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Im stillen Meer des Glücks - Handbuch der buddhistischen Meditation

Ajahn Brahm

 

Verlag Lotos, 2009

ISBN 9783641024000 , 384 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR

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AUFBAUKURS MEDITATION
In diesem Kapitel betrachten wir die drei höheren Stufen der Meditation: die volle anhaltende Aufmerksamkeit auf den schönen Atem (5), die Erfahrung des schönen Nimitta (6) und Jhāna (7).

Fünfter Schritt: Volle anhaltende Aufmerksamkeit auf den schönen Atem


Dieser Schritt ergibt sich oft nahtlos und ganz natürlich aus den vorangehenden Stadien. Wie wir schon im vorigen Kapitel angesprochen haben, kommt der Atem zur Ruhe, wenn unsere volle Aufmerksamkeit anstrengungslos und stetig auf der Erfahrung des Atmens ruht und nichts den gleichmäßigen Strom des Gewahrseins unterbricht. Der gewohnte unregelmäßige Atem wird dann zum sehr ebenmäßigen und friedvollen »schönen Atem«. Der Geist nimmt diese Schönheit wahr und freut sich daran. Er empfindet eine tiefer werdende Zufriedenheit. Es genügt ihm völlig, dass er einfach nur diesen schönen Atem betrachtet, er muss dazu nicht gezwungen werden.

Nichts tun


»Sie« tun dabei gar nichts. Wenn Sie hier etwas zu tun versuchen, stören Sie nur den Ablauf. Die Schönheit geht verloren. Es ist wie bei dem uralten indischen Brettspiel »Schlangen und Leitern«: Wer nach dem Würfeln das Pech hat, auf einem Schlangenkopf zu landen, muss etliche Felder zurück. Von diesem Stadium der Meditation an muss der Macher einfach verschwinden. Sie sind nur noch Erkennender, Sie betrachten, ohne einzugreifen.
Es gibt hier einen nützlichen Trick. Sie unterbrechen die innere Stille für einen Augenblick und sagen sich ohne jeden Nachdruck: »Ruhe.« Das ist alles. In diesem Stadium der Meditation ist der Geist für gewöhnlich schon so empfänglich und bereit, dass er die Anweisung ohne Widerrede befolgt. Der Atem wird ruhiger, und der schöne Atem kommt zum Vorschein.
Bei der passiven Betrachtung des schönen Atems lassen wir die Wahrnehmung von »ein« und »aus« und aller Stadien eines Atemzuges verblassen. Schließlich bleibt nur das Erleben des schönen Atems eben jetzt übrig. Es beschäftigt uns nicht mehr, in welchem Teil des Zyklus wir uns gerade befinden und wo im Körper das zu spüren ist. Der Gegenstand der Meditation wird also einfacher. Wir erleben einfach Atem, ohne alle überflüssigen Details. Wir lassen die Dualität von »ein« und »aus« hinter uns und nehmen nur den schönen Atem wahr, der so glatt und ebenmäßig strömt, als hätte er gar keine Phasen mehr.
Tun Sie wirklich überhaupt nichts, und erleben Sie einfach, wie leicht und schön und zeitlos der Atem werden kann. Wie ruhig können Sie ihn werden lassen? Schwelgen Sie im schönen Atem – immer noch ruhiger, immer noch schöner.

Nur »Schönheit« bleibt übrig


Bald wird der Atem verschwinden, aber nicht dadurch, dass Sie es so wollen, sondern dann, wenn genügend Ruhe eingekehrt ist und nur noch das »Zeichen« des Schönen übrig bleibt.
Das lässt sich an einer Stelle in Lewis Carrolls Alice im Wunderland 4 verdeutlichen. Alice erschrickt, als sie auf einem Ast die Grinsekatze sitzen sieht, die ihrem Namen alle Ehre macht. Sie ist wie all die sonderbaren Wesen im Wunderland von der Eloquenz eines Politikers und redet Alice in dem sich entspinnenden Gespräch nicht nur mühelos nieder, sondern verschwindet außerdem zwischendurch urplötzlich, um dann ebenso unvermittelt wieder aufzutauchen. Alice kann sich eine Bemerkung darüber nicht verkneifen:
»… und ich würde mir auch wünschen, dass du nicht dauernd so plötzlich auftauchst und verschwindest. Da wird einem ja ganz schwindlig.« »Aber gern«, sagte die Katze und verschwand diesmal ganz langsam, zuerst die Schwanzspitze, zuletzt das Grinsen, das noch eine Weile blieb, nachdem alles andere schon weg war. »Also«, überlegte Alice, »eine Katze ohne Grinsen habe ich ja schon öfters gesehen, aber ein Grinsen ohne Katze! Das ist das Merkwürdigste, was ich in meinem ganzen Leben je gesehen habe!«
Diese Szene schildert geradezu unheimlich genau, was uns in der Meditation erwartet. Wie die Katze verschwindet und nur ihr Grinsen hinterlässt, so verschwinden auch Körper und Atem des Meditierenden und zurück bleibt nichts als die Schönheit. Und er wird ähnlich staunen wie Alice, wenn er diese frei schwebende Schönheit erlebt, die an nichts mehr gebunden ist, nicht einmal an den Atem.
Schönheit oder genauer gesagt das »Zeichen« des Schönen ist der nächste Schritt auf diesem Weg der Meditation. Das Pāli-Wort für »Zeichen« lautet Nimitta. Deshalb heißt die nächste Stufe »Erfahrung des schönen Nimitta«.

