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Blood & Roses - Buch 1

Callie Hart

 

Verlag Festa Verlag, 2018

ISBN 9783865527127 , 100 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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4,99 EUR


 

DREI

Zeth

(Zwei Jahre später …)

»Du bist ein unmöglicher Mensch.« Laceys Gelächter geht mir an diesem Vormittag unheimlich auf den Wecker. Sie setzt mir schon den ganzen Tag wegen der zwei jungen Frauen zu, die ich gestern Nacht mit nach Hause gebracht und um drei Uhr morgens prompt vor die Tür gesetzt habe, nachdem ich es ihnen zu Ende besorgt hatte. Lacey weiß einfach nicht, wann man besser die Klappe hält.

Wir sitzen seit 20 Minuten im Auto fest, und 20 Minuten im Auto mit Lacey kommen im Wesentlichen 20 Minuten in der Hölle gleich.

»Wie wär’s, wenn wir mal ein Weilchen nicht reden, Lace, hm?«

»Wie wär’s, wenn du mir erzählst, was der Kerl getan hat, und ich dafür den Mund halte? Klingt für mich fair.«

Lacey ist winzig. Als Kind hat sie zu wenig zu essen und nicht die nötigen Nährstoffe bekommen, die sie zum Wachsen gebraucht hätte. Deshalb reicht mir ihr Kopf kaum bis an die Brust. Ihr langes, blondes, vollkommen glattes Haar und die hellblauen Augen verleihen ihr das Aussehen eines Engels. Dabei hat es das verdammte Frauenzimmer faustdick hinter den Ohren.

Ich hätte sie ja heute zu Hause gelassen, nur kommt sie mit der eigenen Gesellschaft nicht so gut klar. Wenn man Lace sich selbst überlässt, kann üble Scheiße passieren, und einen Ausflug ins Krankenhaus brauche ich heute Abend wirklich nicht. Schon gar nicht nach dem, was ich gleich vorhabe.

»Frankie ist böse gewesen. Mehr brauchst du nicht zu wissen.«

»Wann ist Frankie denn mal nicht böse?« Lace verzieht den Mund. Sie und Frankie haben es ein paarmal miteinander getrieben, damals, bevor sie an meiner Schwelle aufgekreuzt ist wie eine streunende Katze und einfach nicht mehr gehen wollte. Seither ist sie auf delikatere Beute fixiert, nämlich die weiblichen Vertreter der Spezies. Meistens muss ich mit den Tussen, die ich mit ins Lagerhaus bringe, höllisch aufpassen. Lasse ich sie nur zehn Minuten aus den Augen, hat ihnen Lace die Höschen zu den Knöcheln runtergezogen und das Gesicht zwischen ihren Schenkeln vergraben. Die Frau kennt keine Grenzen.

Aber wie dem auch sein mag, ich glaube, dass sie immer noch so was wie eine Schwäche für Frankie hat. Sie war eine Weile still, als ich ihr verraten habe, wohin wir fahren – und das kommt nicht allzu oft vor.

»Mach einfach keine Szene, okay? Du wartest im Wagen, wie ich’s dir gesagt hab’. Ich brauche höchstens fünf Minuten.«

Die Wahrheit ist, dass ich keinen Schimmer habe, was Frankie getan hat. Ich weiß nur, dass ich losgeschickt worden bin, um ihm einen Besuch abzustatten, und das passiert nur, wenn jemand mächtig Scheiße gebaut hat.

Charlie ist generell nicht unbedingt ein nachsichtiger Mensch, aber seine teuersten Spielzeuge packt er nur für seine teuersten Probleme aus. Jemand zahlt eine Darlehensrate nicht? Charlie schickt Sam los, und man wird um ein paar Fingernägel erleichtert. Verliert hingegen jemand eine Schiffsladung Koks mit dem Straßenwert einer Villa, wird er von mir aufgesucht.

Den richtigen Deckel für den richtigen Topf, pflegt Charlie zu sagen.

Wir halten vor Monterello Farm Markets, und ich lege den Leerlauf ein. Es regnet. Was für eine verfickte Überraschung. Willkommen in Seattle. Die Windschutzscheibe wird blickdicht, so heftig bombardieren sie die Regentropfen, sobald die Scheibenwischer innehalten. Einen Moment lang gibt es nur Lace und mich in unserer eigenen kleinen, chaotischen Welt. »Du hast mich doch verstanden, oder? Du bleibst im Auto.«

Sie zeigt mir den Drei-Finger-Gruß der Pfadfinder – was in der Regel bedeutet, dass ihr eigentlich nicht danach ist, sich zu fügen, sie aber keine Lust hat zu streiten. »Alles klar, großer Boss.«

So nennt sie mich schon, seit ich angefangen habe, sie dafür zu bezahlen, dass sie mein Geld für mich wäscht. Ich hätte dafür auch die Juden engagieren können, aber die sind schon reich genug. Außerdem braucht Lacey eine Aufgabe, auch wenn es eine illegale ist.

»Bin gleich wieder da.« Ich springe aus dem Wagen, hole die schwarze Tasche vom Rücksitz des Camaro und betrete Monterellos Laden ohne einen Blick zurück. Wahrscheinlich wird sich mir Lace heute nicht widersetzen. Der Regen würde ihr perfekt glattes Haar durcheinanderbringen. Ist schon echt schräg, dass ich solchen Frauenscheiß weiß.

Drinnen steht Archie Monterello, Frankies Bruder, hinter der Theke und packt etwas für eine alte Frau mit krummem Rücken und tadellos gestyltem weißem Haar ein. Wahrscheinlich eine Perücke. Er lässt die Tüte fallen, als er mich sieht. Tomaten kullern auf die Ladentheke und rollen weg.

