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Champions im Fußball - Champions im Leben? Eine qualitative Studie zum Fußballprojekt Diambars im Senegal

Heiko May

 

Verlag Diplomica Verlag GmbH, 2008

ISBN 9783836617123 , 110 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz frei

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33,00 EUR

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Kapitel 6.1, Was ist DIAMBARS?:
Ist DIAMBARS nur ein Plagiat der französischen sport-etudes, also eine Art Sportinternat, oder steckt mehr dahinter? Gibt es ein bestimmtes „etwas“, welches das Institut zu etwas Besonderem macht? Diese Frage stellte sich schon zu Anfang der Untersuchung. Nur durch Recherchen im Internet konnten sie aber nicht geklärt werden. Erst im gemeinsamen Zusammenleben vor Ort wurden die vielen Verknüpfungen und Faktoren bewusst, die dabei eine Rolle spielen. Betrachtet man allein die objektiven Daten des Projekts, die Größe der Anlagen, die aufgebrachten finanziellen und personellen Mittel oder auch einfach nur die Bekanntheit des Instituts, dann kann ohne Zweifel behauptet werden, dass schon viel erreicht wurde. Dies bestätigt auch einer der Trainer: „Ich denke, momentan ist es schwierig es im Senegal besser zu machen als DIAMBARS“.
Immer noch herrscht eine Art Aufbruchsstimmung unter den leitenden Personen und Trainern. Man hat ein großes Ziel vor Augen und zusammen im Team soll dies erreicht werden.
Der Großteil der befragten Trainer und Lehrer, auch derer, die nicht explizit interviewt wurden, beantwortete die Frage „Was ist DIAMBARS?“ überhaupt nicht oder nur kaum nach sachlichen oder technischen Gesichtspunkten. Vielmehr verfiel man in eine Art Lobeshymne auf die Ideen und das Vorhaben des Instituts. Dies jedoch keineswegs in unglaubwürdiger Form, als ob man eine Liste vorgefertigter positiver Aspekte aufzählte. Man bekam das Gefühl, dass die Aussagen aus tiefster Überzeugung stammen und musste aufpassen, nicht selbst von dieser Aufbruchsstimmung mitgerissen zu werden.
„Ja, ich habe schon seit mindestens zwanzig Jahren mit Fußball im Senegal zu tun. Was DIAMBARS im Begriff ist jetzt zu tun, ist vielleicht das, was die Föderation für die Kinder tun sollte. Das heißt, die Kinder zu betreuen, deren Leidenschaft es ist Fußball zu spielen. DIAMBARS nimmt die Kinder heute im Alter von 13 Jahren auf. Es bringt sie dazu in die Schule zu gehen und zum Sportunterricht damit sie auf jeden Fall morgen vielleicht Profis sind, oder mit der Ausbildung die sie hier machen eine Arbeit bekommen. Die Föderation macht das heutzutage nicht. Das Ministerium macht das auch nicht und es gibt auch noch keine andere Schule die das praktisch so durchführt ohne dass die Schüler dafür zahlen. Sie haben ihre Unterkunft, werden ernährt und anschließend berechnet man den Eltern für diese Betreuung null Francs. [...] Und bis zum Alter von 18 Jahren macht das DIAMBARS. DIAMBARS macht das. Also, dass ist der Grund, warum alle Kinder zu DIAMBARS wollen. Und sie kennen es, sie sehen, dass der Präsident, der Direktor, also die leitenden Personen, Lama und alle anderen, Viera, dass sie seriös sind. Die Experten die da sind, sind seriös. Man kennt sie. Wenn du Moussa oder Bouba oder Salam erwähnst würde man dir sagen ah, ja, der ist seriös. Gut, und die Lehrer hier, da hat man auch die besten gewählt. Also, wenn du das Institut hier verlässt und dich umsiehst, dass ist als ob der Senegal eine ganz andere Sache sei“.
Der Senegal und DIAMBARS – das wurde uns schnell klar – sind wirklich zwei verschiedene Dinge. Das Institut ist örtlich abgegrenzt durch einen Zaun und eine Mauer um die Spielfelder. Die Kinder tragen keine kaputten T-Shirts, Hemden oder Hosen, die man sonst gewohnt ist und im Allgemeinen fühlt man sich mehr wie in Europa als in Afrika. „Willkommen im Senegal! Das hier ist nicht mehr DIAMBARS...“ war auch der Satz, mit dem wir von einem der Trainer begrüßt wurden, als wir zum ersten mal eines der Auswärtsspiel sahen, welches auf einem mit Steinen gespickten Sand-Fußballplatz in Thiès stattfand.