Sechster Schritt: Die Erfahrung des schönen Nimitta


Zu dieser Erfahrung kommt es, wenn wir Körper, Denken und die fünf Sinne (einschließlich des Atemgewahrseins) so vollständig losgelassen haben, dass nur noch das schöne geistige Zeichen, ein Nimitta, übrig bleibt.
Dieses rein geistige Zeichen ist in der Landschaft des Geistes (Citta) ein reales Objekt, das äußerst fremdartig wirkt, wenn es zum ersten Mal erscheint. Man hat dergleichen einfach noch nie erlebt. Dennoch durchsucht unser geistiges Wahrnehmungsorgan dann seine Datenbank nach etwas, das wenigstens einen Hauch von Ähnlichkeit besitzt. Und die meisten Meditierenden nehmen diese körperlose Schönheit und rein geistige Freude als Lichterscheinung wahr – als weißes Licht, als goldenen Stern, als eine Art blaue Perle oder Ähnliches. Aber es handelt sich nicht um Licht. Die Augen sind geschlossen, das Sehbewusstsein ist längst abgeschaltet. Unser Bewusstsein ist zum ersten Mal gänzlich frei von der Welt der fünf Sinne. Wir können den vollen Mond als Bild für den Geist nehmen, der strahlend hinter den Wolken hervorkommt, oder als Ausdruck für die Welt der fünf Sinne. Der Geist manifestiert sich hier. Es ist kein Licht, aber den meisten erscheint es als Licht. Es wird als Licht erlebt, weil unsere Wahrnehmung nichts Besseres als diese unvollkommene »Übersetzung« kennt.
Bei anderen Meditierenden beschreibt die Wahrnehmung das erste Auftauchen des reinen Geistes als Empfindungen mit einer körperlichen Komponente, etwa als tiefe gelassene Ruhe oder als Ekstase. Aber auch hier ist das Körperbewusstsein – also das, was Lust und Schmerz, Hitze und Kälte und dergleichen erlebt – eigentlich längst abgeschaltet, weshalb es sich in Wahrheit nicht um Körperempfindungen handelt. Es wird nur als so etwas wie Lustempfinden wahrgenommen. Wichtig ist, dass im Grunde alle das Gleiche meinen. Wir alle erfahren etwas rein Geistiges, und die verschiedenen Auslegungen sind lediglich auf Unterschiede der Wahrnehmung zurückzuführen.

Die Eigenschaften eines Nimitta


Ein Nimitta besitzt folgende sechs Kennzeichen: 1. Es erscheint erst nach der fünften Stufe der Meditation, also erst dann, wenn man lange genug den schönen Atem geübt hat. 2. Es erscheint, wenn der Atem verschwindet. 3. Es erscheint erst, wenn die fünf äußeren Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Berühren) völlig verstummt sind. 4. Es zeigt sich nur in einem stillen Geist, wenn keinerlei diskursives Denken (inneres Sprechen) mehr stattfindet. 5. Es ist höchst fremdartig, aber sehr anziehend. 6. Es ist in seiner Einfachheit überwältigend schön. Anhand dieser Kennzeichen sollten Sie echte Nimittas von bloß eingebildeten unterscheiden können.
Ein Nimitta kann bei seinem ersten Auftauchen etwas Stumpfes haben. Gehen Sie dann sofort zur vorigen Stufe zurück, zur vollen anhaltenden Aufmerksamkeit auf den schönen Atem. Das Nimitta-Stadium hat einfach zu früh eingesetzt. Das Nimitta kann bei seinem ersten Auftauchen auch klar, aber unstetig sein wie der Lichtschein eines Leuchtturms, der aufblitzt und dann wieder verschwindet. Auch das zeigt, dass Sie den schönen Atem zu früh verlassen haben. Man muss seine Aufmerksamkeit ohne Anstrengung sehr lange ununterbrochen beim schönen Atem halten können, bevor der Geist fähig wird, sich das weitaus subtilere Nimitta klar gegenwärtig zu halten. Schulen Sie Ihren Geist am schönen Atem. Wenn der Übergang zum Nimitta dann kommt, wird es klar, stetig und leicht zu halten sein.

Loslassen


Wenn das Nimitta glanzlos erscheint, liegt es vor allem daran, dass Sie noch nicht tief genug in den Zustand des Genügens eingetaucht sind. Sie wollen immer noch etwas – in der Regel ein strahlendes Nimitta oder sogar Jhāna. Hier ist es sehr wichtig, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass die Jhānas Stadien des Loslassens sind, also sehr, sehr tiefe Zustände gelassener Zufriedenheit. Entledigen Sie sich des Geistes, der auf etwas aus ist. Streben Sie den Zustand des Genügens im schönen Atem an, und die Nimittas und Jhānas werden sich...