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Arbeitspsychologie

Eva Bamberg, Gisela Mohr, Christine Busch

 

Verlag Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2011

ISBN 9783840921650 , 301 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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26,99 EUR


 

Im antiken Griechenland kam Arbeit zunächst eine geminderte Bedeutung zu. Arbeit war eine notwendige Tätigkeit, wurde aber eher von Knechten oder Sklaven verrichtet. Es gab eine Unterscheidung in die tugendhaften Tätigkeiten des Bürgers, deren Ertrag von dauerhaftem Nutzen war oder Ehre bedeutete, und den niedrig geschätzten Arbeiten, die aus Notwendigkeit geboren waren. Die Tätigkeiten des Bürgers wurden also nicht mit dem Begriff „Arbeit“ assoziiert. Bei den Römern veränderte sich diese Vorstellung, und der Begriff „Arbeit“ wurde aus seiner Verbindung mit niedrigeren Tätigkeiten herausgelöst. Der mythische Hintergrund hierfür war, dass Jupiter die bisher friedliche und nahrungsspendende Natur verwandelt habe und den Menschen so zur Tätigkeit zwinge. Körperliche, landwirtschaftliche Arbeit war Mittel zur Bezwingung der Natur und wurde daher ebenfalls mit Ehre verbunden (natürlich nur insofern sie von einem freien Bürger ausgeführt wurde).

Im christlichen Verständnis setzte sich diese Veränderung der Bedeutung fort. Arbeit war auch hier eine Tätigkeit, die Gott dem Menschen aufgetragen hatte. Zunächst war es die Aufgabe des Menschen, den Garten Eden zu bearbeiten. Nach Verbannung des Menschen aus dem Paradies wurde Arbeit nach christlichem Verständnis zur Mühsal. Zentral blieb aber das Verrichten der Arbeit im Sinne Gottes. Das heißt, dass Arbeit nicht im Streben nach materiellem Gewinn lag. Vielmehr beinhaltete Arbeit auch den Dienst am Nächsten oder an der Gemeinde. Arbeit sollte von Herzen und mit Freude getan werden. Die christliche Entwicklung der Bedeutung von Arbeit verstärkte die Tendenz, dass körperliche Arbeit nicht immer abgewertet wurde, sie führte aber auch dazu, dass sich der Wert der Arbeit an der Nützlichkeit orientierte. Es ist anzumerken, dass sich der allgemeine Sprachgebrauch nicht vollständig dieser positiven Betrachtungsweise von Arbeit anschloss, vielmehr blieb parallel und gleichbedeutend auch die Bedeutung des „Sich-Abmühens“ und damit die negative Seite der Arbeit bestehen.

Die technologische Entwicklung und die zunehmende Industrialisierung (vgl. Kapitel 2) führten zu weiteren Veränderungen der Bedeutung von Arbeit. Arbeit wurde immer mehr als Mittel zum Zweck verstanden und mit Leistungserbringung zur Erreichung eines Ziels verbunden. Für Fabrikbesitzer war z. B. das Ziel der Arbeit, die Produktion ihrer Fabriken voranzutreiben und ihren finanziellen Gewinn zu steigern, für Arbeiter in den Fabriken bestand der Zweck der Arbeit z.B. darin, Geld zu verdienen, um das Leben finanzieren zu können. Damit Arbeit diesen Zweck für die Arbeiter erfüllen konnte, mussten sie gewisse Leistungserwartungen erfüllen. Arbeit wurde stärker als bisher mit Gewinn oder Ertrag verbunden, wirtschaftliches Wachstum und Vergrößerung des Kapitals traten in den Vordergrund. Mit diesen Veränderungen beginnt die Geschichte des modernen Arbeitsbegriffes. Der Begriff löst sich von seiner Verknüpfung mit Armut und Arbeit wird zu einer spezifisch menschlichen Potenz, die menschliche Potenz gewinnbringend genutzt werden kann. In den entstehenden Fabriken oder Produktionsstätten ging es nun darum, die Arbeit durch Arbeitsteilung effektiver zu gestalten. Die Steigerung der Produktivität wurde dabei als Weg zum Glück für alle betrachtet.