„Die Leute von DIAMBARS (.) erregen jetzt noch nicht viel Aufmerksamkeit. (..) Sie gehen nicht zum Fernsehen um zu sagen ja, in DIAMBARS macht man das und das. Nein. Seit DIAMBARS begonnen hat, hat das noch keiner gemacht. [...] Und Stück für Stück kommen die Leute auf dich zu. Wenn du dort spielst, wenn du wegfährst, wenn du wiederkommst sind es die Leute die sagen: Ah, wir müssen zu DIAMBARS gehen, das ist interessant, und so weiter. Und die Leute kommen. Die Journalisten sagten am Anfang ja, gut, DIAMBARS ist wie die anderen. Und danach, man lud sie ein, man öffnete die Türen, sie besuchten uns, und danach verstanden sie es“.
Mittlerweile ist DIAMBARS wirklich im ganzen Land bekannt. Bei einem Aufenthalt in St. Louis (Stadt im Norden Senegals) einige Wochen vor Beginn der Untersuchung, wurde sich immer wieder nach DIAMBARS erkundigt. Entgegen der Vorannahme war es vielen Senegalesen ein Begriff. Vor allem, dass Patrick Viera auch etwas damit zu tun hat. Voller Erwartungen, ob das Erzählte auch Wirklichkeit ist, wurden wir kurze Zeit darauf mit offenen Armen in DIAMBARS empfangen.
„In Afrika war es üblich zu sagen, ich mach das, ich mach es, ich mach es und man macht nichts! Das wollen wir nicht. Wir machen es zuerst und lassen dann die Leute sagen ob es gut ist. Wir öffnen alle Türen. Wenn du mir sagst, was du tust finde ich nicht gut, dann frage ich dich was ist nicht gut. Du erklärst es mir und ich sage dir einverstanden. Denn DIAMBARS, das existiert nicht für mich, das existiert im Interesse der Kinder. Wir hier sind offen. Jeder der kommt kann eintreten, es sich ansehen und darüber reden“.
Einer der Trainer führt den Weg den das Projekt eingeschlagen hat, auf die Lebensweise der Gründer zurück, die nach allgemeinen Maßstäben selber schon sehr viel im Leben erreicht haben und auch sehr bekannt sind.
„Sie wollen nur die großen Dinge erreichen. Etwas, dass es noch nie in Afrika gegeben hat. Selbst in Europa gibt es wenige Zentren wo du all dies hast. Den Unterricht, die Infrastruktur, die Qualität oder, wie sagt man, Qualitätspersonal und qualitativ hochwertigen Unterricht, denn man will, dass die Jungs intelligent sind. [...] Es ist richtig, dass momentan noch nicht alles da ist, denn die Spielfelder fehlen noch. Man hat auch noch kein, was fehlt außer den Spielfeldern? Sagen wir (..) Was fehlt? (..) Nichts. Nur die Spielfelder fehlen noch, denn wenn wir die hätten wäre es hier wie in Europa. In einem abgeschlossenen Europa. [...] Man kann großes vorhaben und dann sagt man oh, dass ist zu schwierig. Aber Sayer, Jimmy, Bernard Lama und Patrick Viera sagten nein, nein, das können wir machen. Und dazu kommt noch, dass die Afrikaner noch nichts gut ausgeführt haben. Der Afrikaner, wenn er etwas hat, nimmt er das Geld [?] [?], bringt sich in Schwierigkeiten und so weiter. Aber sie, sie nahmen ihre Eimer, steckten Spenden hinein, aber nicht um irgendwelche tollen Dinge zu haben und das ist das kühne daran. Ich würde sagen sie haben Mut. Die vier haben Mut“.
Während die ersten beiden hier vorgestellten Personen hauptsächlich für die fußballerische Ausbildung verantwortlich waren, ist der nächste Interviewpartner nur für den schulischen Teil zuständig. Als Lehrer für Geschichte und Erdkunde und ehemaliger Leiter der Schule in den ersten Jahren brachte die Person eher die pädagogischen Aspekte und Fakten in den Vordergrund.
„Also, DIAMBARS ist ein Konzept mit einer Philosophie die wie [?] [?]. Das heißt, was ihr auf dem Bus lesen könnt. (.) Das Motto von DIAMBARS. Also aus der Leidenschaft zum Fußball einen Motor der Ausbildung zu machen. (..) Hier im Senegal stellt man fest, dass viele junge Leute von der Schule abgehen um Fußball zu spielen. (..) Sie lassen die Schule sein, um das Spiel zu gewinnen. Was DIAMBARS erreichen will, ist diese Kinder zurück in die Schule zu bringen [?][?]. Wenn man das über den Fußball macht, kann man sie dazu bringen zur Schule zurückzukehren. [...] Der Präsident Sayer Seck, der Direktor Jimmy Adjovi Boco, der früher ein professioneller Fußballspieler in Frankreich war [?], die Hauptvertreter Patrick Viera, Bernard Lama, nicht wahr? Es gibt viele Personen die dahinter stecken. Also, es sind fast zehn Jahre vergangen seit sie begonnen hatten darüber nachzudenken. Und seit November 2003 beginnt das Projekt zu wachsen. Und wir schließen sofort daran an. DIAMBARS ist ein Ausbildungszentrum für Jugendliche im Fachgebiet Fußball, aber [?]. Man kann also sagen, es ist eine Sportschule“.
Ebenso sieht es einer der jüngeren Trainer in seiner Definition des Projekts. Dabei bringt er in wenigen Sätzen das Wesentliche zum Vorschein.
