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Perry Rhodan Neo 182: Festung der Allianz - Staffel: Die Allianz

Kai Hirdt

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2018

ISBN 9783845348827 , 160 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

Geräte

3,49 EUR


 

1.


 

Pranav Ketar wartete.

Der Goldene hatte gelernt, sich Zeit zu nehmen. Früher war er für die Allianz von Erfolg zu Erfolg geeilt, doch die Menschen hatten dem ein Ende gesetzt. Projekt Peaqash war seine Chance gewesen, sich zu rehabilitieren – und war es noch. So hoffte er zumindest, auch nach zwanzig Jahren. Trotz der langen Zeit war Ketar sicher: Wenn es ihm erst gelang, seine Schutzbefohlenen für die Ziele der Allianz zu gewinnen, wären die Rückschläge auf dem Weg bedeutungslos. Der Erfolg von Peaqash wäre ein Triumph für die Ewigkeit.

Er ließ den Blick durch den Raum schweifen. Die Vorbereitungen waren perfekt: Der runde, kristallene Tisch glänzte und funkelte; ein Prachtstück, des Imperatorenpalasts würdig. Drei platinbeschlagene Sessel mit Hyperkristallintarsien in den Füßen und Handstücken. Köstlichkeiten von neun verschiedenen Welten aus den Weiten des arkonidischen Imperiums. Wein aus dem Arkonsystem selbst – immer schon teuer, aber mittlerweile, in der Krise des Imperiums, eine kaum bezahlbare Delikatesse.

Daneben eine schimmernde Karaffe mit dem Getränk, das seinen Gast möglicherweise sogar noch mehr erfreuen würde: frisches, reines, kühles Wasser.

Ketar setzte sich in einen Platinsessel und aktivierte mit einem lässigen Wink das Überwachungsholo aus Ebene Elf. Seine Gäste waren auf dem Weg. Pathis ging gemessenen Schritts, unauffällig, aber zielstrebig. Ein Muster der Effizienz, wie immer seit seiner Transformation.

Tutmor hingegen bot einen erschreckenden Anblick. Der hünenhafte Arkonide taumelte, benötigte fast die gesamte Gangbreite, um voranzukommen. Die Wotokeskorte hatte sich darauf eingestellt. Die aufrecht gehenden Echsen warteten ab, wenn das Duplikat des ehemaligen arkonidischen Imperators mehr zur Seite fiel, als geradeaus zu gehen. Sie achteten nur darauf, dass Tutmor ihnen nicht zu nahe kam. Sie wollten nicht riskieren, dass das Duplikat ihnen eine Waffe entwendete und damit das Fortschreiten des Projekts gefährdete.

Das hätte Ketar nicht gefallen. Also achteten die Wotok sorgsam darauf, solche Situationen zu verhindern.

Wenn Tutmor stürzte, war es Pathis, der ihm auf die Beine half. Pathis stand an seiner Seite. Das musste Tutmor nur verinnerlichen, und sein Leben würde so viel einfacher werden. Und länger überdies. Unendlich lang.

Pathis hatte den Schritt bereits gemacht, der Tutmor noch bevorstand. Ein wenig beneidete Ketar den ehemaligen Arkoniden, der die Umwandlung zur Maschine vollzogen hatte. Das war eine andere Form der Ewigkeit als jene, die Ketar selbst genoss. Nicht altern, keine Krankheiten leiden: Das war nichts Besonderes für ihn als Goldenen. Aber er lebte, also konnte man ihn töten.

Die Maschine Pathis jedoch verfügte über einen Körper, den man sogar in kleine Stücke teilen und der sich danach trotzdem vollständig regenerieren konnte. Damit vermochte er der Allianz bis ans Ende aller Zeiten zu dienen.

Ketar desaktivierte das Holo. Seine Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück und damit zu dem bevorstehenden Gespräch. Es wurde Zeit, dass Tutmor ein Einsehen zeigte. Die Zähigkeit der großen Männer in Ketars Obhut war beeindruckend, auf Dauer aber auch ermüdend. Trotz aller Geduld.

