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Heißkalte Sehnsucht

Nora Roberts

 

Verlag MIRA Taschenbuch, 2019

ISBN 9783745751482 , 304 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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6,99 EUR


 

2. KAPITEL


„Meine Frau konnte es nicht fassen!“ Judd Malloy biss in ein Kirschtörtchen, während Alex durch den dichten Verkehr steuerte. „Sie liebt diese Serie, ist vollkommen verrückt danach. Sie verpasst keine Folge.“

„Interessant.“ Alex versuchte sich auf die Straße zu konzentrieren.

„Diese Frau ist wirklich so etwas wie ein Star. Und so etwas sitzt bei uns auf der Wache.“

„Stars haben es aber nicht nötig, faule Tricks anzuwenden.“

„Ach, kommen Sie schon, Alex!“ Judd trank noch einen Schluck Kaffee mit viel Zucker. „Sie hat schließlich nichts verbrochen. Sonst wäre sie ja auch nicht freigelassen worden.“

„Nichts verbrochen? Nein, aber sie war verdammt leichtsinnig. Eine Wasserpistole mit sich herumzutragen! Als ob das irgendjemanden davon abhalten würde, ihr etwas anzutun. Und außerdem haben wir schließlich Besseres zu tun, als uns um verkleidete Autorinnen zu kümmern.“ Verärgert schüttelte Alex den Kopf. Er hatte das Zusammentreffen mit Bess in keiner guten Erinnerung.

„Jedenfalls haben wir einiges aus Rosalie herausholen können“, beharrte sein Partner. „Es war also keine verlorene Zeit.“

„Es gibt überhaupt keine verlorene Zeit, Malloy“, erwiderte Alex grimmig. „Das ist die Stanislaski-Regel Nummer vier.“ Alex hatte sein Ziel erreicht und parkte den Wagen vor einem hohen Gebäude.

„Wir wollen einmal sehen, ob Rosalie versucht hat, uns auf den Arm zu nehmen, oder ob sie es ernst gemeint hat. Jedenfalls bin ich gespannt auf diesen Domingo.“

Für ein Haus in dieser Gegend war es in relativ gutem Zustand. Keine Graffiti, keine zerbrochenen Scheiben. Hier wohnte die untere Mittelklasse. Alex trat durch die Eingangstür und studierte die Reihe der Briefkästen.

„J. Domingo, 212.“ Die beiden Polizisten stiegen in den Fahrstuhl und fuhren in den zweiten Stock. Judd war ein wenig bleich, Alex hingegen sehr gefasst. Er betrat als Erster den Gang und klopfte an die Tür von 212. Ein lauter Fluch war die Antwort.

Nachdem Alex noch ein zweites Mal energisch geklopft hatte, wurde geöffnet.

„Was zum Teufel wollen Sie von mir?“

Er passt recht gut auf Rosalies Beschreibung, dachte Alex. Bis hin zu dem Clark-Gable-Schnurrbart und der dicken Goldkette. „Wir wollen uns mit Ihnen unterhalten, Domingo.“

„Ich unterhalte mich mit niemandem um diese Zeit!“

Als er die Tür zuschlagen wollte, schob Alex schnell den Fuß dazwischen, dann zeigte er ihm seine Polizeimarke. „Aber, aber, wer wird denn so unhöflich sein? Wollen Sie uns nicht hereinbitten?“

Saftige spanische Flüche prasselten auf die beiden herab. „Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?“

„Den kann ich besorgen. Aber vielleicht reden Sie doch lieber erst mit uns beiden, bevor ich Ihnen meine anderen Kollegen auf den Hals hetze.“

Widerstrebend gab Jesus Domingo die Tür frei. Er war ein kleiner untersetzter Mann, der nur zerknitterte Boxershorts trug. „Ich habe nichts verbrochen, das schwöre ich.“

„Hat ja auch keiner behauptet, oder, Judd?“

„Richtig, Alex.“ Als Judd den Raum betrat, machte er große Augen. Im Gegensatz zu dem eher bescheidenen Gebäude war Domingos Apartment ein kleiner Hightech-Palast. Er hatte eine erstklassige Stereoanlage, einen teuren Fernseher und einen Videorekorder von allerbester Qualität im Zimmer stehen.

„Nicht schlecht“, meinte Alex. „Es erstaunt mich immer wieder, wie gut manche Leute von Arbeitslosenunterstützung leben können.“

„Oh, ich konnte schon immer gut sparen.“ Domingo grinste und zündete sich eine Zigarette an. „Und was wollen Sie von mir?“

„Ich will mit Ihnen über Angie Horowitz reden.“

Domingo blies einen Rauchkringel in die Luft. „Nie gehört.“

„Ach, nein? Ich weiß aber zufällig, dass Sie zu ihren regelmäßigen Freiern gehört haben.“

„Da muss Ihnen aber jemand was Falsches erzählt haben.“

„Moment mal, ich habe hier etwas für Sie.“ Aus der Tasche seiner Lederjacke zog Alex einen Umschlag hervor, dem er ein Foto entnahm. „Wollen Sie sich das hier nicht mal ansehen?“

Der Mann verfärbte sich bei dem Anblick der grausam zugerichteten Leiche. Die Hand, mit der er die Zigarette hielt, zitterte. „Oh Mann, das ist ja furchtbar!“

„Ja, das sieht nicht besonders hübsch aus, was?“ entgegnete Alex grimmig. „Aber so ist das nun einmal, wenn jemand vierzigmal auf eine Frau schießt. Die arme Angie hat leider …“

Alex brach mitten im Satz ab. Domingo stürzte ins Badezimmer, die Hand vor dem Mund.

„Sie sind wirklich kaltblütig, Stanislaski“, sagte Judd bewundernd.

