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Perry Rhodan Neo 183: Sonnensturm - Staffel: Die Allianz

Susan Schwartz

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2018

ISBN 9783845348834 , 160 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

Geräte

3,49 EUR


 

1.

Sedna

 

Laurins, dachte Sander Pawliczek. Hoffentlich sind dort unten wirklich keine mehr. Ich habe wenig Lust auf eine Begegnung mit jemandem, der unsichtbar ist und kaum aufgespürt werden kann.

Unwillkürlich dachte er an die Sage des Zwergenkönigs Laurin aus Südtirol, der mithilfe seiner Tarnkappe die Königstochter von der Etsch entführte. Als Jugendlicher war Pawliczek im Rosengarten in den alpenländischen Dolomiten gewandert und hatte dort viele Varianten der Geschichte gehört. Ein Ort, der zum Träumen und Phantasieren einlud.

Doch die aktuelle Lage hatte nichts mit Märchen zu tun und war nur mit einem Albtraum vergleichbar.

»Sedna-Scout-Eins an Sedna-Scout-Drei«, ertönte es aus dem Funk.

Die vier zu Aufklärern und Forschungsfahrzeugen umgebauten Space-Disks verfügten über eine erweiterte Ortungs- und Sensorenausstattung und eine Zusatzpositronik, mit der die Auswertungen vorgenommen wurden. Die kleinen Raumboote mit 28 Metern Gesamtdurchmesser waren deshalb bis zur winzigen Zentrale in der Polkuppel mit Technik vollgestopft und boten kaum Platz, sich umzudrehen.

Die Zentrale war für zwei Personen eingerichtet, für die Überwachung von Sedna war aber nur jeweils ein Wissenschaftler abgestellt worden, der zugleich einen Abschluss als Pilot hatte. Es war schlichtweg zu eng.

Das stellte jedoch kein Problem dar. Die meisten Wissenschaftler der Terranischen Union, deren Spezialgebiete sich mit dem All beschäftigten, verfügten ohnehin über die notwendige Zusatzausbildung als Raumfahrer und konnten auf sich gestellt arbeiten. Sie waren damit beauftragt, so viele Informationen wie möglich zu sammeln und weiterzuleiten.

»Scout-Drei, Pawliczek hier«, meldete er sich. »Bin wach, wer noch?«

Er verlagerte zum dritten Mal innerhalb der vergangenen halben Stunde seine Haltung. Der Pilotensitz war an sich recht bequem, und mit der transparenten Panzerplastkuppel hatte Pawliczek eine gute Rundumsicht in die Weiten des Weltraums. Dennoch fühlte er sich beengt. Um den Sessel zu verlassen, musste er über den zweiten klettern und sich dann zur Wendeltreppe durchquetschen, die in die untere Ebene führte. Ab und zu musste das sein, doch er schränkte diese Ausflüge so weit wie möglich ein.

»Kracks«, lautete die Antwort. Gefolgt von konstantem Rauschen.

Schon war die Kommunikation wieder dahin.

»Allein, allein«, murmelte Pawliczek. Es störte ihn nicht weiter, er war Datenanalyst mit dem Schwerpunkt Kosmologie. Er war es gewohnt, einsam vor sich hin zu arbeiten, an ungemütliche Orte zu fliegen und dort herauszufinden, was mit ihnen nicht stimmte.

Sedna war schon für sich betrachtet ein reichlich ungemütlicher Ort – ein Transneptunisches Objekt jenseits des Kuipergürtels mit fast tausend Kilometern Durchmesser.

Trotz der auffallenden rötlichen Erscheinung ein bis vor Kurzem völlig uninteressantes Randgebilde – wären dort nicht die Laurins aufgestöbert und zur Flucht gezwungen worden. Die MAGELLAN unter Perry Rhodans Leitung hatte die Verfolgung aufgenommen, doch die Arbeit in Bezug auf Sedna war damit keineswegs beendet gewesen.

Pawliczek sammelte die Daten wie angewiesen, war jedoch bislang auf nichts Auffälliges gestoßen – was ihn enorm wurmte. Die drei anderen Space-Disks hatten zwar vermutlich gleichfalls keine besseren Ergebnisse vorzuweisen. Aber leider war es ihnen bisher nicht gelungen, sich darüber abzusprechen. Mehr als ein paar Worte kamen bei den Funkanrufen nie zustande, bevor die Verbindung wieder abriss.

Das bedeutete, dass bei Sedna etwas ganz und gar nicht stimmte, die Ursache für die Störungen indes hatte der Kosmologe bisher nicht herausfinden können. Ihm blieb nur zu hoffen, dass einer der anderen Scouts bald etwas entdeckte.

Also doch in Laurins Zaubergarten, dachte Pawliczek frustriert. Alles unter der Tarnkappe verborgen. Oder unter einem Fluch.

Da fing es an zu schneien.

 

Sander Pawliczek fuhr hoch und wies die zweite Positronik an, Daten zu sammeln, während die Systempositronik auf Distanz gehen sollte.

Es war selbstredend kein richtiger Schnee, doch es sah optisch täuschend ähnlich aus. Eine große, flimmernde Wolke raste auf das Diskusboot zu und hüllte es innerhalb weniger Sekunden ein. Wie vom Wind verwirbelte Schneeflocken, in deren Zentrum winzige Blitze zuckten.

»Kreellgestöber!«, rief Pawliczek. »Wieso jetzt, wieso hier?« Der Begriff für diese aus dem Creaversum ins Einsteinuniversum eintretende Materie, die bisher nicht abschließend hatte analysiert werden können, war von den Physikern aus Doktor Eric Leydens Team geprägt worden.

