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Das Erbe der Macht - Band 19: Blutzeit

Andreas Suchanek

 

Verlag Greenlight Press, 2019

ISBN 9783958343634 , 108 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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2,49 EUR


 

Prolog


 

Ein neues Zeitalter begann, doch die wenigsten wussten davon. Ich, Morgana Le Fay, war die erste Unsterbliche und wandelte bereits eine Ewigkeit über das Antlitz der Erde. Als der erste Wall erschaffen wurde, verzichtete auch ich auf einen Teil meiner Erinnerungen, und das mit Freude.

Die dunkle Zeit des Anbeginns, der Götter und finsteren Kreaturen blieb endgültig zurück. Natürlich hinterließ der Anbeginn seine Spuren, doch das Grauen selbst verblasste.

Wenn auch nicht für alle.

Es gab Schlupflöcher, die manch ein machtgieriger Magier sich zunutze machte. So entstanden zwei Seiten. Jene, die die neue Zeit verteidigten und jene, die die alte Macht zurückholen wollten – ohne wahrlich zu wissen, was das bedeutet hätte.

Doch ich werde dir heute nicht vom Anbeginn erzählen, Alexander Kent. Das könnte ich gar nicht, besitze ich doch längst keine Erinnerung mehr daran. Nur ein vages Gefühl des absoluten Grauens ist geblieben. Alle wissen heute, dass diese Zeit niemals zurückkehren darf, selbst die Schattenkrieger.

Nein, ich erzähle dir von der Dämmerung des Anbeginns, als die letzten Reste zurückgedrängt wurden, der Wall seine gesamte Macht entfaltete und die Basis für all das gelegt wurde, was bis heute überdauerte. Der erste Wall versiegelte den Anbeginn hinter einer Mauer aus Vergessen, doch nicht vollkommen. Die Welt balancierte am Abgrund, aber keiner wusste davon.

Wie soll man einen Feind besiegen, an den sich niemand mehr erinnert? Vor jener Frage standen wir damals. Die Zitadelle, Merlin, ich und viele mehr.

In den Geschichten der Nimags ist Camelot längst ein Mythos, die Tafelrunde ein Sinnbild für tugendhafte Ritter. Die Wahrheit sah völlig anders aus, waren jene Ritter doch in Wahrheit die stärksten der starken Magier und keinesfalls droschen sie tumb mit Schwertern aufeinander ein.

Derjenige, der heute als einziger Magier in der Geschichte verewigt ist, war damals nur einer von vielen – wenn auch von Klugheit geleitet. Merlin von Avalon war der erste Magier, der nach der Erschaffung des Walls geboren wurde.

Du siehst die Trinität des Seins, Alexander Kent. Der erste Magier – Merlin. Der erste König einer neuen Zeit – Artus. Die erste Unsterbliche – ich. Das Gleichgewicht besteht niemals nur aus zwei Seiten, bedenke das jetzt und immer.

Die Geschichte von Camelot begann in einer Sommernacht zwischen dem dichten Grün eines geheimen Ortes, wo zwei Menschen das Beste für die Menschheit wollten und das Furchtbarste in Gang setzten.

1. Eine neue Zeit


 

Schwer atmend rollte Merlin sich zur Seite.

Der Silberschein des Mondes bedeckte ihre beiden nackten Körper wie ein Tuch aus hauchdünner Seide. Das Gestirn schickte seine mystische Kraft herab, um sie beide zu schützen. Hier, in diesen Stunden zwischen Abendlicht und Morgenschwärze, konnten sie sicher sein, es würde keine Attacke erfolgen.

»Sie planen etwas.« Merlin lag auf dem Rücken, hatte den Kopf auf die verschränkten Arme gebettet und blickte in die sternenklare Nacht. Er hielt sich nie mit Liebesgeplänkel auf, obgleich Morgana seine Verbundenheit ihr gegenüber spürte.

»Tun sie das nicht immer?«

»So mag es wohl sein, doch es fällt mir schwerer und schwerer, ihre Attacken vorauszusehen. Der letzte Angriff hat das Dorf Calowell völlig zerstört, weil ich nicht genug Helfer versammeln konnte. Die Geschichte wird es vergessen. Sie glaubten nicht an eine ernste Gefahr, weil der Wall ihre Erinnerungen genommen hat!«

Damit sprach er aus, was möglicherweise den Untergang einleiten konnte. Im Gegensatz zu vielen anderen trug Morgana mehr Wissen in sich. Ihre Erinnerungen reichten weit zurück, wurden jedoch mit jedem Tag verwaschener.

Die Macht des Anbeginns war nicht gebrochen worden, wie sie dereinst geglaubt hatten. Das Vergessen hatte die Wesen zurückgedrängt, doch sie klammerten sich an ihre Existenz auf dieser Daseinsebene.

»Sie werden wieder und wieder angreifen«, sprach Merlin leise. »Jeder Riss ist ein Geschwür in den Fasern der Realität, als habe eine Weberin eine Lücke übersehen.«

»Denkst du nicht, die Zitadelle wird uns warnen, wenn das Gleichgewicht zu entgleiten droht?«

»Waren es nicht jene in ihrem Schutz, die die Idee des ersten Walls in unsere Ohren flüsterten?«

Morgana richtete sich auf, die Stirn gerunzelt und Grimm im Herzen. »Ohne den Wall würden die Steppen brennen, die Seen wären mit flüssigem Metall gefüllt und am Himmel würden schwarze Drachen kreisen. Mythen und Legenden erscheinen fern, doch hast du das wahre Ausmaß dessen schon jetzt vergessen, was die Kreaturen erschufen?«

»Natürlich nicht«, versicherte Merlin schnell.