„… es ist eine Struktur die den Sport als Mittel der Erziehung benutzen will. Die Philosophie ist heute die, dass man die Jungen nimmt die im Sport talentiert sind aber keine Chance haben in der Schule mitzuarbeiten und sie dazu bringt in der Schule gut mitzuarbeiten, damit sie neben dem Fußball noch eine weitere Spezialisierung haben und folglich ihr Leben erfolgreich meistern. Ich glaube, dass ist alles, was man als Hauptidee bezeichnet“.
Jean-Luc Muraciole, der pädagogische Leiter des Instituts, geht einen Schritt weiter und versucht die weitere Entwicklung bzw. Planung für die Zukunft in sein Urteil miteinzubeziehen, vor allem im Hinblick auf das neue Unterrichtskonzept der Multimediaklasse (vgl. 4.3.3), welches er als gute Alternative zum bisherigen Schulkonzept im Senegal sieht.
„Ich denke, dass das Projekt DIAMBARS sich in dem Slogan wieder findet, der auf den Bussen geschrieben steht. Ich denke, es ist gut aus der Leidenschaft zum Fußball einen Motor für die Ausbildung zu machen. Ich denke, das fasst es gut zusammen.
„Und ich denke, dass DIAMBARS – wenn man dieser Gesinnung immer treu bleibt und es schafft das gut auszuarbeiten wo wir gerade dabei sind – wahrlich eine Alternative zum allgemeinen Unterricht sein kann, und mehr als nur ein sport-etudes“.
Die Schüler des Instituts sind sich in ihrer positiven Beurteilung des Projekts ebenso einig. Lediglich der Blickwinkel fällt bei den meisten anders aus, um genauer zu sein etwas enger. Aus der „Teilnehmersicht“ der Jugendlichen fallen die Ansprüche bedeutend geringer aus. Essen, schlafen und eine gute Ausbildung. Sie legen vor allem auf die Tatsache wert, dass es ihnen im Projekt an nichts fehlt und sie so ihren Traum vom Fußballprofi ausleben können.
„Weißt du, DIAMBARS ist ein ganz besonders Projekt, denn viele junge Menschen... sie helfen vielen jungen Menschen ihre Träume zu verwirklichen. (..) Wisst ihr, z.B. mich, also wenn man mich dort in Ziguinchor gelassen hätte (..) ich würde nicht sagen, dass ich es nicht geschafft hätte, aber das ist sehr schwer, denn unter den Bedingungen unter denen ich arbeite... Aber hier, in DIAMBARS, hab ich fast alles. Man gibt mir zu essen (.) wenn ich krank bin kümmert man sich um mich, man gibt mir alles, nichts fehlt mir. (.) Deswegen muss man hier im Senegal viele Projekte wie DIAMBARS machen. Es gibt viele Leute, z.B. gibt es ein Kind auf der Straße, jemand wie Pape Ndiaye [Name geändert, Anm. d. Verf.](...) [...] Aber wenn man ihn dort gelassen hätte (..) Hier im Senegal hat man keine guten Umstände, es gibt die Kälte, es gibt viele Krankeiten und DIAMBARS beschützt uns alle. Es ist ein sehr, sehr interessantes Projekt. Und wenn man dies machen könnte, wenn der Senegal viel Projekte wie DIAMBARS machen könnte, den jungen Menschen helfen, denn die jungen Leute hier lieben Fußball. Und man muss diesen Weg gehen, um die Kinder zu motivieren, um sie zu erziehen, damit sie ihre Träume verwirklichen. DIAMBARS hilft uns, unsere Träume zu verwirklichen. Und ich denke, wir werden es alle schaffen, inch’allah“.
„Und hier hast du alles. Du hast deinen Platz, man gibt dir eine Unterkunft, man gibt dir zu essen (.) man gibt dir alles, man gibt dir sogar dein Ticket. [...] Man verlangt nur zwei Dinge von dir. (.) Diszipliniert zu sein und hart zu arbeiten. So ist das. Und ich war wirklich überrascht als ich das alles sah“.
„DIAMBARS ist auf jeden Fall ein ganz besonderes Projekt, denn […] man isst gut, man schläft gut, man arbeitet gut und dann ist man hier unter guten Bedingungen. Auf dem Spielfeld ist es genauso. In der Schule ist es genauso“.
Doch den Schülern ist auch klar, dass es in DIAMBARS nicht nur um die Verbesserung der fußballerischen Leistungen geht.
„Sie haben auf jeden Fall alles für uns getan. Sie helfen uns viel in Sachen Arbeit, für die Schule oder auf dem Spielfeld und sie helfen uns sogar beim richtigen Verhalten im Leben. Von Zeit zu verhältst du dich falsch und dann kommen sie und korrigieren dich, sagen nein, das macht man nicht so, so ist das gut. Man weiß es ist hart, aber dennoch akzeptiert man es, denn ein Kind bleibt immer ein Kind. [...] Auf jeden Fall wollen wir gute Profispieler werden. Die Leute müssen uns helfen, damit wir gute Spieler werden und unseren Eltern helfen“.