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Perry Rhodan 3013: Zielpunkt Ephelegon - Perry Rhodan-Zyklus 'Mythos'

Uwe Anton

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2019

ISBN 9783845360133 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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1,99 EUR


 

Die Klugheit eines Menschen erkennt man an seinem Gesicht.

Terranisches Sprichwort aus präatomarer Zeit

 

1.

Verdammt lang her

15. Oktober 2045 NGZ

 

Ich hatte mich nicht unter Kontrolle und zitterte heftig.

Für mich sind es nur ein paar Wochen, für Bully aber fünfhundert Jahre!, dachte ich. Ich kann nicht ausdrücken, was ich empfinde. Wie soll es ihm da möglich sein? Da bleiben einem doch nur Worthülsen.

Schön, dich zu sehen.

Du warst eine verdammt lange Zeit weg.

Aber jetzt bin ich wieder da.

Vorsichtig befreite ich mich aus Reginald Bulls Umarmung, bevor er mich noch zerquetschen konnte. Oder aus der des Epsalers Himayatan, als der er sich getarnt hatte. Himayatan war mit fast 1,70 Meter ziemlich groß für einen Bewohner des Planeten Epsal, aber das hatte sich nicht vermeiden lassen. Bully hätte sich kaum ein paar Zentimeter seiner Beine kappen lassen wollen, auch wenn es bei den zur Verfügung stehenden medizinischen Möglichkeiten kein Problem gewesen wäre, sie erneut einzufügen, nachdem er die Maske wieder abgelegt hatte. Aber er war in dieser Hinsicht genauso ein Kind des 20. Jahrhunderts alter Zeitrechnung wie ich.

Als Anpassung an die hohe Schwerkraft ihrer Heimatwelt hatten die Epsaler im Lauf der Jahrhunderte eine fast quadratische Gestalt entwickelt. Sie wurden durchschnittlich zwar nur etwa 1,60 Meter groß, waren aber in der Regel ebenso breit, was nicht nur für die Schulterbreite galt, sondern für den gesamten Körper. Überdies waren sie extrem muskulös und hatten kurze, säulenartige Beine mit einem enormen Umfang. Die Hände glichen mächtigen Schaufeln, der Brustkorb war stark gewölbt, der Kopf saß auf einem eher kurzen, oft sehr muskulösen Hals.

Das alles vollzog die Maske nach, und das alles kam dem untersetzten und korpulent wirkenden Bull sicherlich entgegen. Man schien aber auch Kraftverstärker in die Körpermaske eingebaut zu haben, was Bully in seiner Aufregung, mich nach fast fünfhundert Jahren wiederzusehen, vergessen zu haben schien. Deshalb diese ungewöhnlich kräftige Umarmung hier im Habitat Gongolis ...

Fünfhundert Jahre.

Das war zwar nicht so lange, wie ich einst Zeit zwischen der Wiedergeburt ESTARTUS und dem Sprung in die Dunklen Jahrhunderte mitgemacht hatte, aber das hieß nicht, dass ich mir diese Zeitspanne tatsächlich vorstellen konnte. Was bedeutete es, all die Jahre zu leben und auf etwas zu warten, von dem nicht feststand, dass es jemals eintreten würde?

Niemand hatte zu sagen vermocht, was aus mir und der RAS TSCHUBAI geworden war seit jenem schicksalhaften Tag, an dem wir nach Wanderer aufgebrochen waren, um den Weltenbrand zu löschen.

Ich hatte die vergangenen fünfhundert Jahre in einem tiefen, wohl traumlosen Schlaf verbracht, während er zwei, drei normale Menschenleben gelebt und Dinge beobachtet hatte, von denen ich mir nicht die geringste Vorstellung machen konnte. Terra war verschwunden, Maharani schien keine Rolle mehr zu spielen, die Liga residierte im schwer bewachten Ephelegonsystem, in der Milchstraße regierten die Cairaner mit ihrem Friedensbund zu einem Zweck und aus einer Motivation heraus, die ich nicht kannte. Ich brannte darauf, die Hintergründe von all dem zu erfahren, bedrängte ihn aber nicht, kostete den kurzen Augenblick einfach nur aus.

Ja, es war wirklich verdammt lange her. Und es war auch für mich nicht ganz einfach. Bully war mir nun an reiner Lebenszeit und praktischer Lebenserfahrung um eben diese fünfhundert Jahre voraus. Aber nicht deshalb hatte ich diese Schwierigkeiten. Für mich waren sie eben nicht vergangen. Ich konnte mich nur schlecht in ihn hineinversetzen, einfach nicht nachvollziehen, was das bedeutete. Ich verstand es auf intellektueller Ebene, aber nicht auf gefühlsmäßiger. In diesem Moment war Bully mir genauso fremd wie das Gesicht von Tuomistuins epsalischem Bodyguard Shijar Himayatan.

Langsam löste Reginald sich wieder von mir. Er war so ergriffen, dass er kaum sprechen konnte, und sah sich um, ohne unsere Umgebung wirklich wahrzunehmen.

Wir befanden uns in einer mobilen Einkehr. Es gab etwa einhundert von ihnen im Habitat. Das waren vor Überwachung abgeschottete Räume, die sich in bestimmten Grenzen durch Gongolis bewegen konnten. Sie wurden zu diversen Zwecken gebucht, etwa für Geschäftsabwicklungen oder amouröse Treffen. Absolute Diskretion war im Preis inbegriffen.

Die Einkehren kreuzten innerhalb des Habitats, aber auch an der Außenhülle. Sie konnten über Schleusen von innen nach außen und zurück wechseln, und es gab sie in diversen Größen und Formen, je nach Personenzahl und Anlass. Festliche Modelle waren genauso üblich wie einfache, phantasievoll gestaltete wie ganz profane.