Sein Blick suchte den ihren. Das dunkle Haar, das ihr Geliebter normalerweise mit einem Lederband schnürte, umrahmte offen sein Haupt. Auf der nackten Haut zeichneten sich dichte Muskeln ab, ein sanftes Lächeln lag auf seinem Gesicht. Äußerlich glich er einem Mann, der etwas mehr als zwanzig Sommer erlebt hatte, doch er war älter. Jugend und Stärke waren Merlin wichtig, deshalb hatte er bereits früh mit lebensverlängernder Magie experimentiert.

»Trotzdem glaube ich, dass sie nicht vorausgesehen haben, was auf uns zukommt«, erklärte er seine Worte. »Überall auf der Welt sind die mächtigen Artefakte des Anbeginns verstreut. Es sind so viele, dass jene, die vergessen haben, nur noch die verlorene Macht sehen. Es werden täglich mehr jener dunklen Krieger.«

»Sie können den Anbeginn nicht zurückholen«, erwiderte Morgana sanft.

»Bist du da sicher?«

Die Frage hallte in ihrem Inneren nach und schürte Zweifel. Niemand kannte die Magie hinter dem Wall. Er war erschaffen worden durch den Zusammenschluss mächtiger Magier, die in die Zitadelle getreten waren. Dort hatten sie ihr Leben gegeben, um etwas zu tun. Natürlich gab es Gerüchte. Sie hätten einen Anker erschaffen, eine Verbindung … Doch es blieben gewisperte Worte, die wahr sein mochten oder auch nicht.

Morgana wusste nur zu gut, dass alles rückgängig gemacht werden konnte. Jeder Weg war in beide Richtungen begehbar. Letztlich vermochte sie die Schatten der Zukunft nur zu erahnen. Nun, manch einer konnte mehr. In diesem Augenblick begriff sie, was Merlin zu tun gedachte.

»Du willst sie befragen?«

Er zögerte, nickte dann aber. »Wir müssen damit beginnen, eine Gegenkraft aufzubauen. Nicht einzelne kleine Gruppen, sondern ein Bollwerk des Friedens.«

»An was denkst du?«

»Ein Königreich«, flüsterte er. »In dem Sicherheit durch starke Magie einer neuen Ordnung garantiert wird.«

»Doch wer stünde an der Spitze? Du?« Sie konnte sich Merlin durchaus in dieser Position vorstellen, er brachte alles Gute mit sich, das einem solchen König innewohnen musste.

»Nein«, erwiderte er kategorisch. »Ich und ein König? Mein Weg ist ein anderer. Doch ich helfe gerne bei der Formung. Es gibt einen Mann, der dafür geeignet erscheint, doch er benötigt ein Werkzeug.« Auf ihren neugierigen Blick hin ergänzte er: »Eine Waffe.«

Morgana fuhr in die Höhe. »Bist du von Sinnen?! Excalibur?«

»Es ist die einzige Möglichkeit.«

»Eine solche Macht in die Hände eines gewöhnlichen Magiers zu legen, wäre gefährlich. Die Macht in Excalibur könnte ihn verderben.«

»Deshalb wird es kein Magier sein.«

Morgana schlüpfte in ihr Kleid und gürtete es, legte ihren Essenzstab an. »Dann könnte er die innewohnende Macht des Artefaktes nicht nutzen.«

»Dieser schon«, widersprach Merlin.

Er lächelte sphinxhaft, schlüpfte in seine Hose und das weiße Hemd. Mit ein paar gezielten Fingergriffen band er das Haar zu einem Pferdeschwanz. »Dieser kann mit Magie umgehen, besitzt aber kein eigenes Sigil. Seine Macht ist anders. Er ist wie ein Leiter, der die Essenz anderer kanalisiert. Wir beide wissen, dass Excalibur voll davon ist.«

Morgana atmete scharf ein, erwiderte Merlins erwartungsvollen Blick dann aber mit einem Nicken. »Er könnte die Magie nutzen, würde sie aber nicht in sich aufnehmen. Das könnte verhindern, dass seine Seele Schaden nimmt.«

»Er ist der einzige Nimag, der dazu imstande wäre. Ich beobachte ihn bereits seit einigen Jahren, er ist zum Jüngling herangereift. Jetzt wäre die Zeit. Niemand sonst könnte Excalibur führen, doch um den Anbeginn zurückzudrängen, muss es genutzt werden.«

»So weit mir bekannt ist, wurde dafür gesorgt, dass niemand sich des Artefaktes bemächtigen kann.«

»Du magst recht haben«, gestand Merlin ein, »doch sollte es mir gelingen, sie zu überzeugen, könnte sich das ändern.«

Ein Lachen stieg aus Morganas Brust empor. »Du wirst dich niemals ändern. Stellt sich dir eine Mauer in den Weg, reißt du sie ein. Deine Leidenschaft wird dir noch eines Tages zum Verhängnis, doch möglicherweise ist es unsere größte Hoffnung.« Sie trat ganz nah an ihn heran, legte die Hand auf sein Herz. »Möge das Glück mit dir...