Ein sanfter Glockenklang informierte Ketar, dass Tutmor und Pathis angekommen waren. Mit einer weiteren Handgeste ließ er die Tür auffahren. Er erhob sich, als die beiden Duplikate eintraten, deren Vorlagen zu ganz unterschiedlichen Zeiten das arkonidische Imperium regiert hatten – und auf ganz unterschiedliche Weise. Tutmor hatte es zu Glanz und Stärke geführt.

Pathis war kurz nach seiner Thronbesteigung verrückt geworden, war abgesetzt und verjagt worden. »Hier sind wir, Wohltäter«, sagte seine Kopie überflüssigerweise.

Ketar ignorierte es. Er trat auf Tutmor zu, ging auf ein Knie nieder und neigte das Haupt. »Imperator. Mein ergebenster Dank, dass Ihr mir die Gnade einer Audienz gewährt.«

Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie die Wotokeskorte hinter den beiden Arkoniden eintrat und unauffällig ihre Wächterpositionen an den Wänden des Raums einnahm, die entsicherten Strahlwaffen griffbereit.

»Erhebe Er sich!«, erklang Tutmors Stimme. Eigentlich ein volltönender Bass, doch der Durst hatte sie spröde werden lassen.

Ketar tat wie geheißen. »Imperator, es ist alles für Euch angerichtet.« Er deutete auf den imposanten Tisch mit der Auswahl erlesener Köstlichkeiten.

Tutmor schaute in die angewiesene Richtung. Seine Augen weiteten sich. Er setzte sich in Bewegung, erst langsam, dann immer schneller, bis er die Kontrolle über seine Gliedmaßen verlor und auf den Boden schlug. Seine Reaktionen waren zu langsam, um sich mit den Armen abzufangen. Als Pathis ihn wieder auf die Beine zog und vorsichtig in einen der Sessel bugsierte, lief Blut aus Tutmors Nase.

Ketar lächelte. Er gesellte sich zu den beiden. Pathis und er ließen sich gleichzeitig auf den freien Plätzen nieder.

Tutmor betrachtete Speis und Trank fassungslos, wie ein Verhungernder und Verdurstender, der unversehens in einen Speisesaal mit reich gedecktem Tisch und voller Kelche köstlichster Getränke geriet. Ein Vergleich, der sehr nah an der Wirklichkeit lag.

Der Imperator streckte eine Hand nach der Karaffe aus. Es gelang ihm beinahe, das Zittern zu unterdrücken.

Was für eine mentale Stärke, dachte Ketar beeindruckt. Zehn Tage ohne Nahrung oder Schlaf, drei Tage ohne einen Schluck Wasser, und noch immer hat er nicht völlig die Kontrolle verloren.

»Imperator.« Ketar beugte sich vor und zog die Karaffe aus Tutmors Reichweite, kurz bevor das Duplikat zugreifen konnte. »Es wird mir eine Freude sein, Euch einen Trunk zu kredenzen, sobald wir Einigkeit zu meinem Anliegen erzielt haben.«

Tutmor wandte langsam den Kopf. Er sah zu dem Gefäß in Ketars Hand, hob dann den Blick und sah ihm in die Augen. Der Hass stand ihm ins Gesicht geschrieben.

»Er gebe mir die Karaffe!«, forderte der Imperator leise, mit raspelnder Stimme.

»Wenn wir Einigkeit erzielt haben.«

»Er gebe ...« Tutmor stemmte sich aus seinem Sessel hoch. »... mir ...« Er machte einen unsicheren Schritt auf den Tisch zu. »... die Karaffe!«

Mit den letzten Worten stürzte er sich auf Pranav Ketar, erreichte ihn jedoch nicht. Die Wotok griffen rechtzeitig ein. Die Echsen hielten ihn auf, packten ihn zu zweit an beiden Armen und zogen ihn von dem Tisch weg. In fünf Schritten Abstand zwangen sie ihn brutal auf die Knie.