Offenbar nur mühsam riss Bully sich zusammen. Ich vermutete, dass es ihm genauso erging wie mir. Am liebsten hätte er wahrscheinlich einfach drauflos gesprochen, mir berichtet, wie es ihm in diesen fünfhundert Jahren ergangen war, mich über die völlig veränderte Lage in der Milchstraße aufgeklärt ...

Ich hingegen hatte nicht viel zu berichten, dafür aber umso mehr Fragen. Ich hatte zusammen mit der RAS TSCHUBAI diese fünfhundert Jahre einfach verloren.

Bullys Gesicht verdüsterte sich. Die Freude über unser Wiedersehen nach dieser langen Zeit verschwand zwar nicht vollends, wurde aber von den Sorgen über den Alltag eingeholt. »Die Lage ist unsicher. Einige Augenraumer der Cairaner sind im Anflug. Die Zeit drängt. Außerdem nähert sich die THORA, mein Flaggschiff.«

»Ich weiß. Was schlägst du vor?«

»Ich möchte das Habitat möglichst verlassen haben, bevor die Cairaner eintreffen. Aber noch sind ihre Schiffe nicht da, und wir könnten die Zeit nutzen, die uns bleibt. Ich habe da ein Gespräch mit dem Hôte des Habitats im Sinn.«

Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu.

Er grinste. »In aller Freundschaft und Offenheit.«

Ich zuckte mit den Achseln. »Du bist der Resident, und du kennst dich hier besser aus als ich.«

»So gut nun auch wieder nicht«, wehrte Bully ab. »Aber Buatier Mulholland ist ein interessanter Mann.«

»Das kann ich bestätigen. Und zumindest auf mich müsste er sehr gut zu sprechen sein. Wir können uns ihm ja ziemlich unauffällig nähern.« Damit spielte ich darauf an, dass wir beide noch unsere Masken trugen. Ich trat als der Terraner Leo Tibo auf, Sicherheitschef der TREU & GLAUBEN.

Zweifellos würde das Lüften des Inkognitos für Furore sorgen. Aber wem wäre damit gedient, es aufrechtzuerhalten?

»Ich will ihn schon seit Langem kennenlernen. Mulholland ist ein großer Autonomer.« Damit spielte Reginald darauf an, dass der Hôte sich nach dem zumindest zwischenzeitlichen Niedergang der galaktischen Staaten keiner Nation mehr angeschlossen hatte und auch zur selbst ernannten cairanischen Schutzmacht Abstand hielt.

»Du hättest ihn im Notfall gerne auf deiner Seite, nicht wahr?« Außerdem konnte Mulholland als Hôte des Habitats Gongolis helfen, die Attentäter Dancer und Schlafner auf Distanz zu halten. Ich musste also nicht lange nachdenken.

Bull lächelte schwach. »Auf der Seite der Liga.«

»Und wie willst du an ihn herankommen?«

»Als Leibwächter Himayatan müsste ich problemlos einen Termin bei ihm bekommen. Und wenn ich ihm mitteile, dass Leo Tibo mich begleitet, sowieso.«

»Ohne einen konkreten Grund?«

»Als reiner Freundschaftsbesuch.«

Ich grinste ebenfalls. »Worauf wartest du?«

Ich aktivierte mein Kom-Gerät, während Bully sein Gespräch führte. Ich informierte mein Team, das mit mir Gongolis betreten hatte, dass es die SCHOTE abholen und dann in die TREU & GLAUBEN zurückkehren sollte. Das Schiff sollte ohne Verzögerung starten können, bevor die Cairaner aktiv wurden. Ich teilte meinen Begleitern mit, dass Bully und ich auf der Gongolisstation bleiben und wir beide wahrscheinlich vom Hôte empfangen werden würden.

Reginalds Leibarzt Houzer wollte sich der Gruppe anschließen, während Tuomistuin auf Gongolis zurückblieb.

Schließlich beendete Bully sein Gespräch und nickte. »Es geht klar. Wir treffen uns mit Mulholland in Gongolis-3, der Komturei.«

»Haben wir bis dahin noch etwas Zeit?«

»Zeit genug.«

Mehr musste Bully nicht sagen. Er verzog das Gesicht, das mir aufgrund der Maske noch immer völlig fremdartig vorkam und das ich einfach nicht deuten konnte. »Wir suchen uns ein gemütliches Plätzchen in der Nähe der Komturei, und du kannst mir endlich die Fragen stellen, die dir auf der Seele brennen.«

 

*

 

»Fünfhundert Jahre«, sagte Bully so versonnen, wie ich ihn nur selten erlebt hatte. »Das ist eine schrecklich lange Zeit.«

»Für einen Normalsterblichen mit Sicherheit«, erwiderte ich.

»Für uns Unsterbliche auch, Alter. Fünfhundert Jahre sind fünfhundert Jahre. Wo soll ich anfangen?«

Ich lächelte schwach. »Wie wäre es mit dem Anfang?«

»Ja, sicher.« Er schloss die Augen. »Alles verschwimmt. Selbst ich kann mich nicht mehr einfach so an sämtliche Details erinnern. Ich gebe dir einen groben Überblick.«

Ich nickte. Allmählich verspürte ich eine ziemliche Ungeduld. Ich wollte endlich wissen, wieso die Milchstraße sich dermaßen stark verändert hatte, und welche Rolle die Terraner dabei gespielt hatten. Und ich wollte echte Fakten, nicht das derzeit übliche Chaos angeblicher Informationen.

»Nach deinem Vorstoß zu Wanderer«, begann Reginald, »wurde rasch klar, dass durch die Verteilung der neuen Eiris...