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Legitime Gewalt in den Naturzuständen bei Kant

Manuel Schmidt

 

Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2011

ISBN 9783862348572 , 193 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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55,00 EUR


 

"Kapitel 4: Die ethische Bewertung von Gewalt und Krieg (S. 151-152)

»Indessen daß doch die Vernunft vom Throne der höchsten moralisch gesetzgebenden Gewalt herab den Krieg als Rechtsgang schlechterdings verdammt«.

Was sind die ethischen Anforderungen an den Menschen, wenn er im rechtsunsicheren Zustand mit Gewalt und Krieg konfrontiert wird? Wie ist Kants ethisches Urteil über rechtlich legitime Gewalt in den beiden Naturzuständen? Die Fragen drängen sich auf, doch eine längere, explizit ethische Bewertung von Gewalt und Krieg ist bei Kant nicht zu finden. Dennoch kann sein diesbezüglicher Standpunkt leicht und sicher benannt werden.

Da sind zunächst die immer wiederkehrenden, kurzen Passagen, in denen Kant den Krieg ethisch strikt ablehnt. So heißt es etwa im Streit, der Krieg sei der »Zerstörer alles Guten« und »das größte Hinderniß des Moralischen«.303 Diese Zitate sind in ihrer Aussage eindeutig und bedürfen inhaltlich kaum weiterer Interpretationen. Aber wie werden diese Ansichten begründet und wie passen sie mit Kants Vorstellungen zur rechtmäßigen Gewalt in den Naturzuständen zusammen? Ist die rechtlich legitime Gewalt, wie sie etwa in Verteidigungskriegen vorkommt, auch ethisch legitim?

Bemerkenswert ist, dass Kant den Krieg zwar mehrfach unmissverständlich ethisch verdammt, er dazu aber nicht ein einziges Mal den zweiten Teil der MS nutzt, wo er sich doch in deren ersten Teil der legitimen kriegerischen Gewalt im Kriegsrecht und den Naturzuständen widmet. Hätte nicht zu Recht vermutet werden können, dass wenn die Tugendlehre der geeignete Ort dafür seinmüsste, dem Krieg ethisch argumentativ die rote Karte zu zeigen? In der Tugendlehre wird der Krieg jedoch kein einziges Mal erwähnt.Wie kann dann das vorliegende Problem, ohne einschlägige Textstellen, bearbeitet werden?

Die Schwierigkeit lässt sich recht schnell auflösen, wenn der Blick auf das Verhältnis von Recht und Moral gelenkt wird, das in der MS, insbesondere in deren Einleitung, von Kant thematisiert wird (4.1), denn dann wird klar, dass Gewalt und Krieg in den Naturzuständen, wenn sie rechtlich verboten sind, notwendig auch ethisch verboten sein müssen (4.2). Und auch umgekehrt gilt: Wenn sie rechtlich erlaubt sind, sind sie es auch ethisch, d. h. nur wenn es eine tatsächliche Bedrohungs- bzw. Gewaltsituation gibt, kann Gewalt in den Naturzuständen ethisch legitim sein."