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Persönlichkeitsentwicklung durch Schulsport - Theorie, Empirie und Praxisbausteine der Berner Interventionsstudie Schulsport (BISS)

Achim Conzelmann, Mirko Schmidt, Stefan Valkanover

 

Verlag Hogrefe AG, 2011

ISBN 9783456949482 , 250 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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Gleichwohl bedarf es einer Eingrenzung der komplexen Thematik, weshalb im Folgenden auch kognitive Leistungsmerkmale nicht weiter verfolgt werden. Dies bedeutet für das weitere Vorgehen, dass generelle Temperamentsund Persönlichkeitseigenschaften sowie selbstund umweltbezogene Kognitionen in ihrer Wechselwirkung mit Sport zu diskutieren sind. Diese beiden Klassen von Persönlichkeitskonstrukten erfuhren auch in der bisherigen sportwissenschaftlichen Persönlichkeitsforschung mit Abstand am meisten Aufmerksamkeit. Eigenschafts-/Trait-Konzepte: Die prominentesten Ansätze innerhalb der Klasse der generellen Temperamentsund Persönlichkeitseigenschaften (und auch in der Persönlichkeitspsychologie) sind Ansätze, die auf dem sogenannten Eigenschaftsparadigma basieren (z.B. Amelang et al., 2006; Asendorpf, 2007). Im Eigenschaftsparadigma wird unter Persönlichkeit die organisierte Gesamtheit der Eigenschaften (engl.: Traits) verstanden, die einem Menschen zugeordnet werden kann. Dabei wird davon ausgegangen, dass es sich bei Eigenschaften um über die Zeit hinweg relativ stabile Persönlichkeitsmerkmale handelt, die für unterschiedliche Situationen und längere Zeiträume relativ genaue Erlebensund Verhaltensvorhersagen ermöglichen (z.B. im Gegensatz zu zeitlich und situativ eher instabilen Emotionen/States).

22 1. Zur Komplexität eines (vermeintlich) einfachen Problems

Angesichts der Vielzahl an Eigenschaftswörtern, die uns in unserer Sprache zur Verfügung stehen, besteht ein Ziel dieser Forschungsrichtung darin, die möglichen Eigenschaftszuschreibungen sinnvoll zu reduzieren, die menschliche Persönlichkeit also durch eine überschaubare Anzahl an (unabhängigen) Persönlichkeitsdimensionen zu beschreiben. Die faktorenanalytisch ermittelten Dimensionierungen führten von Cattels 16 Persönlichkeitsfaktoren (z. B. 1950), über Eysencks zwei bzw. dreidimensionale Lösungen (Extraversion, Neurotizismus und weniger eindeutig Psychotizismus; z.B. Eysenck & Eysenck, 1969) zu den seit etwa zwei Jahrzehnten favorisierten Big FiveModellen (z.B. Angleitner, Ostendorf & John, 1990; Borkenau & Ostendorf, 2008; Digman, 1990; McCrae & John, 1992; Costa & McCrae, 1992). Die Bezeichnung Big Five wurde gewählt, weil – international vielfach empirisch bestätigt – fünf, breite Bereiche umfassende Dimensionen gefunden wurden: Neurotizismus, Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen (Box 2).

Selbstkonzeptansätze: Innerhalb der Klasse der selbstund umweltbezogenen Kognitionen wurden verschiedene, mehr oder weniger miteinander zusammenhängende Konzepte entwickelt, die in selbstbezogene Kognitionen, Handlungseigenschaften und Bewertungsdispositionen differenziert werden können. Eine Diskussion der verschiedenen Konzepte würde an dieser Stelle zu weit führen (vgl. z.B. Asendorpf, 2007; Krampen, 2002). Daher konzentriert sich die folgende Darstellung auf die für die Frage der Persönlichkeitsentwicklung durch Sport am häufigsten aufgegriffenen Selbstkonzeptansätze. Das Selbstkonzept beschreibt die Gesamtheit der Wahrnehmung und des Wissens um die eigene Person, d. h. das Wissen über die eigenen Fähigkeiten, Eigenschaften und Gefühle (z. B. Mummendey, 2006).

Selbstkonzeptansätze haben insbesondere seit der kognitiven Wende innerhalb der Psychologie breite Aufmerksamkeit erfahren und werden auch innerhalb der Sportwissenschaft häufig angewendet. Der prominenteste und bei sportwissenschaftlichen Fragestellungen fast ausnahmslos herangezogene Ansatz ist Shavelsons multidimensionales hierarchisches Selbstkonzeptmodell (Shavelson, Hubner & Stanton, 1976) bzw. Weiterentwicklungen davon. Dieses Konzept dient auch als Grundlage für die Berner Interventionsstudie, weshalb es in Kapitel 2 ausführlich erläutert wird.

1.2.2 ZumBegriff«Sport»

Ebenso diskussionswürdig wie der Persönlichkeitsbegriff ist der Begriff Sport und im Anschluss daran der Begriff Schulsport. Welchen Sport meinen Sportund Bildungspolitik, Sportpädagogik oder Sportpsychologie, wenn sie von einem Zusammenhang zwischen Sport und Persönlichkeit sprechen? Oder wird in den allgemeinen Statements (vgl. Kap. 1.1) etwa implizit davon ausgegangen, dass jede Art von Sport bzw. Schulsport per se positive Wirkungen auf die Persönlichkeit hat? Fraglos handelt es sich beim Sport um ein vielfältiges soziales Phänomen (z. B. Cachay, 1990; Digel, 1990; Grupe, 1988; Hägele, 1996). Alltagssprachlich werden unter Sport sehr unterschiedliche Aktivitäten zusammengefasst (z.B. Willimczik, 1995). Von verschiedenen Personengruppen und Institutionen, in verschiedenen Kulturen und zu verschiedenen historischen Zeitpunkten wurde der Begriff mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt verwendet. Eine einheitliche Definition des Begriffs Sport zu geben, ist daher schwierig. In Anlehnung an Heinemann (1998) ließen sich zwar vier konstitutive Elemente des Bedeutungsfelds Sport spezifizieren: körperliche Bewegung, Wettkampf, sportartspezifisches Regelwerk und Unproduktivität. Allerdings treffen nur für das traditionelle Sportmodell (Wettkampfsport in traditionellen Sportarten ohne monetären Hintergrund) alle Merkmale zu, während in anderen Sportmodellen – z.B. professioneller Showsport, expressives Sportmodell, funktionalistisches Sportmodell – auf mindestens eines dieser Elemente teilweise oder ganz verzichtet wird. Zum Beispiel sind der professionelle Showsport oder der Gesundheitssport (funktionalistisches Sportmodell) nicht unproduktiv bzw. zweckfrei, da es auch um Geld verdienen oder um die Funktion der Gesundheitserhaltung geht.