Das war der Teil dieses kleinen Rituals, der Ketar stets verwunderte. Er wusste zwar, dass Schlafmangel sich negativ auf die Fähigkeit auswirkte, Sinneseindrücke im Gedächtnis zu verankern. Bei Schlafentzug in einem derart fortgeschrittenen Stadium war es völlig normal, dass Erlebnisse keinen Weg ins Langzeitgedächtnis fanden. Aber diese kleinen Tischgespräche waren mit derart starken körperlichen Reizen verbunden, dass er trotzdem einen kleinen Lerneffekt vermutet hätte.

Ein dritter Wotok war hinter Tutmor getreten und ließ die Peitsche schnalzen. Er schlug zu und knallte das Leder auf den Rücken des Imperators. Tutmor brüllte auf, Heiserkeit hin oder her. Es war der erste von sehr vielen Schreien.

 

Wieder war es Pathis, der seinem Amtsvorgänger half. Er kühlte dessen Wunden und half ihm zurück in seinen Sitz.

»Imperator?«, fragte Pranav Ketar.

Tutmor antwortete nicht.

»Hört er uns?«, fragte er Pathis. Der weichliche Imperator mit dem runden Gesicht und dem lächerlichen Knebelbart war zwar schon vor vielen Jahren in einen Androiden verwandelt worden. Dennoch war sein Gespür für seine ehemaligen Artgenossen oft besser als das von Ketar.

Ketar selbst lebte zwar: Sein Herz schlug, Blut rann durch seine Adern, er hatte zwei Arme und zwei Beine. Doch in vielen anderen Dingen unterschied er sich von den Arkoniden. Nicht nur wegen seiner Unsterblichkeit. Sein Körper war zudem weitgehend unempfindlich gegen Schmerz, Hunger, Durst, Hitze, Kälte und andere Reize.

Insbesondere aber war er als Goldener darauf gezüchtet worden, seinen Herren effizient zu dienen. Das war der Leitstern seiner Psyche. Es fiel ihm schwer, sich in andere, selbstbestimmtere Wesen hineinzudenken. Folglich war es schwierig einzuschätzen, wie weit man die Duplikate treiben konnte und was der entscheidende Schritt zu viel war.

»Ich denke: ja.« Pathis zwirbelte seinen Knebelbart und musterte Tutmor, der mit leerem Blick auf den Tisch vor ihm starrte und nicht mehr versuchte, nach Essen oder Getränken zu greifen. »Ich würde sogar vermuten, dass er im Moment sehr suggestibel ist. Was Sie ihm jetzt mitteilen, müsste unreflektiert und ungefiltert in die tiefsten Tiefen seines Geistes eindringen.« Er wiegte den Kopf hin und her. »Ich bin mir allerdings nicht sicher, inwiefern uns das noch nützt. Ich wäre sehr überrascht, wenn er die nächsten Stunden überlebt.«

Ketar lehnte sich zurück und betrachtete den zitternden Tutmor mit ebenso skeptischem Blick. »Und wenn. Es wäre das erste Mal, dass es uns gelänge, ein Tutmor-Duplikat zu brechen. Selbst wenn es danach nicht mehr verwendungsfähig ist, wäre das ein Fortschritt.«

Er brummte misslaunig. Die Frage der Verwendungsfähigkeit stellte sich in Wahrheit nicht. Die Arkoniden waren zäher als viele andere Humanoiden, aber ab dem sechsten Tag des Schlafentzugs stellten sich unheilbare Schäden ein. Es brachte nichts, ein Duplikat in einen Androiden zu wandeln, wenn es erst unter dieser wenig subtilen Folter brach. Daraus wäre nichts entstanden als ein von vornherein fehlerhafter Diener der Allianz. Damit ließ sich kein Krieg gewinnen.

Dennoch: Wenn es...