Ideologisch wurde Arbeit aber nicht nur als Mittel zur Produktionssteigerung betrachtet, sondern auch als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung. Die technologische Entwicklung sollte die Bedürfnisbefriedigung erleichtern, dem Menschen mehr Freiheit ermöglichen sowie zur Erfüllung von Glück für alle beitragen. Mit zunehmender Intensivierung der Arbeit (z. B. mussten Maschinen in den Fabriken, damit sie optimalen Gewinn erwirtschaften, 24 Stunden am Tage bedient werden) ergab sich ein Problem, mit dem auch die heutige Arbeitspsychologie befasst ist: Auf der einen Seite stehen die Steigerung der Effizienz und damit einhergehend Arbeitsteilung, Spezialisierung und dadurch resultierende unvollständige Arbeitsaufgaben, auf der anderen Seite steht die Vorstellung vom menschlichen Bestreben, Erfüllung in seiner Tätigkeit zu erlangen. Unter dem Blickwinkel des menschlichen Bestrebens, Erfüllung in seiner Tätigkeit zu erlangen, war die Arbeit in den Fabriken im Zeitalter der Industrialisierung sinnentleert und führte zur Entfremdung des Menschen.

Es zeichnen sich wieder die zwei Gesichter der Arbeit ab: Mühsal auf der einen Seite (nun nicht mehr ausschließlich mit körperlicher Anstrengung verbunden) und Lebenserfüllung auf der anderen Seite.

Dass sich anhand von Arbeit gesellschaftliche Konflikte entfachten und entfachen, ist also kein Wunder. Zusammenfassend kann man sagen, dass das uralte Problem vom „Segen“ oder „Fluch“ der Arbeit, von der „Selbstverwirklichung“ oder „Selbstentfremdung“ der Arbeit fortwirkt (Conze, 2004, S. 215) und man bei der Auseinandersetzung mit Arbeit immer zwei Seiten einer Medaille betrachten muss.

Arbeit hat zwei Gesichter – ist Fluch und Segen zugleich. Wenn Sie die eingangs gestellte Frage (Arbeiten Sie, während Sie dieses Kapitel lesen?) mit Ja beantwortet haben, überlegen Sie, inwiefern beide Seiten der Arbeit eine Rolle bei Ihrer Antwort gespielt haben? Ist das Lesen nur Plage oder auch Freude? Wenn Sie mit Nein geantwortet haben, versuchen Sie auch hier Ihre Antwort zu begründen.

Wir haben gelernt, dass es sich bei Arbeit um einen Begriff handelt, den man von zwei Seiten betrachten kann. Nachfolgend wird es darum gehen, anhand welcher Kriterien wir versuchen können, zwischen Arbeit auf der einen Seite und „Nichtarbeit“ auf der anderen Seite zu unterscheiden.

1.2.2 Bezahlung als Definitionskriterium von Arbeit?

Wenn Sie die Frage, ob Sie arbeiten, während Sie dieses Kapitel lesen, mit Ja beantwortet haben, dann werden Sie sicherlich Einwände gegen Bezahlung als Definitionskriterium haben, schließlich werden Sie für das Lesen dieses Kapitels nicht bezahlt.

Ist also Bezahlung ein sinnvolles Kriterium, um zwischen Arbeit und „Nichtarbeit“ zu unterscheiden? Zur Beantwortung dieser Frage, macht es Sinn, sich die Konsequenzen eines solchen Kriteriums vor Augen zu führen:

Unbezahlte Arbeit lässt sich gegenüber Freizeitaktivitäten mit Hilfe des sogenannten Dritt-Personen-Kriteriums abgrenzen. Dieses Kriterium besagt, dass unter unbezahlte Arbeit diejenigen Tätigkeiten fallen, die auch von Dritten gegen Bezahlung übernommen werden könnten.