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Die Macht der Schönheit - Kulturgeschichte Italiens

Volker Reinhardt

 

Verlag Verlag C.H.Beck, 2019

ISBN 9783406741067 , 685 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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28,99 EUR

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BILDTEIL


Christus krönt Roger II. zum König von Sizilien. Für den Papst als Vermittler von Herrschaft und Heil bleibt da kein Platz.

Drei Episoden aus der offiziellen Vita des populärsten aller Heiligen, gemalt von Giotto di Bondone: Franz von Assisi stützt – so die Traumvision Papst Innozenz’ III. – die einstürzende Lateranbasilika und damit die universelle Kirche, vertreibt als Vermittler zwischen Himmel und Erde die Zwietracht säenden Teufel aus Arezzo und empfängt in geheimnisvoller Entrückung und Nachfolge Christi dessen Wundmale, die Stigmen.

Die späte Heimholung eines großen Sohnes in Farben: Domenico di Michelinos Fresko im Dom von Florenz zeigt den von seinen Mitbürgern verbannten Dichter Dante Alighieri vor den jenseitigen Schauplätzen seiner Divina Commedia.

Ein wundertätiger Papst in einem zerfallenen Ambiente: Maso di Bancos Fresko in der florentinischen Basilika Santa Croce zeigt die Ewige Stadt sehr vergänglich. Das neue Rom liegt nicht mehr am Tiber, sondern am Arno.

Bitterer Ruhm: Andrea del Castagnos eigenwillige Fresken zeigen mit Pippo Spano und Farinata degli Uberti zwei Feldherren, denen in ihrer Heimat Florenz die verdiente Anerkennung verweigert wurde. Ähnlich erging es dem verbannten Dichter Dante Alighieri.

Modernste Kunstwerke für einen zeitgemäßen und profitablen, doch anrüchigen Beruf: In der Arenakapelle zu Padua malte Giotto einen Freskenzyklus, der den Auftraggeber Andrea Scrovegni vom Ruf des Wucherers reinwaschen sollte. Joachims Lammopfer wird wegen seiner Kinderlosigkeit zurückgewiesen, doch Gott wird ihn durch die späte Geburt eines Sohnes rechtfertigen. Christus vertreibt die Händler aus dem Tempel: Deutlicher kann man sich vom schmutzigen Geldgewerbe nicht distanzieren. Mit der Widmung der Kapelle an die Jungfrau Maria hat die Familie Scrovegni endgültig alle Makel getilgt.

Politische Ethik zur Erziehung der politischen Klasse: Ambrogio Lorenzettis berühmte Fresken im Stadtpalast von Siena zeigen mit eindrucksvollen allegorischen Figuren die Voraussetzungen einer guten Regierung (Tafel VIII oben) sowie ihre Auswirkungen in der Stadt (Tafel VIII Mitte) und auf dem Land (Tafel VIII unten) und schließlich die Schrecken der Tyrannei (Tafel IX). Wem Siena die Segnungen von Frieden und Harmonie verdankt, zeigt die Gruppe der fröhlich Tanzenden (Tafel VIII Mitte): Mit ihrer Neunerzahl steht sie für die regierende Interessengruppe des «Neunerberges», der die Kommune zu seinem Vorteil beherrscht und mit Lorenzettis Werken seine Gegner warnt: Wer den Umsturz wagt, erfährt die ganze Härte des Gesetzes.

In Piero della Francescas Fresken stirbt mit Adam zum ersten Mal ein Mensch eines natürlichen Todes. Auf einem weiteren Bild (Tafel XI) träumt Kaiser Konstantin vom Sieg durch das Kreuz, der am Morgen danach gewaltlos erfochten wird, so dass der glänzende junge Reiter gar nicht kämpfen muss. Am Ende steht der Appell, das Heilige Land mit dem Heiligen Kreuz, das allein Adam und seine Nachkommen erlösen kann, von den «Ungläubigen» zurückzuerobern – eine nach dem Fall Konstantinopels 1453 aktuelle Botschaft, die dem Auftraggeber der Bilder jedoch nicht den erhofften Karriereschub verschaffte.

Eine zerstrittene Familie mit einem senilen Pontifex und einem unbequemen Intellektuellen: Melozzo da Forlìs Fresko zeigt offiziell die Ernennung Platinas zum Präfekten der Vatikanischen Bibliothek durch Papst Sixtus IV. im Kreis seiner Verwandten, doch lässt es hinter der glänzenden Fassade die ungelösten Spannungen innerhalb der regierenden Sippe und damit die Dysfunktionalität des Nepotismus durchscheinen.