»Frankie ist heute nicht hier, Zeth. Hat mit Cindy den Staat verlassen.«

Ich achte nicht auf den Jungen. Er wird – lausig – dafür bezahlt, dass er vorne im Laden die ehrbare, glaubhafte Fassade aufrechterhält, wenn man so will. Und dazu gehören Ablenkungsmanöver, wenn ein Mitglied der Familie in Schwierigkeiten steckt.

Sieht so aus, als würde ich erwartet.

Ich steuere geradewegs auf die Schwingtür zum hinteren Bereich des Ladens zu, während sich Archie über die Theke müht und sich seine grüne Schürze über der Schulter bauscht. »Zeth, ich mein’s ernst, Mann. Frankie ist nicht hier.«

Aber als ich durch die hinten versteckte Bürotür krache, ist Frankie definitiv hier. Seine kaputte Junkie-Ehefrau ist auf den Knien und bläst ihm einen. Das schwarz-weiß gestreifte Kleid, das sie trägt, ist so weit hochgezogen, dass ich ihre Arschbacken sehen kann.

Der Ausdruck der Überraschung in Frankies Visage ist unbezahlbar; er ist derart perplex, dass er einige Herzschläge braucht, bis er Cindy auf die Schulter klopft. Einige weitere Momente verstreichen, bis ihr Kopf die Auf-und ab-Bewegungen einstellt.

»Pack den Schwanz ein, Frankie. Wir müssen uns unterhalten.« Das Letzte, was ich unmittelbar nach dem Abendessen sehen will, ist ein italienischer Pimmel.

Ich schaue zur Decke, während er den Reißverschluss zuzieht.

Cindy steht auf, stützt sich mit einer Hand an Frankies Schreibtisch ab und zupft mit der anderen ihr Kleid runter. Ihre Augen sind blutunterlaufen und vollkommen leer. Mit anderen Worten: Sie ist bis zum Anschlag zugedröhnt.

»Was bildest dir’n ein, Zeth? Weißte, du kanns’ hier nich’ einfach reinschnein, wann immer du Lust drauf hast.«

Ihr Ehemann klatscht ihr mit einem peitschenden Laut auf die Rückseite des Oberschenkels. »Halt’s Maul, Schlampe. Pass auf, wie du mit meinen Geschäftspartnern redest.«

Ebenso gut hätte er einen Eimer eiskaltes Wasser auf sie gießen können. Ein Funken Leben entfacht in ihren Augen.

»Weißte was? Fick dich, Frankie. Hab Bess’res zu tun, als hier rumzustehn und dich ’n ganzen Tag zu verteidigen.«

»Wenn ich mich recht erinnere, warst du eben noch auf den Knien. Und jetzt raus hier. Zeth und ich müssen reden.«

Entweder hat er keine Ahnung, warum ich hier bin, oder er versucht, sich bei mir einzuschleimen. Spielt keine Rolle. Süßholzraspeln und Arschkriechen ziehen bei mir nicht. Ich verziehe die Lippen, als Cindy aus dem Büro stürmt. Unterwegs rempelt sie mich mit der Schulter an, und ich werfe Frankie mit hochgezogener Augenbraue einen Blick zu.

»Schlechte Einstellung«, meine ich zu ihm.

»Alles schlecht«, gibt er zurück. Vor zehn Jahren waren Frankie und Cindy wie Bonnie und Clyde. Inzwischen ist er ein zweitklassiger Schürzenjäger und sie eine verbrauchte Nutte. Aber Frank hat noch sein Aussehen – der einzige Grund, warum ihn Lacey überhaupt beachtet. Sie ist so oberflächlich. Macht einen Teil ihres Reizes aus. Frankie lehnt sich auf dem Ledersessel zurück und mustert mich.

»Weißt du, warum du diesen Auftrag bekommen hast, Zeth?«, fragt er.

»Sollte ich?«

Frankie zuckt mit den Schultern. »Die meisten Menschen wissen, warum sie einen Mann töten.«

Also ahnt er doch, warum ich hier bin. Keine große Überraschung. Man verärgert Charlie nicht in dem Ausmaß, ohne zu wissen, dass man Konsequenzen ernten wird.

»Ich bin nicht, was man den … inneren Kreis nennen würde. Ich bekomme eine Adresse und Anweisungen, sonst nichts.«

»Und einen Koffer voll Kohle, richtig?«

Jetzt zucke ich mit den Schultern. Gibt keinen Grund, auf schüchtern zu machen. »Richtig.«

»Also, was hältst du davon, wenn ich dir stattdessen zwei Koffer voll Kohle biete, Zeth? Wenn ich dich dafür engagiere, dass du auf der Stelle dorthin zurückfährst, von wo du gekommen bist, und der Sache ein für alle Mal ein Ende setzt?«

»Du willst mich anheuern, um Charlie zu töten?«

»Warum nicht?« Frankie ist schon ein unheimlich gefasster Mistkerl. Er ist reicher als Gott – die 1980er mögen lange her sein, aber Kokain ist immer noch die beliebteste Droge in Seattle. Und ich bezweifle, dass er zum ersten Mal versucht, sich jemandes Gnade zu erkaufen. Bestimmt hat vorher noch niemand Nein zu ihm gesagt. Aber bei mir verhält es sich so, dass ich keine Gnade kenne. Und sein Geld brauche ich nicht.

Ich lasse die Tasche, die ich immer noch trage, auf seinen Schreibtisch plumpsen. Öffne ihren Reißverschluss. Hole mein unverzichtbares Requisit hervor – meinen Staubmantel.

Frankie zuckt mit keiner Wimper. Der Penner muss Eier aus Gusseisen haben. »Ich bin Charlies Mann, das weißt du, Frank. Und ich hab heut’ Nacht noch anderes zu erledigen....