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Das geheime Vermächtnis - Roman

Katherine Webb

 

Verlag Diana Verlag, 2011

ISBN 9783641056421 , 560 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

"6 (S. 276-277)

Ein Lachen von Meredith war etwas sehr Seltenes. Sogar auf dem Sommerball oder bei den Dinnerpartys, die sie manchmal gab – an denen Kinder nicht teilnehmen durften, weshalb wir uns aus den Betten schlichen, um heimlich zu lauschen –, hörte ich sie so gut wie nie lachen. Sie lächelte nur oder stieß gelegentlich einen einzelnen, befriedigten Laut tief aus ihrer Kehle hervor, wenn ihr etwas gefiel. Wie für die meisten kleinen Mädchen war lachen für mich so selbstverständlich wie atmen.

Ich weiß noch, dass ich damals dachte, Lachen sei etwas, das man irgendwie aufbrauchte, während man älter wurde – wie ein Knäuel bunter Bänder, das man in sich trug, und wenn alles abgewickelt war, dann war es damit vorbei. Doch einmal hörte ich sie lachen, und ich war wie vor den Kopf geschlagen. Nicht nur von dem Ton an sich – schrill und laut mit einem rostigen Beiklang wie von einer alten Türangel –, sondern davon, was ihn hervorgerufen hatte.

Es war ein trüber Tag, nicht lange vor Henrys Verschwinden. Eine sanfte Brise wehte. Wir saßen im Wohnmobil von Mickey und Mo, hörten Radio und spielten Rommé mit Dinny, der leichtes Fieber hatte und zu seinem großen Ärger drinnen bleiben musste. Ich versuchte, ihn nach draußen zu locken, damit wir stattdessen oben im Baumhaus spielen konnten, aber er tat, was Mo gesagt hatte. Er war gehorsamer als Beth und ich. Auf dem Platz war es still, die meisten Erwachsenen arbeiteten irgendwo.

Bettwäsche trocknete an einer Leine, die zwischen den Wagen aufgespannt war. Die Laken wogten gleichmäßig hin und her, mal durch das Wagenfenster sichtbar, dann wieder nicht. Ich konnte sie aus dem Augenwinkel sehen, während ich auf der kunstledernen Sitzbank herumrutschte und Beth im Stillen drängte, eine Vier oder einen Buben abzulegen. Deshalb bemerkte ich sie zuerst – die veränderte Aussicht vor dem Fenster.

Die Bettlaken sahen plötzlich seltsam aus, die Farbe stimmte nicht mehr, der Himmel darüber war dicht verhangen. Die Bettwäsche brannte. Ich starrte mit offenem Mund nach draußen, wie gelähmt von diesem unerwarteten Anblick. Hellgelbe und blaue Flammen rasten in seltsamen Mustern über den Stoff, kritzelten krumme Striche in verkohltem Schwarz darauf, ließen dicke Rauchwolken aufsteigen und versengten den Stoff zu dunklen Fetzen, die wie Spinnweben davongeweht wurden. Draußen schrie jemand, und Dinny stand auf und beugte sich an mir vorbei, um aus dem Fenster zu sehen.

»Schau nur!«, rief ich überflüssigerweise. »Erica! Warum hast du nichts gesagt?«, fragte Beth tadelnd, als Dinny hinauslief und wir ihm folgten. Draußen rissen zwei Frauen, die mit demselben Fieber wie Dinny im Bett gelegen hatten, die Laken von der Wäscheleine und trampelten hektisch darauf herum. Die mit Plastik ummantelte Leine war geschmolzen und heruntergefallen, wobei sie die brennenden Überreste der Bettwäsche auf dem Boden verteilt hatte, was vermutlich ein Glück war. An der Seite des Wohnmobils zeigte ein hässlicher, bräunlicher Fleck, wie nah die Flammen uns gekommen waren."