In seinem Gemälde der «Heiligen Anna Selbdritt» zeigt der Nicht-Christ Leonardo da Vinci Christus als Lamm-Mörder: Der jugendliche Erlöser ist ein Knabe in der Trotzphase, das vermeintlich Heilige wird radikal vermenschlicht.

In dem umbrischen Städtchen Spello schuf Pintoricchio, der seine Werke mit einem selbstbewussten Porträt signierte, Fresken, die ein Trauma heilen sollten. In der «Verkündigung an Maria» beginnt die Geschichte der Erlösung, im Hintergrund der harmonischen Szene kommt es zum friedlichen Ausgleich durch Verhandlungen. In Wirklichkeit hatten sich die Baglioni, die regierende Familie der Region, kurz zuvor selbst zerfleischt, und die Spannungen zwischen Spello und seinen Nachbarorten blieben ungelöst.

In Giulio Romanos «Hochzeitbankett von Amor und Psyche» an der Wand des Palazzo del Tè in Mantua leben Götter, Nymphen, Satyre und Menschen ihre erotischen Sehnsüchte ohne Hemmungen aus. Die sinnlichen Bilderfolgen für Herzog Ercole II. d’Este trafen voll und ganz den Zeitgeschmack seiner hochgeborenen Zeitgenossen.

In der Galerie von Schloss Fontainebleau ließ König Franz I., der die Kunst und den höfischen Stil der Renaissance nach Frankreich brachte, nach schweren Krisen und Rückschlägen seine Regierung in Bildern und Stuck legitimieren: Im Kernstück der Freskenreihe tritt er lorbeerumkränzt als väterlicher Schiedsrichter und Einheitsstifter seines Landes auf.

In seinen Fresken der Sala del Concistoro malte Domenico Beccafumi im Auftrag der Stadtregierung und gestützt auf eine Schrift Machiavellis Szenen aus der griechischen und römischen Geschichte, die blutige Staatsräson verkünden: Ein pflichtbewusster Volkstribun schickt seine korrupten Kollegen zur Verbrennung in den Feuerofen, und ein ehemaliger republikanischer Tugendheld wird als Möchtegern-Tyrann in den Tod gestürzt.

In den Fresken der «Neuen Kapelle» im Dom von Orvieto hat Luca Signorelli das Szenarium des Weltuntergangs ausgestaltet: Der Antichrist tritt auf, triumphiert und wird vom Erzengel Michael besiegt. Für manche Zeitgenossen war der böse Nachäffer des Heilands mit Papst Alexander VI. Borgia identisch.

In seinen Fresken der Tornabuoni-Kapelle von Santa Maria Novella zeigt Domenico Ghirlandaio die Patrizierfamilie Tornabuoni in all ihrer diskreten Vornehmheit. Im «Gastmahl des Herodes» wird elegant, doch frugal gespeist, ganz im Gegensatz zu den opulenten Menüs, die bei festlichen Anlässen in diesen Schichten üblich waren (oben). Wie sehr die Ausstattung von Palästen im Florenz der Renaissance zum Merkmal der Distinktion geworden war, zeigt die «Geburt Johannes des Täufers», die der Maler gleichfalls in einen Palast der Zeit verlegt (unten).

In der Sixtinischen Kapelle des Vatikans malte Botticelli 1482 mit der Bestrafung der Rotte Korah und dem Untergang der Aaron-Söhne ein Fresko, das die alleinige Herrschaft des Papstes über die Kirche begründen sollte, doch durch seine krassen Gewaltszenen verstört. Dreißig Jahre später schmückte Michelangelo die Decke mit Fresken, die eine unheilbar sündige Menschheit zeigen und die vom Auftraggeber gewünschte Ruhmesbotschaft damit unterlaufen. In seinem monumentalen Fresko des Jüngsten Gerichts sind selbst die Heiligen ihrer Erwählung nicht sicher.

Zwei religiöse Bilder, das eine von der Inquisition moniert, das andere unbeanstandet: In Paolo Veroneses «Gastmahl des Levi» tritt das heilige Geschehen nach Ansicht der Glaubenswächter unzulässig hinter der turbulenten Bewirtungsszene zurück. Tintorettos Kreuzigung Christi ist ebenfalls überaus figurenreich, doch ganz auf die Passion des Erlösers konzentriert.

In Schönheit erstarrt: Das Bühnenbild des Teatro Olimpico in Vicenza ist von einzigartigem Reiz, doch austauschen lässt es sich nicht – Sinnbild einer Gesellschaft und einer Kultur, die sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen beginnt.

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