch nach dem Pissen nicht weg ging. Schlimmer wurde es dann noch, als sich irgendwann am vormittag die schwere Tür öffnete und der Wärter mich anbrüllte, ich solle meine Duschsachen packen, jetzt wäre Duschzeit. Ich kramte das Handtuch aus dem verrosteten Spind in meiner Zelle und trat auf den Gang, wo ich einige der anderen Jungs traf, dich ich schon vom Hofgang vom Sehen her kannte. Hier in der Aufnahmestation waren alle noch zurückhaltend und wir trauten uns kaum, richtig anzusehen.

Wir wurden an den Zellen vorbei den Gang herunter geführt und mussten durch ein geöffnetes Gitter gehen,d as die Abteilungen wohl trennte. Der Duschraum, zu dem wir direkt geführt wurden, war ein großer, gefliester Raum, an dessen Wänden in regelmäßigen Abständen verkalkte Duschköpfe aus den Fliesen hervor ragten. In der Mitte stand eine hölzerne, lange Bank und das war es auch schon. Keine Trennwände, keine Privatsphäre. Zwölf Mann in einem Raum. „Zehn Minuten“, rief der Wärter und machte hinter sich die Tür zu. Kaum war sie ins schloss gefallen, kam Wasser aus den Duschen und hüllte langsam alles in einen warmen, feuchten Nebel.

Komm, beeil dich,“ sagte mir auf einmal der Junge, der neben mir stand. Ich kannte ihn vom Sehen und er war nicht viel älter als ich. Achtzehn, maximal neunzehn Jahre alt, „manchmal machen die die Duschen auch schon früher wieder aus. Mach hin.“

Er streifte sich sein weißes Unterhemd über den Kopf und legte es auf die Bank vor sich.  Auch die anderen Jungs zogen sich aus und schienen sich um nichts anderes zu kümmern, als schnell unter eine der duschen zu gelangen. Wieder...