Pawliczek war darüber informiert worden und deshalb sicher, mitten in dieses unvorhersehbar auftretende Phänomen geraten zu sein.

Abgesehen von der Gefahr, die von dem Kreellgestöber für die Technik ausging – der Schutzschirm zeigte bereits Störungen, denn das Kreell lagerte sich wie eine zweite glitzernde Schicht darauf ab –, dieses plötzliche Auftauchen konnte nichts Gutes bedeuten und würde Folgen haben. Wahrscheinlich hingen die ganzen vorherigen Störungen damit zusammen. Die unheilvollen Vorboten des Sturms.

Aber auch das Kreellgestöber war nur ein weiterer, mächtigerer Vorbote und konnte noch nicht der Sturm selbst sein.

Die jüngsten Ereignisse ließen vielmehr befürchten, dass sich etwas anderes, viel Größeres auftat. Was Pawliczek sofort zur Erde melden musste, denn es bedeutete mit Sicherheit eine große Gefahr für das Sonnensystem. Davon war der Kosmologe überzeugt.

Aber zuerst musste er dieses Phänomen überleben.

 

Trotz Pawliczeks sekundenschneller Reaktion, um seine Space-Disk aus dem Schneesturm herauszusteuern, war er zu langsam, der plötzlich hereinbrechende Wirbel zu schnell. Es war zu spät, heil davonzukommen.

Das kleine Raumschiff wurde von unbekannten Gewalten durchgeschüttelt. Pawliczek riss es aus dem Sitz; nun war die Enge ein Glück, denn er konnte sich gerade noch festhalten und zurückziehen. Er stemmte die Beine gegen die Seiten, um sich in den Sessel zu klemmen und die Hände freizubekommen.

Das automatische Fesselfeld versagte. Sander Pawliczek versuchte, sich manuell anzuschnallen, doch seine Hände bekamen bei dem unkontrollierten Schütteln und Ruckeln kaum die Gurte zu fassen.

Als er sie endlich herunterziehen konnte, war es noch viel schwieriger, sie in die richtige Position zu bringen und zu verbinden. Er verlor wertvolle Sekunden und schrie die Positronik an, so schnell wie möglich auf Fluchtdistanz zu gehen, doch die war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Nämlich zu verhindern, dass sämtliche Systeme versagten und die Space-Disk von den draußen tobenden Gewalten in tausend Teile zerrissen wurde.

Bei einem weiteren heftigen Ruck – es gab tatsächlich noch Steigerungen – setzte die Gravitation aus. Es hob Pawliczek hoch, aber schon eine halbe Sekunde später wurde er in den Sitz zurückgepresst, als die Bordschwerkraft mit über einem Gravo wieder einsetzte. Immerhin schaffte er es daraufhin endlich, mit zitternden Fingern die Sicherheitsgurte zu schließen.

Die Schwerkraft regulierte sich auf Standard, fiel erneut aus, setzte wieder ein ...

Pawliczek war froh, dass seine Reflexe gut trainiert waren und er über einen sehr stabilen Magen verfügte, während er versuchte, irgendwie an den Kontrollen zu bleiben.

Für Angst hatte er keine Zeit, in seinem Verstand blitzte sie zwar kurz auf, doch sogleich regelte sich die Konzentration wieder auf zwei wichtigere Themen ein: erstens, die Körperkontrolle nicht zu verlieren, zweitens, die Kontrolle über das Raumboot nicht zu verlieren. Und infolgedessen als Drittes auf die Frage: Wie kam er aus dem Sturm raus?

Beide Positroniken stießen optisch und akustisch schrille Warnungen aus, was nicht gerade hilfreich war und keineswegs zum Optimismus verleitete.

Pawliczek schloss mit einem Fingerdruck auf den Sensor im Halsring seinem Anzughelm, da einige Versorgungssysteme dabei waren, den Dienst zu quittieren. Unter anderem die Lebenserhaltung mit Sauerstoff und Temperaturregelung. Die Notversorgung sprang ein, aber nur stotternd.

Nach einer kurzen Analyse der Fehlfunktionen entschied der Kosmologe, vorübergehend auf Sedna zu landen, bis die Autoreparatur abgeschlossen war – er hatte nicht mehr genug Energiereserven, um in eine Notbeschleunigung zu gehen, geschweige denn, um anschließend irgendwohin zu navigieren. Das würde in dieser Lage die Fusionsreaktoren überlasten.

Oder die Space-Disk zerreißen.

Wie gehabt: Es sah schlecht aus.

 

Drei Minuten waren seit dem Einsetzen des Kreellphänomens vergangen.

Die flimmernde Wolke nahm das gesamte Blickfeld ein, die optischen Sensoren versagten, und Pawliczek musste zusehen, wie er sich mit eigenen Augen durch das Gestöber manövrierte. Er war für Gefahrensituationen ausgebildet, aber einen klassischen »Blindflug« wie diesen hatte er noch nicht im Programm gehabt. So etwas kam im All eher selten vor.

Er stellte auf manuelle Steuerung um und lenkte das Raumfahrzeug durch den Kreellwirbel. Die Positronik unterstützte ihn mit Messdaten, soweit sie dazu noch in der Lage war. Hilfreich waren die vorherigen Aufzeichnungen, sodass der Kosmologe die Richtung und den Abstand zum Zielort einigermaßen einschätzen konnte. Was im Grunde genommen nur Schönreden war, um sich bei der Stange zu halten, denn bereits ein winziger Fehler mochte das ungebremste Ende bedeuten.

Nicht darauf achten! Kurs auf Sedna.

Funkrufe zu den anderen Diskusbooten, sofern...