„Ja, ich weiß schon, wie man sie kriegt.“ Aus dem Badezimmer waren starke Würge- und Brechgeräusche zu hören. Alex klopfte an die Tür. Ein ersticktes Stöhnen war die Antwort.

„Tut mir wirklich Leid, Domingo. Lassen Sie sich ruhig Zeit, Mann.“

Auf leisen Sohlen ging Alex in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Die zwei Kilo Kokain befanden sich genau an dem Platz, den Rosalie ihnen bezeichnet hatte. Alex nahm eines von den beiden Paketen heraus. Hinter ihm stürzte Domingo ins Zimmer.

„Dazu haben Sie kein Recht! Sie haben nicht einmal einen Durchsuchungsbefehl!“

„Ich wollte Ihnen nur etwas Eis gegen Ihre Kopfschmerzen besorgen“, erwiderte Alex harmlos. „Aber nun sehen Sie einmal, was ich hier gefunden habe.“

„Sie gottverdammter Hurensohn!“ schrie Domingo. Der Schweiß lief ihm in dicken Perlen übers Gesicht. „Sie verstoßen gegen das Gesetz! Gnade Ihnen Gott, wenn ich wieder auf freiem Fuß bin!“

„Na klar.“ Ungerührt packte Alex die beiden Pakete in eine Plastiktüte. „Malloy, bitte lesen Sie unserem Freund hier seine Rechte vor. Und dann ziehen Sie sich endlich etwas Anständiges an, Domingo.“

„Stanislaski!“ Der Dienst habende Beamte sprach Alex an, der gerade Domingo in die Zelle verfrachtet hatte. „Sie haben Besuch.“

Alex blickte erstaunt in Richtung seines Schreibtisches. Um den Tisch waren mehrere seiner Kollegen versammelt, die sich anscheinend köstlich zu amüsieren schienen. Lachen und Scherzworte flogen durch die Luft, sie schwebten wie Fremdkörper über der sonst eher muffigen Büroatmosphäre. Als Alex genauer hinsah, bemerkte er die Beine. Beine, an die er sich nur allzu gut erinnern konnte. Im Gegensatz zum letzten Mal schauten sie heute unter einem züchtigen gelben Kostümrock hervor.

Heute war Bess in einen Blazer und eine Bluse mit rundem Ausschnitt gekleidet, die Bluse hatte dieselbe Farbe wie der Rock. Während sie lachte, klimperten ihre goldenen Ohrringe. Sie sieht viel besser aus als bei unserer letzten Begegnung, musste Alex widerstrebend zugeben. Ohne den rot geschminkten Mund fand er sie viel sexier. So kamen ihre vollen Lippen noch besser zur Geltung. Zum ersten Mal bemerkte er auch die vielen Sommersprossen und ihre großen grünen Augen. Bess’ Haar war von einem tiefen Mahagonirot, das Alex an eine Skulptur erinnerte, die sein Bruder vor vielen Jahren einmal für ihn geschnitzt hatte.

„Und dann habe ich dem Bürgermeister vorgeschlagen, in einer unserer Serien eine kleine Gastrolle zu spielen. Was soll ich Ihnen sagen, es wurde ein durchschlagender Erfolg!“ Mit einem Mal erblickte Bess Alex. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Lederjacke vergraben und sah sie stirnrunzelnd an. „Oh, Officer Stanislaski!“

„Miss McNee.“ Alex nickte kurz. „Darf ich fragen, was Sie an meinem Schreibtisch zu suchen haben?“

„Ich habe mir nur erlaubt, Ihre Kollegen ein wenig zu unterhalten. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.“

„Also, was kann ich für Sie tun?“

Bess erhob sich langsam. Ohne die hochhackigen Schuhe war sie fast einen Kopf kleiner als Alex. Er musste insgeheim zugeben, dass es ihm so wesentlich lieber war. „Ich wollte mich eigentlich nur bei Ihnen bedanken. Sie haben schließlich dafür gesorgt, dass ich nicht allzu lange in Polizeigewahrsam verbringen musste.“

„Keine Ursache. Dafür werde ich ja auch bezahlt.“ Alex’ Ton war kurz und knapp. Dennoch schenkte Bess ihm ein strahlendes Lächeln.

„Nein, wirklich, ich bin Ihnen sehr dankbar. Die Sache hätte sehr unangenehm für mich werden können. Um ein Haar hätte mir meine Produzentin wegen der Sache nämlich großen Ärger gemacht.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Alex zog die Lederjacke aus und hängte sie über seinen Stuhl. „Sie ist es bestimmt nicht gewöhnt, dass ihre Autorinnen nebenberuflich auf der dreiundzwanzigsten Straße und Eleventh Avenue anschaffen gehen.“

„Recherchieren gehen“, korrigierte Bess ungerührt. „Ach, übrigens … haben Sie auch einen Vornamen, oder werden Sie immer mit Officer angesprochen?“

„Detective ist die genaue Bezeichnung für meinen Berufsstand.“

„Und Ihr Vorname?“

Es war offensichtlich, dass Bess nicht locker lassen würde. Seufzend gab er nach. „Alex.“

„Ihr Name gefällt mir.“ Sie sah ihn herausfordernd an. „Verstehen Sie mich jetzt bitte nicht falsch, Alex, aber ich habe mir überlegt, ob ich Sie vielleicht ab und zu benutzen dürfte.“

„Benutzen dürfte?“

„Na ja, was mich betrifft, so sind Sie einfach perfekt.“ Sie sah ihn von oben bis unten an, etwa so wie eine Frau, die ein Kleid in einem Schaufenster entdeckt, das ihr ganz besonders gut gefällt.

Alex hatte schon viel erlebt, aber das hier ging...